Gefälligkeiten am Bau und ihre Risiken

Landgericht Bochum, Urteil vom 5.2.2008 — Aktenzeichen: 11 S 173/07

Leitsatz
Freundschaftsdienste an Baustellen führen nicht zu einem stillschweigenden Haftungsverzicht. Auch bei Gefälligkeiten wird gehaftet.

Sachverhalt
Die Klägerin liefert zu einem Bauvorhaben Gegenstände. Der Zugang zu dem betreffenden Bauvorhaben ist versperrt. Die Arbeiter der Klägerin bitten daher einen an einem anderen Bauvorhaben tätigen Kranfahrer (den Beklagten), die Ladung mit Hilfe seines Krans aufzunehmen und am betreffenden Bauvorhaben abzustellen. Dazu fahren die Arbeiter der Klägerin unmittelbar neben den Kran und beginnen, ihre Ladung auf eine Palette zu stellen, damit diese vom Kran aufgenommen werden kann. Beim Schwenken des Kranes gerät das Gegengewicht des Krans gegen den Lkw der Klägerin und beschädigt diesen. Die Klägerin verklagt nun den helfenden Kranfahrer auf Schadensersatz. Mit Erfolg.

Entscheidung
Das Landgericht verneint zunächst vertragliche oder vertragsähnliche Ansprüche zwischen der Klägerin und dem Beklagten; die Tätigkeit des Beklagten sei reine Gefälligkeit gewesen, ohne jegliche vertragliche Bindung. Aber die Klägerin habe unter dem Aspekt der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nach § 823 Abs. 1 BGB Anspruch auf Schadensersatz.

Mit dem Betrieb des Krans habe der Beklagte — dieser war nur Arbeiter eines anderen Bauunternehmens — eine Gefahrenquelle eröffnet. In dem Umstand, dass die Arbeiter der Klägerin ihre Lkw unmittelbar in den Schwenkbereich des Krans gefahren hätten, liege indes nicht die Schaffung der Gefahr; der Lkw sei lediglich in den Bereich einer Gefahrenquelle verbracht worden, was ein Unterschied ausmache. Beim Schwenken habe der Kranfahrer nicht aufgepasst, was zur Haftung führe.

Einen stillschweigenden Haftungsverzicht in Form des Ausschlusses leichter Fahrlässigkeit wollte das Landgericht nicht annehmen. Zwar werde es den Hilfeleistenden unangenehm berühren, wenn er im Schadensfalle trotz seiner bereitwilligen Hilfe zur Verantwortung gezogen werde; der bloße Umstand, dass jemand aus Freundschaft, Hilfsbereitschaft oder schlichter Gefälligkeit handelt, könne aber für den Haftungsmaßstab nicht maßgebend sein.

Letztlich bestätigt das Landgericht eine Haftung des Beklagten, allerdings unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Klägerin von 50 %, deren Mitarbeiter den Lkw in den Schwenkbereich gestellt hatten.

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