Muss der Unfallversicherer zahlen, wenn sich ein Taxifahrer beim Entladen von schwerem Gepäck verhebt?

OLG Hamm, Beschluss vom 11.02.2011 — Aktenzeichen: I-20 U 151/10

Leitsatz
1. Die Beurteilung, ob eine „erhöhte Kraftanstrengung an Gliedmaßen oder Wirbelsäule“ vorliegt, die unter den erweiterten Unfallbegriff von Nr. 1.4.1. der AUB 2002 fällt, bestimmt sich nach den persönlichen Verhältnissen des Versicherten.

2. Wenn ein Taxifahrer einen etwa 20 kg schweren Koffer aus dem Fahrzeug nehmen möchte, dieser Koffer sich verkantet und wenn dann beim Herausziehen die Bizepssehne des rechten Armes reißt, so fällt dieses Geschehen nicht unter den erweiterten Unfallbegriff von Nr. 1.4.1. AUB 2002.

Sachverhalt
Der Kläger ist Taxifahrer. Er hat Prozesskostenhilfe für eine Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts Hagen vom 18.08.2010 begehrt.

Mit der zugrundeliegenden Klage hat der Kläger Leistungen aus seiner Unfallversicherung begehrt. Im Rahmen seiner Tätigkeit als Taxifahrer wollte der Kläger einen etwa 20 kg schweren Koffer aus dem Fahrzeug nehmen. Dieser Koffer hatte sich verkantet und dem Kläger riss beim Herausziehen des Koffers die Bizepssehne des rechten Armes.

Entscheidung
Der 20. Zivilsenat hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufung abgelehnt.

Zur Begründung hat er ausgeführt, das beabsichtigte Rechtsmittel habe keine ausreichende Aussicht auf Erfolg, da bereits kein Anspruch auf Leistung aus der Unfallversicherung vorliege. Bei einem Unfall handelt es sich um ein plötzlich von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis. Ein solches liegt beim Herausnehmen eines Koffers aus einem Fahrzeug nicht vor.

Auch das Vorliegen des „erweiterten Unfallbegriffs“ hat der Senat abgelehnt. Nach diesem gilt es auch als Unfall, wenn durch eine erhöhte Kraftanstrengung an Gliedmaßen oder Wirbelsäule eine Verletzung des Versicherten eintritt. Der Senat hat festgestellt, dass hierfür auf die individuellen körperlichen Verhältnisse des Versicherten abzustellen ist. Da es sich im vorliegenden Fall bei dem Kläger um einen Taxifahrer handelte, war der verwandte Kraftaufwand noch üblich, da 20 kg Gepäck etwa für Fluggäste häufig üblich ist.

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