Kein Anspruch auf Löschung personenbezogener Daten auf Ärzteprofil „jameda.de“
BGH, Urteil v. 13.12.2022 – VI ZR 54/21
Erläutert von Tom Rexhausen
Zum Fall:
Die Klägerin ist Kinder und Jugendärztin. Auf dem Portal „jameda.de“, werden unter einem sogenannten Basis-Profil ohne ihr Einverständnis ihre personenbezogenen Daten angeführt. Sie verlangt vom Betreiber des Ärzteportals „jameda.de“ die Löschung des über sie veröffentlichten Profils, insbesondere ihrer personenbezogenen Daten. Zudem verlangt sie Unterlassung der Veröffentlichung eines sie betreffenden Profils in einer sich von den sogenannten Premium-Profilen deutlich unterscheidenden Weise dahingehend, dass es die Aufschrift „Premium-Kunden können ein Profilbild hinterlegen“ trägt, die Anzahl der Aufrufe und Bewertungen sowie Verlinkung zu einem Fachartikel aus ihrem Bereich und eine Werbung mit Verlinkung für ein Produkt gegen Erkältung enthält.
Die Entscheidung:
Das Gericht hat der Klägerin die von ihr begehrten Ansprüche nicht zugestanden. Die Voraussetzungen eines Löschungsanspruchs aus Art. 17 I DS-GVO seien nicht gegeben. Die betreffenden Daten seien in rechtmäßiger Weise verarbeitet worden. Es läge ein Interesse an der Veröffentlichung vor, da die Beklagte sowohl eigene als auch die Interessen der Nutzer des Portals wahrnehme. Diese seien auch berechtigt, da das Portal eine von der Rechtsordnung gebilligte und gewünschte Funktion im Gesundheitswesen erfülle. Des Weiteren sei die jeweilige Datenverarbeitung für die Verwirklichung dieses Interesses zwingend erforderlich, da die Identifizierbarkeit der einzelnen Ärzte für einen Überblick und eine Bewertung unabdingbar sei.
Im Rahmen einer Interessenabwägung überwiege das Beklagteninteresse deutlich das Interesse der Klägerin. Für die Klägerin würden vorliegend neben ihrem Recht auf den Schutz ihrer personenbezogenen Daten gem. Art. 8 Grundrechte-Charta die Gefahren für ihren beruflichen Geltungsanspruch streiten. In einem „worst case-Szenario“ könne es gar durch missbräuchliche Verwendung des Portals und somit zu einer Bedrohung der beruflichen Existenz der Klägerin kommen.
Auf der anderen Seite sieht das Gericht das gewichtige öffentliche Interesse, welches die Beklagte durch den Betrieb der Homepage bediene. Das Portal sei eine wichtige und jedermann zugängliche Informationsquelle und trage zu mehr Transparenz im Gesundheitswesen bei. Diesem Zweck könnte allenfalls nur noch eingeschränkt Rechnung getragen werden, wenn die Datenverarbeitung die Zustimmung der Betroffenen erfordern würde. Auch der monierte Aufbau der Homepage führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Annahme, dass sich ein Nutzer lediglich wegen eines Profilbildes für einen Arzt entscheide sei fernliegend. Ebenso wenig sei ein Basis-Profil ohne Bild nicht geeignet, den „Besucher“ auf das Profilbild eines Konkurrenten, der ein Premium-Profil besitzt, zu lenken. Entscheidend sei allein die Bewertung der Profile.
Auch der Einwand der Klägerin, wonach auf einem Basis-Profil keine Internetadresse des jeweiligen Arztes angeführt sei, auf einem Premium-Profil eine solche hingegen vorhanden sei, verfängt nach Auffassung des Gerichtes nicht. Die Belastung für einen nichtzahlenden Arzt sei darauf beschränkt, dass potentielle Patienten die Homepage desselben „googeln“ müssen, und sei daher als gering anzusehen. Die Klägerin moniert zudem, es handele sich bei den neben den Basis-Profilen befindlichen Verlinkungen zu jeweiligen Fachartikeln von Kunden aus dem Premiumbereich um einen verdeckten Vorteil für die Premium-Kunden. Dem tritt das Gericht zum einen damit entgegen, dass es zwischen den Profiltypen kein allgemeines Gleichbehandlungsgebot gäbe. Darüber hinaus sei die Belastung der Basiskunden gering, da die Arztsuche zuvorderst über Kriterien wie Fachgebiet, Niederlassungsort oder der Bewertungen laufe. Eine Weiterleitung auf die Seite eines Premium-Nutzers erfolge allenfalls, wenn das Thema des jeweiligen Artikels beim Portalnutzer Interesse weckt.
Im Ergebnis hat die Ärztin also weder einen Anspruch auf Löschung ihrer Daten, noch auf Unterlassung der Veröffentlichung auf „yameda.de“.