Hypothetischer Kausalverlauf bei Deckungsschutzzusage
KG Berlin, Urteil vom 23.9.2013 — Aktenzeichen: 8 U 173/12
Sachverhalt
Neben Schadensersatz wegen eines verlorenen Prozesses verlangte die Klägerin aus abgetretenem Recht ihrer Rechtsschutzversicherung von den beklagten Rechtsanwälten Prozesskosten in Höhe von über 4.300,00 € zurück. Sie war der Auffassung, wenn man sie ordnungsgemäß über alle Risiken des Prozesses belehrt hätte, hätte sie den Prozess nicht geführt. Das Landgericht Berlin wies die Klage ab. Das Kammergericht Berlin bestätigte diese Entscheidung.
Entscheidung
Grundsätzlich gibt es eine in der Rechtsprechung anerkannte Vermutung, dass derjenige, der sich anwaltlich beraten lässt, sich beratungsgemäß verhalten hätte, wenn er ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre (vgl. u.a. BGH NJW 2010, 3576).
Dieser Anscheinsbeweis greift jedoch nur ein, wenn im Hinblick auf die gesamte Interessenanlage aus der Sicht eines vernünftig urteilenden Menschen nur eine eindeutig bestimmte Reaktion nahegelegen hätte (vgl. u.a. OLG Hamm, NJW-RR 2005, 134).
Nach Auffassung des Kammergerichts Berlin ist dieser Fall aber nicht gegeben, wenn die Rechtsschutzversicherung für den Prozess eine Deckungszusage erteilt hat, ohne dass die Deckungszusage durch falsche Angaben erlangt worden ist. Denn auch für einen vernünftig handelnden Mandanten würde beim Vorliegen einer Deckungszusage, das persönliche Risiko, einen Prozess mit geringen Erfolgsaussichten zu verlieren, so gering erscheinen, dass der Prozess sich als eine solche Chance darstellt, dass der Mandant sie wohlmöglich ergreift. Dies gilt erst recht, wenn eine uneingeschränkte Kostendeckungszusage vorliegt.
Insofern konnte nicht zu Lasten der beklagten Anwälte vermutet werden, dass die Klägern den Prozess bei anderer Beratung über die Risiken vermieden hätte. Die Kosten des verlorenen Prozesses hatte sie selbst bzw. in diesem konkreten Fall ihre Rechtsschutzversicherung zu tragen.