Haftung des Krankenhausträgers für Befunderhebungsfehler eines Konsiliararztes

BGH, Urteil vom 21.1.2104 — Aktenzeichen: VI ZR 78/13

Leitsatz
Ein Krankenhausträger haftet einem Patienten für Arztfehler eines Konsiliararztes als seines Erfüllungsgehilfen aus Vertrag (§ 278 BGB), wenn der Konsiliararzt hinzugezogen wird, weil es dem Krankenhaus an eigenem fachkundigen Personal mangelt, der Krankenhausträger mit den Leistungen des Konsiliararztes seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Patienten (hier: im Rahmen einer Schlaganfalleinheit) erfüllt und die Honorierung des Konsiliararztes durch den Krankenhausträger erfolgt.

Sachverhalt
Bei der Klägerin, einer zum Schadenszeitpunkt im Polizeidienst tätigen Beamtin auf Probe, trat am Abend des 12.11.2003 eine Thrombose der inneren Hirnnerven auf. Sie wurde aufgrund der vorliegenden Beschwerden von einem Arzt in die Klinik der Beklagten zu 1) (Krankenhaus) eingewiesen. Der dort konsiliarisch tätige Beklagte zu 2) erkannte die Ursachen der Beschwerden (Thrombose) nicht. Erst am nächsten Tag erfolgte nach Durchführung weiterer Untersuchungen eine Verlegung der Klägerin in das Universitätsklinikum. Infolge der Hirnvenenthrombose ist die Klägerin körperlich und geistig schwerst behindert.

Im Instanzenzug streitig war u.a. die Frage der Haftung der Beklagten zu 1) für den Beklagten zu 2) als Konsiliararzt.

Entscheidung
Der BGH bejaht eine Haftung des Krankenhausträgers für den Konsiliararzt, wenn dieser im Einzelfall Erfüllungsgehilfe des Krankenhauses ist. Wann dies — in Abgrenzung zu Fällen, in denen der Konsiliararzt nicht Erfüllungsgehilfe ist — der Fall ist, definiert der BGH näher:

Der BGH stellt klar, dass der Begriff des „Konsiliararztes“ legal nicht definiert ist. Häufig sei der Konsiliararzt gerade nicht Erfüllungsgehilfe eine Krankenhauses, und zwar insbesondere dann, wenn zwischen ihm und dem Patienten eine (weitere) vertragliche Beziehung zustande kommt. Es gelte die Faustregel, dass derjenige hafte, der liquidiert.

Allerdings läge ein derartige Fallkonstellation im jetzigen BGH-Fall gerade nicht vor: Die Beklagte zu 1) habe nämlich mit der Hinzuziehung des Beklagten zu 2) ihre eigenen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Klägerin erfüllt. Weil die Beklagte zu 1) in der Nach nicht in der Lage war, ein CT fachkundig von angestellten Ärzten befunden zu lassen, hatte sie mit externen Ärzten eine vertragliche Regelung getroffen, die zur Befundung herbeigezogen wurden. Der Beklagte zu 2) wurde damit im Rahmen der Erfüllung der Verbindlichkeit der Beklagten zu 1), die eingelieferte Klägerin fachkundig zu versorgen, tätig. Primär oblag diese Versorgung der Beklagten zu 1), die mit der Einrichtung einer Schlaganfalleinheit die Voraussetzung dafür geschaffen hatte, dass spezifisch gefährdete Patienten bei ihr eingeliefert werden. Es war daher weitergehend aufgrund der von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen davon auszugehen, das der Beklagte zu 2) für ein umfassend zuständiges — bzw. als solches nach außen auftretendes — Krankenhaus tätig und von diesem auch honoriert wurde. In einem solchen Fall müsse sich der Krankenhausträger einen Fehler des zugezogenen Konsiliararztes zurechnen lassen.

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