Entscheidungsfreiheit des Patienten

OLG Köln, Urteil vom 16.1.2019 — Aktenzeichen: 5 U 29/17

Sachverhalt
Die Klägerin stürzte und wurde bei der Beklagten zu 1) nachts eingeliefert. Nach Diagnose einer nicht dislozierten geschlossenen medialen Oberschenkelhalsfraktur wurde die Indikation zur Operation gestellt.

Bei der Beklagten zu 1) war es ständige Übung, die Patienten nach Durchführung des Aufklärungsgesprächs zur Unterschrift auf dem Einwilligungsformular zu bewegen. So geschah es auch bei der Aufklärung durch den Beklagten zu 2), obwohl die Klägerin zunächst Zweifel an der Operation und der Qualifikation der Ärzte äußerte.

Geschlossene Reposition und Osteosynthese erfolgten am nächsten Morgen durch die Beklagten zu 3) und zu 4).

Die Klägerin hat behauptet, die Behandlung sei rechtwidrig gewesen; infolge der Behandlung habe sie noch heute Beeinträchtigungen.

Vor dem Landgericht war die Klage der Klägerin erfolglos.

Entscheidung
Vor dem Senat des OLG Köln war die Klägerin hingegen teilweise erfolgreich und erhielt ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,00 € zugesprochen.

Das OLG Köln hat hierzu in seiner Entscheidung in Anlehnung an § 630e BGB und die Rechtsprechung des BGH ausgeführt, dass dem Patienten bei einem Eingriff, der erst in etwa zwölf Stunden stattfinden soll, eine den Umständen entsprechende Bedenkzeit für den Patienten verbleiben muss, die bis kurz vor den Eingriff reicht; die Übung, die Patienten direkt nach der Aufklärung zur Unterschrift zu bewegen sei an sich schon bedenklich.

Nach der Anhörung der Parteien gelangt der Senat zu der Auffassung, dass die Klägerin ihre Entscheidung nicht wohlüberlegt gefällt haben kann, sondern in einer Drucksituation. Deshalb wäre es — so der Senat — Pflicht der Beklagten zu 3) und zu 4) gewesen, sich bei der Klägerin zu vergewissern, ob sie bei der Entscheidung aus der Nacht bleibe oder nicht.

Besonderheit des Falles war zudem, dass die Beklagte die Operation noch mehrere Stunden nach vorne gelegt hatte — von der Mittagszeit in die Morgenstunden. Auch dies verschärfte nach Auffassung des OLG Köln das Pflichtenprogramm der Beklagten; die Klägerin traf nach der Unterzeichnung der Einwilligungserklärung von sich aus keine Pflicht mehr, Bedenken anzumelden.

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