Das Landgericht Düsseldorf äußert sich zu den Pflichten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bei Erstellung eines Konzernabschlusses mit Blick auf eine mögliche Insolvenzreife der Gesellschaft
LG Düsseldorf, Urteil vom 12.12.2017 — Aktenzeichen: 13 O 481/14
Sachverhalt
Der Kläger macht als Insolvenzverwalter der Schuldnerin Ansprüche gegen die beklagte Wirtschafsprüfungsgesellschaft geltend. Die Beklagte war mit der Prüfung des Einzel- und des Konzernabschlusses beauftragt. Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe übersehen, dass die Schuldnerin aufgrund bestehender Verlustausgleichsansprüche ihrer Tochtergesellschaften bereits zum Zeitpunkt des Bilanzstichtages zahlungsunfähig gewesen sei.
Entscheidung
Das Landgericht sieht keine Pflichtverletzung der beklagten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Die Kammer ist der Auffassung, dass die Grundsätze über die Bilanzierung nach Fortführungswerten, die der BGH für den Steuerberater aufgestellt hat, als Mindestvoraussetzungen auch für die Tätigkeit einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Abschlussprüfer gelten. Geschuldet ist die Erstellung des Jahresabschlusses nach den handelsrechtlichen Vorschriften, ohne die Grenzen der zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten zu überschreiten. Konkret bedeutet dies, dass die Beklagte als Wirtschaftsprüferin den nach Fortführungswerten aufgestellten Jahresabschluss nicht ohne eine hinreichende Fortführungsprognose attestieren durfte, wenn sie ernsthafte Indizien kannte, die eine Unternehmensfortführung zweifelhaft erscheinen ließen. Dies könnte vorliegend der Fall gewesen sein, wird aber von der Klägerseite nicht geltend gemacht. Der einzige von der Klägerseite vorgeworfene Umstand, die Beklagte habe Verlustausgleichsansprüche der Tochtergesellschaften unzutreffend eingeordnet, greift nach Auffassung des Landgerichts nicht durch. Nach Auffassung des Landgerichts hat die Beklagte nicht pflichtwidrig verkannt, dass die Vereinbarung über das Stehenlassen der Verlustausgleichsansprüche unzulässig gewesen sein könnte. Der Abschlussprüfer schuldet keine umfassende Rechts- und Wirtschaftsprüfung. Vor diesem Hintergrund konnte und musste die Beklagte die etwaige Unzulässigkeit der Verrechnungspraxis nicht erkennen. Da durch das Stehenlassen der Verlustausgleichsansprüche in der Vergangenheit diese Ansprüche insolvenzrechtlich nicht fällig waren, musste die Beklagte die Ansprüche bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit nicht berücksichtigen. Folglich hatte die Beklagte auch keine über die Testierung des nach Fortführungswerten aufgestellten Jahresabschluss hinausgehende Hinweispflicht auf eine etwaige Insolvenzreife. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass dem Vorstand der Schuldnerin die existenzbedrohliche Situation bekannt war.
Im Ergebnis hat das Landgericht daher die Klage abgewiesen.