Leistungskette im Planervertrag
BGH , Urteil vom 26.1.2016 — Aktenzeichen: VII ZR 266/14
Leitsatz
1. Der Schaden des Architekten wegen eines sich im Bauwerk seines Auftraggebers bereits verkörperten Planungsmangels des vom Architekten beauftragten Fachplaners liegt darin, dass dem Auftraggeber gegen den Architekten aufgrund des Planungsmangels Schadensersatzansprüche zustehen. Von diesen Ansprüchen hat ihn der Fachplaner im Wege des Schadensersatzes freizustellen.
2. Die eine Sekundärhaftung des Architekten gegenüber seinem Auftraggeber begründende Pflichtverletzung bildet einen selbständigen Haftungsgrund in diesem Vertragsverhältnis, den sich der vom Architekten beauftragte Fachplaner nicht zu-rechnen lassen muss.
3. Das Recht des Architekten, den Honoraranspruch des von ihm beauftragten Fachplaners wegen Mängeln der von diesem erbrachten Planungsleistung zu mindern, wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass er sein Honorar von seinem Auftraggeber vollständig erhalten hat.
Sachverhalt
Ein Architekt beauftragte einen Fachplaner mit der Erbringung von Planungsleistungen im Bereich Heizung/Klima/Sanitär. Der Fachplaner verlangt vom Architekten Ingenieurhonorar von knapp 40.000 Euro.
Dem tritt der Architekt entgegen mit folgendem Argument: Er könne seinerseits von seinem Auftraggeber, dem Bauherren, in Anspruch genommen werden, weil die Leistung des Fachplaners nicht mangelfrei gewesen und sich der Planungsfehler im Objekt realisiert habe. Dies verursache Nachbesserungskosten von etwa 70.000 Euro. Im Übrigen sei auch das Honorar des Fachplaners um 50 % zu mindern wegen der vorliegenden Mängel.
Der klagende Fachplaner hält dem entgegen, der Beklagte habe selbst das volle Honorar von seinem Auftraggeber erhalten. Er könne daher auch nicht das Honorar des Fachplaners mindern. Zudem seien Ansprüche des Bauherren gegen den beklagten Architekten ohnehin verjährt. Daher habe der Architekt keinen eigenen Schaden, könne also auch nicht Schadensersatzansprüche gegen den Fachplaner geltend machen.
Das OLG Stuttgart sprach das geforderte Honorar in vollem Umfang zu. Es wies zur Begründung darauf hin, dass der Beklagte das Honorar nicht mindern könne, weil er schließlich selbst vom Bauherren bezahlt worden sei, also keine Vermögenseinbuße aufgrund des Planungsfehlers erleide. Andernfalls werde der Architekt ungerechtfertigt privilegiert. Zudem könne er keine Schadensersatzansprüche geltend machen, weil er etwaigen Ansprüchen des Bauherren die Einrede der Verjährung entgegen halten könne und müsse.
Entscheidung
Nach Zulassung der Revision hatte der BGH nun den Fall zu entscheiden. Zum Teil bestätigt er das Urteil des OLG Stuttgart, zum Teil verweist er den Rechtsstreit jedoch zur erneuten Entscheidung zurück.
Der BGH macht deutlich, dass der Architekt durchaus das Honorar des Fachplaners mindern kann. Der Rechtsgedanke der Vorteilsausgleichung steht dem nach Auffassung des BGH nicht entgegen. Die Rechtsprechung des BGH zur Leistungskette beruhe auf der normativen, von Treu und Glauben geprägten schadensrechtlichen Wertung, dass dem Hauptunternehmer, jedenfalls dann, wenn er wegen des Mangels nicht mehr in Anspruch genommen werden kann, ungerechtfertigte, ihn bereichernde Vorteile zufließen, wenn er gleichwohl als Schadensersatz die Mängelbeseitigungskosten vom Nachunternehmer fordern oder dessen Vergütung in Höhe der Mängelbeseitigungskosten mindern könne. Darauf komme es im Fall der Minderung wegen des Minderwerts der Fachplanung nicht an, weil dieser Minderwert zum Folgeschaden am Bauwerk keinerlei Bezug habe. Zudem seien die Schuldverhältnisse zwischen Fachplaner und Architekt einerseits sowie Architekt und Bauherrn unabhängig voneinander zu beurteilen.
Ob und in welcher Höhe letztlich eine Minderung durchgreifen kann, muss jedoch noch geklärt werden. Hierzu fehlen Feststellungen, so dass der Rechtsstreit zurückverwiesen wurde.
Im Übrigen bestätigt der BGH überwiegend die Entscheidung des OLG Stuttgart, insbesondere hält er es für richtig, dass sich der Architekt – falls er vom Bauherrn in Anspruch genommen würde – auf die Verjährungseinrede berufen müsse. Dies ergebe sich letztlich aus der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 S. 1 BGB. Nur ganz ausnahmsweise könne es unzumutbar sein, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen, hierzu reiche aber der Hinweis auf allgemeine berufliche Nachteile oder eine Befürchtung, eine Geschäftsbeziehung werde gefährdet, nicht aus.
Interessant ist schließlich der Hinweis, dass selbst wenn aus dem Grunde der Sekundärhaftung doch keine Verjährung gegeben sei, gleichwohl keine Schadensersatzansprüche an den Fachplaner weitergegeben werden können. Der BGH stellt klar, dass die Rechtsfigur der Sekundärhaftung einen eigenständigen Haftungsgrund darstellt, der dem Fachplaner nicht zurechenbar ist.