Kostenvorschuss wegen Mängeln schon vor Abnahme der Werkleistung
OLG Celle, Urteil vom 11.5.2016 — Aktenzeichen: 7 U 164/15
Sachverhalt
In dem Fall, mit dem sich das Oberlandesgericht Celle beschäftigt hat, verlangte der Werkunternehmer einen Restwerklohn in Höhe von etwa 15.000,00 Euro. Dem Werkvertrag lag das BGB zugrunde. Die Anwendbarkeit der VOB/B war nicht vereinbart. Nachdem der Werkunternehmer den Auftraggeber zur Abnahme aufgefordert hatte, verweigerte der Auftraggeber die Abnahme und teilte mit, es lägen zahlreiche und gravierende Mängel vor. Im Prozess des Werkunternehmers auf Zahlung des offenen Werklohns hat der Auftraggeber einen Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung geltend gemacht. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige hat zahlreiche Mängel festgestellt und die Sanierungskosten mit etwa 25.000,00 Euro bemessen.
Entscheidung
Das Oberlandesgericht Celle hat dem Auftraggeber Recht gegeben. Der Restwerklohn des Werkunternehmers sei mangels Abnahme noch nicht fällig. Die vorhandenen Mängel rechtfertigen die Abnahmeverweigerung des Auftraggebers. Auf der anderen Seite stehe dem Auftraggeber ein Anspruch auf Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung aus § 637 Abs. 3 BGB zu. Ein Auftraggeber kann einen Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung vor der Abnahme jedenfalls dann fordern, wenn sich ein Werkunternehmer, der ein in wesentlicher Hinsicht mangelhaftes Werk abgeliefert hat, auf den Standpunkt stellt, er habe ein mangelfreies Werk erbracht. Zur Begründung hat das Oberlandesgericht Celle festgestellt, dass der Auftraggeber anderenfalls zur Abnahme gezwungen wäre, obwohl er objektiv dazu berechtigt sei, eine Abnahme zu verweigern. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage der Geltendmachung von Gewährleistungsrechten des Auftraggebers vor Abnahme einer Werkleistung hat das Oberlandesgericht Celle die Revision zum Bundesgerichtshof ausdrücklich zugelassen.
Praxishinweis
Bis zu einer Entscheidung durch den Bundesgerichtshof ist weiterhin offen, ob Auftraggeber Mängelgewährleistungsrechte bereits vor der Abnahme eines Werks geltend machen können. Tatsächlich ist die vorliegende Situation paradox. Einem Auftraggeber ist zugute zu halten, dass dann, wenn ein Werkunternehmer nicht gewillt ist, das vereinbarte Gewerk abnahmereif herzustellen, er dem Auftraggeber nicht entgegenhalten kann, er könne Rechte zur Herstellung eines ordnungsgemäß abnahmereifen Gewerks erst nach der Abnahme geltend machen.