Der Versicherungsfall „Rohrbruch“ in der Gebäudeversicherung

OLG Saarbrücken, Urteil vom 19.12.2018 — Aktenzeichen: 5 U 4/18

1. Bei den Gefahren „Leitungswasser“ und „Rohrbruch“ handelt es sich um zwei selbständige, an unterschiedliche Voraussetzungen geknüpfte und mit unterschiedlichen Entschädigungsregeln einhergehende Versicherungsfälle. Dabei deckt die Rohrbruchversicherung, die für die Eintrittspflicht des Versicherers — erkennbar — an das Ereignis eines „Rohrbruches“ anknüpft, die Kosten der Rohrbruchbeseitigung selbst, nicht aber auch Folgeschäden durch Leitungswasser aus einem solchen Rohrbruch ab

Die Rohbruchversicherung schließt innerhalb versicherter Gebäude insbesondere „Schäden durch Rohrbruch oder Frost (einschl. der Kosten der Nebenarbeiten und des Auftauens) an den Zu- und Ableitungsrohren der Wasserversorgung und den Rohren der Warmwasser- oder Dampfheizungsanlage“ ein. Der Begriff „innerhalb“ des Gebäudes ist dahin auszulegen, dass er auch die Rohre erfasst, die zwar im Erdreich, jedoch — wie hier — innerhalb des Bereiches zwischen den Fundamentmauern liegen.

2. Unter einem „Rohrbruch“ ist jede nachteilige Veränderung des Rohrmaterials zu verstehen, die dazu führt, dass die darin befindlichen Flüssigkeiten bestimmungswidrig austreten können. Erforderlich ist eine Substanzverletzung im Material der jeweiligen Leitung. Ein Bruch liegt insbesondere dann vor, wenn das Material des Rohres einschließlich Dichtungen, Verschraubungen und anderen dazugehörigen Teilen ein Loch oder einen Riss bekommt. Nicht ausreichend sind Einwirkungen ohne Substanzbeeinträchtigung, die lediglich zu einer Funktionsveränderung der intakten Rohrleitung führen. Da die Rohrbruchversicherung eine Allgefahrendeckung beinhaltet, kommt es auf die Ursachen des Bruchs nicht an. Auch Korrosion oder mechanische Zerstörungen, wie sie etwa bei Bau- oder sonstigen Arbeiten am Gebäude hervorgerufen werden können, werden von der Rohrbruchversicherung erfasst. Voraussetzung ist freilich, dass das Rohr im Zeitpunkt der Beschädigung grundsätzlich seine Funktion als Zu- oder Ableitungsrohr erfüllt; wird es erst nach dem Ausbau beschädigt, liegt kein bedingungsgemäßer Rohrbruch vor.

3. In zeitlicher Hinsicht haftet der Versicherer nur, wenn der Versicherungsfall in den Haftungszeitraum fällt. Ein Versicherungsfall liegt nicht erst dann vor, wenn alle eine Haftung des Versicherers begründenden Umstände gegeben sind, sondern er ist bereits dann eingetreten, wenn sich die versicherte Gefahr realisiert hat. Dieses Ereignis kann, muss aber nicht mit dem Eintritt der negativen Folgen zusammenfallen, die letztlich den Bedarf des VN nach der Versicherungsleistung auslösen, in der Schadensversicherung also gerade nicht zwangsläufig erst mit dem Eintritt des Schadens, der nicht Tatbestandsmerkmal des Versicherungsfalles ist. Für die Bestimmung des Versicherungsfalles ist vielmehr entscheidend, welches Ereignis der VR im Vertrag zum „maßgebenden Gefahrereignis“ bestimmt hat. Die streitgegenständliche Rohrbruchversicherung gewährt nach Maßgabe der Bedingungen Versicherungsschutz u.a. für den Fall des „Rohrbruchs“ (§ 1 Abs. 1 Buchstabe b) VGB) und damit „für ein meist punktuelles Ereignis“. Dieser Versicherungsfall tritt bereits in dem Zeitpunkt ein, in dem sich eine versicherte Gefahr an versicherten Sachen zu verwirklichen beginnt (§ 6 Abs. 2 VGB). Während der Versicherungsfall „Leitungswasserschaden“ eine Gefahr beschreibt, die sich — anders als ein „Rohrbruch — regelmäßig über einen — oft längeren — Zeitraum erstreckt und bei dem sich der Schaden mit zunehmender Dauer infolge ständig nachlaufenden Wassers vergrößert, ist der Versicherungsfall „Rohrbruch“ nicht erst mit Auftreten oder Sichtbarwerden der durch den Rohrbruch hervorgerufenen Wasserschäden, sondern bereits mit der Schädigung des Rohres, die zu dem Wasseraustritt geführt hat, eingetreten, d.h. mit dem Rohrbruch als solchem. Zu diesem Zeitpunkt muss folglich der materielle Versicherungsschutz bereits bestanden haben.

Dass das versicherte Ereignis in den versicherten Zeitraum des Vertrages fällt, hat der VN gemäß § 286 ZPO mit einem solchen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen zu beweisen.

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