Bedeutung der Garantie im Werkvertragsrecht

OLG Hamm, Urteil vom 15.6.2005 — Aktenzeichen: 12 U 112/04

Verjährungsfrist und Garantiefrist sind nicht gleichzusetzen; insbesondere wird die Verjährungsfrist durch eine vom Auftragnehmer übernommene Garantie nicht verlängert.

Sachverhalt
Die Klägerin beauftragte die Beklagte, eine Regalanlage zur Lagerung schwergewichtiger Formen zu erstellen, zu liefern und zu montieren. Dazu hatte die Beklagte ein formularmäßiges Erläuterungsblatt übergeben, in dem sie drei Jahre Garantie auf ihre Lagersysteme gewährt. Montiert und abgenommen wurde das Regal Ende 1999. Wenige Wochen später am 10.2.2000 stürzte das Regal ein. Die darin gelagerten Formen wurden zerstört. Den Schaden von rund 50.000 € machte die Klägerin gegenüber der Beklagten geltend. Deren Haftpflichtversicherung wies die Ansprüche unter dem 19.7.2000 endgültig zurück. Erst zwei Jahre später – aber noch innerhalb von drei Jahren – klagte die Auftraggeberin auf Ersatz ihres Schadens. Die Beklagte wandte Verjährung ein. Mit Erfolg.

Entscheidung
Die Klage wurde abgewiesen. Nach Auffassung des 12. Zivilsenats des OLG Hamm war die Schadensersatzforderung bei Klageerhebung bereits verjährt. Die werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche unterlagen – so das OLG – nach § 638 BGB a.F. der sechsmonatigen Verjährungsfrist.

Diese sechsmonatige Frist sei nicht durch die von der Beklagten übernommenen Garantie verlängert worden. Dabei stützt sich der Senat auf die BGH-Rechtsprechung, wonach die Vereinbarung einer Garantiefrist die Länge der Verjährungsfrist nicht berühre; die Garantie habe regelmäßig die Bedeutung, dass alle während der Garantiefrist auftretenden Mängel Gewährleistungsansprüche auslösen können und die Verjährungsfrist erst mit der Entdeckung des Mangels beginne. Die Verlängerung der Verjährungsfrist mit der Folge, dass der Anspruchsinhaber bei einem bereits zum Beginn der Garantiefrist erkannten Mangel gleichwohl mit der gerichtlichen Geltendmachung bis zum Ablauf der Garantiefrist warten könne, sei nicht interessengerecht und daher abzulehnen (BGH, BauR 1979, 427, 431). Der Klägerin helfe – so das OLG – auch nicht der Hinweis, dass es sich bei der Garantieerklärung um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handele, die „kundenfreundlich“ auszulegen sei. Denn im Hinblick auf die BGH-Rechtsprechung sei eine „Mehrdeutigkeit“ der Formulierung zu verneinen. Im Übrigen erfordere § 5 AGBG (heute § 305 c BGB) keine Gleichsetzung von Garantiefrist und Verjährungsfrist.

Praxishinweis
Der Durchschnittskunde am Bau setzt Garantiefrist und Gewährleistungsfrist häufig gleich. Er vertraut darauf, erkannte Mängel innerhalb des Garantiezeitraums geltend machen und dabei die Garantiefrist auch ausschöpfen zu können. Dies ist – wie dieser Fall zeigt – gefährlich; denn es wird nicht bedacht, dass nach der Rechtsprechung eine Garantie lediglich den Zeitpunkt des Verjährungsbeginns hinausschiebt. Sobald ein Mangel erkannt ist, läuft die „normale“ Verjährungsfrist. Im obigen Fall hätte die Klägerin also innerhalb von 6 Monaten nach Kenntnis vom Mangel verjährungshemmende Maßnahmen ergreifen müssen.

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