Architektenhonorar

BGH, Urteil vom 23.11.2006 — Aktenzeichen: VII ZR 110/05

Leitsatz
Ingenieurleistungen zur Grundlagenermittlung (Leistungsphase 1) sind jedenfalls nicht als „zwingend mitbeauftragt“ zu honorieren, wenn der schriftlichen Vertrag einen Auftrag nur für die Leistungsphasen 2 und 3 vorsieht.
Sachverhalt
Ein Ingenieur erhält einen Auftrag über Tragwerksplanung, Leistungsphasen 2 und 3. Nachdem es zum Streit und zur Kündigung kommt, rechnet der Ingenieur über die Leistungsphasen 1-3 ab. Landgericht und Oberlandesgericht geben ihm recht, denn in der Ausklammerung der Leistungsphase 1 liege eine verdeckte Unterschreitung der Mindestsätze nach der HOAI. Ohnehin seien die Phasen 2 und 3 ohne Grundlagenermittlung nicht zu erbringen.

Entscheidung
Anders der BGH. Der schriftliche Vertrag zeigt eindeutig, dass nur die Leistungsphasen 2 und 3 vom Auftrag umfasst sein sollen. Die HOAI regelt nicht, in welchem Umfang ein Vertrag abgeschlossen ist. Der Umstand, dass eine Leistung tatsächlich erbracht wird, bedeutet noch keinen Anspruch auf vertragliche Vergütung, auch dann nicht, wenn sie als Vorarbeit zu den vertraglich beauftragten Leistungen zwingend erforderlich ist.

Eine Mindestsatzunterschreitung liegt nur dann vor, wenn das Honorar für die vertraglich vereinbarten Leistungen (!) unterhalb der Mindestsätze liegt.

Daher ist das Urteil aufzuheben und der Fall vom OLG Naumburg neu zu entscheiden.

Anmerkung
Mit diesem Urteil leitet der BGH die Rückbesinnung auf die Regeln des BGB ein. Das Urteil bedeutet nicht, dass es hier keine Vergütung für die Leistungsphase 1 geben kann, wie man schon in einigen Anmerkungen liest. Die Frage muss jedoch rechtlich sauber geprüft werden.

Der schriftliche Vertrag schließt eine asudrückliche Vereinbarung der LP 1 aus. Zu prüfen ist jetzt:

— ob sich die Parteien vor dem Vertrag, eventuell durch schlüssiges Verhalten, auf einen Auftrag zur Grundlagenermittlung geeinigt hatten (dann Vergütung nach Mindestsätzen)

— ob die Leistung zwingend erforderlich war, um die vertragliche Leistung zu erbringen, und ob daher bei Verwertung der Tragwerksplanung ein Anspruch aus „Bereicherungsrecht“ entsteht (dann im Ergebnis Vergütung nach Mindestsätzen)

— ob der Architekt / Ingenieur die Grundlagen im Vorfeld aus Akquisegründen ermittelt hatte und diese Leistungen nach der schriftlichen Einigung im Vertrag eben ausdrücklich unvergütet bleiben sollten.

Im Ergebnis weicht die erforderliche Prüfung jetzt nicht mehr entscheidend ab von dem Parallelfall, dass ein Bauunternehmer Leistungen bezahlt haben will, für die ein Auftrag bestritten ist.

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