Abmahnung muss auf rechtliche Konsequenzen hinweisen!
BGH, Urteil vom 12.10.2011 — Aktenzeichen: VIII ZR 3/11
Leitsatz
Für eine Abmahnung nach § 314 BGB genügt die bloße Rüge vertragswidrigen Verhaltens nicht; darüber hinaus muss aus der Erklärung des Gläubigers für den Schuldner deutlich werden, dass die weitere vertragliche Zusammenarbeit auf dem Spiel steht und er für den Fall weiterer Verstöße mit rechtlichen Konsequenzen rechnen muss.
Sachverhalt
Die Parteien verbindet ein Factoringvertrag. Nach dem Factoringvertrag sollte die Klägerin zusätzlich zu einer jährlichen Factoringgebühr für die Bevorschussung des jeweiligen Kaufpreises Zinsen entrichten. Im Januar 2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie ab sofort höhere Zinsen für die Bevorschussung des jeweiligen Kaufpreises berechnen werde. Dem widersprach die Klägerin. Trotzdem berechnete die Beklagte in den Folgemonaten den erhöhten Vorschusszins. Mit Schreiben vom 30.04.2009 wies die Klägerin darauf hin, dass die Zinsberechnung der Beklagten nicht dem vereinbarten Vertrag entspreche. Sie bat darum, wieder den vertraglich vereinbarten Zinssatz abzurechnen. Da die Beklagte weiterhin den erhöhten Zinssatz berechnete, kündigte die Klägerin den Factoringvertrag vorzeitig. Die Beklagte war der Ansicht, dass die fristlose Kündigung unwirksam sei und hat daher einen Betrag in Höhe von 51.968,57 € einbehalten. Der Klage der Klägerin auf Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen wurde in der Berufungsinstanz stattgegeben. Hiergegen wandte sich die Beklagte mit der Revision.
Entscheidung
Der BGH hält die Revision für begründet. Eine Kündigung des Factoringvertrages aus wichtigem Grund ist unwirksam, weil es an einer vorherigen Abmahnung des vertragswidrigen Verhaltens fehlt, auf das die Klägerin die von ihr erklärte vorzeitige Kündigung gestützt hat. Nach § 314 Abs. 2 BGB ist eine auf eine Verletzung vertraglicher Pflichten gestützte Kündigung aus wichtigem Grund grundsätzlich erst nach Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Eine Abmahnung muss den Schuldner darauf hinweisen, dass er vertragliche Pflichten verletzt hat und ihm für den Fall eines weiteren Vertragsverstoßes Konsequenzen drohen. Dabei ist zwar keine ausdrückliche Kündigungsandrohung erforderlich, jedoch muss aus der Erklärung des Gläubigers für den Schuldner deutlich werden, dass die weitere vertragliche Zusammenarbeit auf dem Spiel steht. Eine Abmahnung nach § 314 BGB setzt zumindest eine konkludente Androhung vertragsrechtlicher Konsequenzen voraus.
Praxishinweis
Sollten in einem Vertragsverhältnis Gründe vorliegen, die zur außerordentlichen Kündigung berechtigen, muss der Kündigende zuvor das vertragswidrige Verhalten gegenüber dem Vertragspartner abmahnen. Wichtig ist hierbei, dass der Kündigende zumindest darauf hinweist, dass bei einer weiteren Zuwiderhandlung des abgemahnten Verhaltens rechtliche Konsequenzen drohen, insbesondere die Beendigung des Vertrages mit sofortiger Wirkung. Zumindest sollte aus einer Abmahnung schlüssig hervorgehen, dass der Abmahnende sich weitere Zuwiderhandlungen nicht mehr gefallen lässt und das Vertragsverhältnis im schlimmsten Fall beenden wird.