Schadensersatzansprüche gegenüber früherem Alleingesellschafter und Geschäftsführer

LG München II , Urteil vom 26.1.2017 — Aktenzeichen: 3 O 3402/15

Leitsatz
Wenn der alleinige Gesellschafter einer GmbH zugleich als Geschäftsführer der Gesellschaft handelt und praktisch seine eigenen Weisungen ausführt, bedarf es dazu keines förmlichen Gesellschafterbeschlusses; die Befolgung einer solchen „Weisung“ kann nicht zu einer Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbhG auf Ersatz des dadurch verursachten Schadens führen.

Sachverhalt
Der beklagte Geschäftsführer wird aus Geschäftsführerhaftung in Anspruch genommen. Er war alleiniger Geschäftsführer und formaler Gesellschafter mit 99 % der Anteile. Die 99 %ige Beteiligung hielt der nach außen als alleiniger Gesellschafter auftretende Beklagte auf Grundlage eines Treuhandverhältnisses für den Kläger. Der Kläger behauptet, der Beklagte habe eine Vielzahl von Zahlungen zu Lasten des Geschäftskontos der beiden Gesellschaften veranlasst, die ohne Vertragsgrundlage oder sonstige Rechtfertigungen erfolgt seien. Der Beklagte erwidert hierzu, er habe mit Ausnahme der zwingenden Stammkapitalerhaltungsvorschriften frei über das Gesellschaftsvermögen verfügen können, ohne seine Geschäftsführerverpflichtungen zu verletzen.

Entscheidung
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers nach § 43 Abs. 2 GmbHG bzw. wegen der Verletzung der Pflichten aus dem Geschäftsführeranstellungsvertrages scheidet nach Auffassung des Landgerichts aus. Eine solche Haftung setzt ein pflichtwidriges Geschäftsverhalten voraus. Dieses und ein Schadensersatzanspruch aus § 43 Abs. 2 GmbHG scheidet nach Auffassung des LG aus, weil der Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum Alleingesellschafter der GmbH war. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Beklagte die Gesellschaftsanteile nur treuhänderisch gehalten hat, da Gesellschafter mit allen Rechten und Pflichten nur der Treuhänder ist. Allgemein fehlt es dann an einer Pflichtverletzung, wenn die Gesellschaftsversammlung den Geschäftsführer zu dem — im vorliegenden Prozess beanstandeten — Verhalten anweist. Soweit der Geschäftsführer dadurch nicht gegen gesetzliche Pflichten verstößt, muss er die Weisung befolgen und haftet der Gesellschaft nicht aus § 43 Abs. 2 GmbHG. Diese Grundsätze gelten erst recht, wenn die Gesellschaft nur einen Gesellschafter hat und auch dann, wenn der Geschäftsführer bewusst für das Gesellschaftsvermögen nachteilige Entscheidungen trifft und Maßnahmen ergreift. Es bedarf dazu keines förmlichen Gesellschafterbeschlusses. Entsprechendes gilt, wenn der alleinige Gesellschafter zugleich als Geschäftsführer der Gesellschaft handelt und praktisch seine eigene Weisung ausführt. Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen ist ausschließlich dann denkbar, wenn der Geschäftsführer gegen zwingende Stammkapitalerhaltungsvorschriften verstößt. Da dies vorliegend nicht der Fall war, wurde die Klage abgewiesen.

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