Winterdienst – Dienstvertrag oder Werkvertrag?

BGH, Urteil vom 6.6.2013 — Aktenzeichen: VII ZR 355/12

Leitsatz
Verpflichtet sich der Unternehmer, eine bestimmte Fläche von Schnee- und Eisglätte freizuhalten, ist Werkvertragsrecht anwendbar.

Eine solche Leistung ist grundsätzlich nicht abnahmebedürftig, so dass es gerechtfertigt ist, das Mängelrecht der §§ 634 ff. BGB anzuwenden, wenn der Unternehmer die Leistung in Erfüllung seiner gesamten Verbindlichkeit erbracht hat.

Sachverhalt
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten, der Eigentümer eines Hausgrundstücks ist, Restvergütung aufgrund eines sogenannten „Reinigungsvertrages Winterdienst“. Die Klägerin hatte sich vertraglich verpflichtet, während der Zeit vom 1. November des Jahres bis zum 30. April des Folgejahres die vereinbarten Flächen gemäß den Pflichten des Straßenreinigungsgesetzes des Bundeslandes bzw. der kommunalen Satzung von Schnee freizuhalten und bei Glätte zu bestreuen. Der Beklagte hat eingewandt, dass die Klägerin die vereinbarte Leistung an näher bezeichneten Tagen nicht vollständig erbracht habe, und einen Teil der vereinbarten Vergütung einbehalten.

Die Vergütungsklage der Klägerin hatte in den Vorinstanzen ohne Beweisaufnahme Erfolg. Das Berufungsgericht hat noch die Aufassung vertreten, der Vertrag habe überwiegend dienstvertraglichen Charakter; bei Schlechtleistung sei eine Minderung der Vergütung nicht zulässig.

Entscheidung
Dies sieht der BGH anders, hebt das Urteil auf und verweist die Sache and das Berufungsgericht zurück.

Der BGH führt aus, die Parteien hätten einen Werkvertrag geschlossen. Gegenstand eines Werkvertrags könne auch ein durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein. Vertragsgegenstand sei die erfolgreiche Bekämpfung von Schnee- und Eisglätte. Der Werkerfolg bestehe maßgeblich darin, dass die Gefahrenquelle beseitigt werde. Das Werk sei nicht abnahmebedürftig, denn Sinn und Zweck des Winterdienstes sei es, dass der Unternehmer den Winterdienst versieht, ohne dass der Besteller jedes Einsatzergebnis billigen soll. Sofern der Unternehmer seine vertragliche Verpflichtung unvollständig erfüllt habe, sei das geschuldete Werk mangelhaft. Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung sei folglich entbehrlich. Die Vergütung könne entsprechend gemindert werden.

Praxishinweis: Der BGH stellt mit dieser Entscheidung klar, dass ein bestimmter Erfolg geschuldet wird, nämlich die erfolgreiche Bekämpfung von Schnee- und Eisglätte. Dies wird in vielen Fällen zu Schwierigkeiten führen, etwa wenn die Arbeiten zwar fachgerecht ausgeführt wurden, es aber z.B. weiter schneit. Wichtig werden dann individuelle Vereinbarungen, die den „Erfolg“ der Arbeiten näher konkretisieren. Wendet der Besteller ein, die Arbeiten seien nicht erfolgreich ausgeführt worden, wird geklärt werden müssen, ob bzw. in welchem Umfang der geschuldete Winterdienst unterblieben ist.

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