„Wie-Beschäftigter“ nach § 2 Abs. 2 SGB VII

Landgericht Gera, Urteil vom 27.2.2014 — Aktenzeichen: 4 O 1407/12

Sachverhalt
Der bei einer Speditionsfirma angestellte Kläger lieferte auftragsgemäß Baustahlmaterialien mittels Lkw auf eine von der Beklagten zu 1) betriebene Baustelle. Nachdem der Kläger auf dem Baustellengelände angekommen war, öffnete er den Auflieger seines Sattelzuges und half den Angestellten der Beklagten zu 1) zunächst, Mattenkörbe von seinem Lkw zu entladen. Obwohl auch dies nicht vertraglich geschuldet, wollte der Kläger anschließend auch beim Abladen der auf seinem Lkw mitgeführten Stahlmatten helfen. Nachdem sich der bei der Beklagten zu 1) als Baggerfahrer beschäftigte Beklagte zu 2) mit seinem Bagger dem Lkw des Klägers genähert und den bereits mit Ketten für das Anhängen der Stahlmatten versehenen Kopf des Baggerarmes über die auf dem Lkw liegenden Stahlmatten bewegt hatte, ergriff der Kläger die Ketten und befestigte diese an den Seiten einer Stahlmatte. Unmittelbar nach dem anschließenden Anheben des Baggerarmes löste sich jedoch eine der Ketten und die Stahlmatte viel herab, wobei sie den sich noch in der Nähe befindlichen Kläger verletzte. Dieser begehrte Schadensersatz von den Beklagten zu 1) und zu 2).

Entscheidung
Das Landgericht hat die Klage gegenüber beiden Beklagten abgewiesen:

Während der schadenstiftenden Tätigkeit sei der Kläger als „Wie-Beschäftigter“ i.S.d. § 2 Abs. 2 SGB VII in den Betrieb der Beklagten zu 1) eingegliedert gewesen. Das Abladen der Matten habe unstreitig nicht mehr zur vertraglich vom Kläger und dessen Arbeitgeber gegenüber der Beklagten zu 1) geschuldete Leistung gehört. Für die Dauer seiner lediglich im Interesse der Beklagten zu 1) erfolgten Hilfeleistung sei der Kläger deshalb in deren Betrieb eingegliedert gewesen. Somit könne sich die Beklagte zu 1) in jedem Fall auf § 104 Abs. 1 SGB VII und der Beklagte zu 2) auf den Haftungsausschluss nach § 105 Abs. 1 SGB VII berufen.

Darüber hinaus stellt das Landgericht klar, dass auch eine gemeinsame Betriebsstätte gem. § 106 Abs. 3, 3. Alt. SGB VII vorgelegen habe, so dass dem Kläger auch deshalb keine Ansprüche gegenüber dem Beklagten zu 2) zustünden. Zugunsten der Beklagten zu 1) käme zwar nicht § 106 Abs. 3, 3. Alt. SGB VII zur Anwendung, wohl aber die Grundsätze zur gestörten Gesamtschuld i.V.m. § 840 Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift haftet im Innenverhältnis zweier oder mehrerer Gesamtschuldner derjenige nicht, der im Gegensatz zu den anderen nur aus vermutetem Verschulden hafte. Da die Beklagte zu 1) nur nach § 831 Abs. 1 BGB gehaftet hätte, sei sie somit auch in dieser Konstellation haftungsbefreit.

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