Wer muss den nach der Nachbesserung erneut aufgetretenen Sachmangel beweisen?

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BGH, Urteil vom 11.2.2009 — Aktenzeichen: VIII ZR 274/07

Leitsatz
Der Käufer, der die Kaufsache nach einer Nachbesserung des Verkäufers wieder entgegengenommen hat, trägt die Beweislast für das Fehlschlagen der Nachbesserung.
Bleibt nach zweimaliger Nachbesserung ungeklärt, ob das erneute Auftreten des Mangels auf der erfolglosen Nachbesserung des Verkäufers oder auf einer unsachgemäßen Behandlung der Kaufsache nach erneuter Übernahme durch den Käufer beruht, so geht das zu Lasten des Käufers.

Sachverhalt
Die Klägerin leaste einen Maserati Quattroporte von einer Leasinggesellschaft. Diese hatte zuvor das Fahrzeug von dem beklagten Händler erworben und trat sämtliche Rechte und Ansprüche wegen nicht vertragsgemäßer Leistung und Mängeln des Fahrzeugs an die Klägerin ab. In der Folgezeit zeigte sich ein Defekt am Fensterheber der Fahrertür. Das Fahrzeug befand sich deshalb zweimal in der Werkstatt der Beklagten, zuletzt im Oktober 2005. Nach einem erneut aufgetretenen Defekt am Fensterheber erklärte die Klägerin am 6.12.2005 den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte Rückzahlung des Kaufpreises sowie eine Nutzungsentschädigung.

Der beauftragte Sachverständige stellte einen Defekt des Fensterhebers fest. Außerdem fand er für einen Einbruchsversuch typische Kratzspuren und Absplitterungen der Scheibe an der Fahrertür. Als Ursache für den Defekt kamen nach dem Gutachten des Sachverständigen sowohl ein Fertigungsfehler als auch ein Einbruchsversuch in Betracht. Die Klägerin meinte demgegenüber, die im November 2005 — vier bis fünf Wochen nach der zweiten Nachbesserung — erneut aufgetretene Fehlfunktion des Fensterhebers beruhe nicht auf einem Einbruchsversuch. Ein etwaiger Einbruchsversuch könne nur erfolgt sein, als sich das Fahrzeug nach der Rücktrittserklärung am 6. Dezember 2005 auf dem Gelände der Beklagten befunden habe.

Entscheidung
Der BGH gibt der Beklagten recht. Der Rücktritt der Klägerin sei hier deswegen nicht möglich gewesen, weil die Klägerin nicht habe beweisen können, dass das Fahrzeug auch noch im Zeitpunkt ihrer Rücktrittserklärung mangelhaft und damit einhergehend die Nacherfüllung wegen zweier erfolgloser Nachbesserungsversuche gemäß § 440 BGB fehlgeschlagen gewesen sei. Von einer zweifach misslungenen Nachbesserung könne nur dann die Rede sein, wenn die Maßnahme nicht zu einer dauerhaften Beseitigung eines seit Übergabe des PKW bestehenden Mangels geführt habe. Voraussetzung sei somit, jedenfalls wenn im Rahmen der Nachbesserung keine neuen Mängel aufgetreten seien, das Fortbestehen eines seit Gefahrübergang vorhandenen Mangels.

Genau dieses Fortbestehen eines Mangels konnte die Klägerin jedoch nicht nachweisen, da auch ein Fehlverhalten dritter Personen (Einbruchsversuch) denkbar war, welches nicht in die Verantwortungsbereich der Beklagten fällt.

Praxishinweis
Der BGB hat in der Entscheidung klar gestellt, dass den Käufer durch die Entgegennahme der reparierten Sache gemäß § 363 BGB die Beweislast dafür trifft, dass die Reparatur die Fehlfunktion nicht dauerhaft beseitigt hat. Hier kann allenfalls die bei Verbrauchergeschäften geltende Vermutung des § 476 BGB helfen. Danach wird vermutet, dass ein Mangel, der sich innerhalb 6 Monate nach Übergabe zeigt, bereits ursprünglich vorlag.

Problematisch wird es allerdings immer dann, wenn, wie bereits im sog. „Zahnriemenfall“ und „Turboladerfall“ entschieden, mehrere Ursachen für einen Defekt denkbar sind, die naturgemäß nicht im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen haben können. Auch dann kann die Beweislastverteilung die Durchsetzung der Mängelgewährleistungsansprüche erschweren. Der Käufer ist in solchen Fällen gut beraten, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

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