Vorliegen einer Pflichtverletzung

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OLG Hamm, Urteil vom 10.6.2005 — Aktenzeichen: 11 U 180/04

Über die Frage der Baugenehmigung für die von dem Käufer eines Grundstücks beabsichtigte Errichtung von Gebäuden auf dem Kaufgrundstück hat der Notar nicht aufzuklären bzw. diese Umstände nicht zu erfragen.

(Leitsatz des Verfassers)

Sachverhalt
Der Beklagte beurkundete am 20.03.01 einen Grundstückskaufvertrag, mit dem die Kläger ein unbebautes Grundstück, das im Grundbuch als Landwirtschaftsfläche verzeichnet war, zum Preis von 146.804,00 DM kauften. Die Stadt R. lehnte mit Bescheid vom 09.10.02 einen Antrag der Kläger auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Lagerhalle auf dem Kaufgrundstück ab mit der Begründung, die Abwasserbeseitigung sei nicht gesichert.

Die Kläger versuchten ohne Erfolg, Ansprüche auf Rückabwicklung des Kaufs und auf Schadensersatz gegen die Verkäufer gerichtlich geltend zu machen.

Nunmehr nahmen die Kläger den beklagten Notar auf Schadensersatz in Anspruch, wobei sie geltend machten, der Beklagte sei darüber informiert gewesen, dass die Kläger auf dem Kaufobjekt eine Lagerhalle und ein Wohnhaus errichten wollten. Er habe die Kläger pflichtwidrig nicht auf die vor Erteilung der Genehmigung bestehenden Risiken hingewiesen.

Der Beklagte ist dem entgegengetreten, da er keine Anhaltspunkte für Risiken, die den Klägern drohten, gehabt habe.

Das Landgericht Bochum hat den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Der Beklagte habe pflichtwidrig nicht über die rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Kauf des Grundstücks aufgeklärt, obwohl sich dies hätte aufdrängen müssen.

Diese Entscheidung hielt vor dem OLG Hamm nicht Stand.

Entscheidung
Das OLG Hamm hat einen Anspruch der Kläger gegen den Notar gemäß § 19 Abs. 1 BNotO verneint. Der Notar habe keine notariellen Amtspflichten verletzt.

Im Rahmen seiner Pflicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG, den Willen der Beteiligten zu ermitteln und den Sachverhalt aufzuklären, habe der Notar nur über die für die richtige und wirksame Urkundserrichtung bedeutsamen Umstände aufzuklären und diese zu erfragen. Die Frage der Baugenehmigung für die von den Klägern beabsichtigte Errichtung von Gebäuden auf dem Kaufgrundstück zähle nicht zu diesen Umständen. Sie betreffe lediglich die Verwendung des Kaufgegenstandes für die Zwecke der Käufer, die mit der Wirksamkeit des Geschäfts und seinem Vollzug nichts zu tun hätten.

Auch die Pflicht zur Belehrung über die rechtliche Tragweise gemäß § 17 Abs. 1 BeurkG gehe nur so weit, wie eine Belehrung für das Zustandekommen einer Urkunde erforderlich sei, die den wahren Willen der Beteiligten vollständig und unzweideutig in der für die Wirksamkeit gebotenen Form wirksam wiedergebe. Ihr Gegenstand sei dahin einzugrenzen, dass sie

die allgemeine rechtliche Bedeutung des Geschäfts,
seine rechtlichen Voraussetzungen,
die gesetzlichen Formerfordernisse,
die Wirkungen und Rechtsfolgen des Geschäfts und
seine Abwicklung einschließlich etwaiger Vollzugsrisiken umfasse.

Die Genehmigung des von den Klägern beabsichtigten Bauvorhabens auf dem Kaufobjekt sei nicht Teil des rechtlichen Erfolgs des vom Beklagten beurkundeten Geschäfts. Die Verwendbarkeit des Grundstücks für die Bebauung liege außerhalb der genannten Reichweite der Belehrungspflicht des Notars.

Auch im Rahmen der betreuenden Belehrungspflicht aus § 14 BNotO bestehe eine Hinweispflicht des Notars nur, wenn der Notar aufgrund besondere Umstände Anlass zu der Vermutung habe, einem Beteiligten drohe ein Schaden vor allem deshalb, weil er sich wegen mangelnder Kenntnis der Rechtslage der Gefahr nicht bewusst sei. Dies sei allenfalls in Betracht zu ziehen, wenn der Notar Anlass habe anzunehmen, dass die Käufer die Notwendigkeit einer Baugenehmigung nicht erkannt hätten oder dass ihnen die benötigte Genehmigung nicht erteilt werde. Dies war aber im vorliegenden Fall nicht der Fall.

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