Vorfinanzierung von Reparatur-, Sachverständigen- und Abschleppkosten durch den Rechtsanwalt ist unzulässig.

BGH , Urteil vom 20.6.2016 — Aktenzeichen: AnwZ 26/14

Sachverhalt
Die Kläger betrieben gemeinsam eine Rechtsanwaltskanzlei in A. Die Kanzlei ist spezialisiert auf die Abwicklung von Verkehrsunfällen. Sie bietet ihren Mandanten die Verauslagung von Reparatur- und/oder Sachverständigen- sowie Abschleppkosten i.H. der geschätzten Haftungsquote an.

Die beklagte RAK hält die Vorgehensweise für unzulässig. Sie hat daher beiden Klägern einen belehrenden Hinweis dahingehend erteilt, dass die Verauslagung von Reparatur- und/oder Sachverständigen- und/oder Abschleppkosten für Mandanten im Rahmen der Bearbeitung von Verkehrsunfallangelegenheiten gegen § 49 b Abs. 2 S. 2 BRAO sowie gegen § 49 b Abs. 3 S. 1 BRAO verstoße.

In der ersten Instanz unterlagen die Kläger. Der Anwaltssenat des BGH hat die Berufung gegen dieses Urteil als unbegründet zurückgewiesen.

Entscheidung
Der Anwaltssenat des BGH sieht in der beanstandeten Verfahrensweise einen Verstoß gegen § 49 b Abs. 3 S. 1 BRAO. § 49 b Abs. 3 S. 1 BRAO untersagt dem Rechtsanwalt, für die Vermittlung von Aufträgen einen Teil der Gebühren zu zahlen oder sonstige Vorteile zu gewähren. Es soll vermieden werden, dass Rechtsanwälte in einen Wettbewerb um den Ankauf von Mandanten treten, die Anwaltschaft ist kein Gewerbe, in dem Mandanten „gekauft“ und „verkauft“ werden. Unter sonstigem Vorteil ist auch die Erbringung von berufsfremden Dienstleistungen zu verstehen, wie hier die sofortige Bezahlung der Rechnung von Kfz-Werkstätten und Abschleppunternehmen für den Mandanten. Die betroffenen Kfz-Werkstätten, Sachverständigen und Abschleppunternehmer erhalten als Geldzahlung zwar nur ihre Leistungen im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall vergütet. Sie haben aber den sonstigen Vorteil einer sofortigen, sicheren Zahlung und sind deshalb an der von der Kanzlei der Kläger angebotenen Verfahrensweise interessiert.

Mit der Zusage, Werkstatt-, Abschlepp- und Sachverständigenkosten zu verauslagen, werden die Mandanten mit einer unentgeltlichen Leistung beworben, die in deren Situation keinen geringen Wert hat. Diese Werbung ist nicht berufsbezogen und zudem auf die Erteilung des Mandats im Einzelfall gerichtet. Die Verauslagung der Kosten des Mandanten wird in Aussicht gestellt, um diese nach Verkehrsunfällen, also bei bestehendem Beratungsbedarf, konkret zum Abschluss des Anwaltsvertrages zu bewegen. Dies ist nach Auffassung des Anwaltssenates unzulässig.

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