Versicherungsmaklerhaftung/Zur Vermittlung von Netto-Policen

LG Köln, Urteil vom 15.10.2018 — Aktenzeichen: 18 O 270/16

Leitsatz
1. Bei der Vermittlung einer Netto-Police mit separater Vergütungsvereinbarung ist der Kunde deutlich auf die Gefahren eines Frühstornos hinzuweisen, insbesondere darauf, dass er sich bei diesem Vertragsmodell deutlich schlechter stellen kann als bei einem Abschluss einer Brutto-Police (OLG München, Hinweisbeschluss vom 05.07.2016 — 20 U 1011/16 — NJOZ 2017, 1366).

2. Erhält der Versicherungsmakler ohne Wissen des Kunden für die Vermittlung einer Netto-Police neben der vom Kunden zu zahlenden Vergütung auch eine Courtage von dem Versicherer, liegt regelmäßig eine Verwirkung des Honoraranspruchs wegen treuwidriger Doppeltätigkeit gem. § 654 BGB vor.

Sachverhalt
Die Klägerin ist Versicherungsmaklerin. Sie vermittelte der Beklagten eine fondsgebundene Rentenversicherung. Mit der Klage hat die Versicherungsmaklerin die Zahlung einer restlichen Vergütung für die Vermittlung von der Beklagten begehrt.
Entscheidung
Das Landgericht Köln hat die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat die Kammer festgestellt, dass der Klägerin keine (weiteren) Ansprüche gegen die Beklagte zustehen. Solche könnten sich lediglich aus dem sog. „Einrichtungsauftrag“ zwischen der Klägerin und der Beklagten ergeben. Zwar ergeben sich aus diesem Auftrag eine Vergütungsvereinbarung zu Gunsten der Klägerin. Der Beklagten steht hingegen ein Anspruch auf Schadenersatz auf Befreiung von der Zahlungsverpflichtung wegen der Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten der Klägerin zu.

Die Klägerin habe die Beklagte weder in ausreichendem Maße noch rechtzeitig über die Besonderheiten einer Netto-Police in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen „Einrichtungsauftrag“ aufgeklärt. Anders als eine normale sog. Brutto-Police werden bei der Vermittlung einer sog. Netto-Police die Vermittlungs- und Abschlusskosten nicht vom Versicherer in die vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien eingerechnet. Stattdessen schließt der Versicherungsnehmer einen separaten Vertrag mit dem Versicherungsmakler über eine Vermittlung ab.

Bei diesem Vertragskonstrukt erhält der Versicherungsnehmer im Falle eines Früh-Stornos die Abschluss- und Vertriebskosten nicht zurück. Die Mindestrückkaufsregelungen aus dem VVG gelten nicht. Hierin liege ein besonderes Risiko, auf das der Versicherungsmakler den Kunden hinweisen muss.

Praxishinweis
Nicht alle Versicherer bieten sog. Netto-Policen an. Bei der Vermittlung von Netto-Policen obliegt es dem Versicherungsvermittler, deutlich auf deren Vor- und Nachteile hinzuweisen.

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