Verlass auf zuständigen Ansprechpartner?

Michael PeusMichael Peus

Landgericht Würzburg, Urteil vom 03.11.2021, Az. 64 O 126/21 Bau

 

Zum Fall

Die Klägerin, Betreiberin der Straßenbeleuchtungseinrichtungen des Stromversorgungsnetzes und Eigentümerin der Beleuchtungseinrichtung am streitgegenständlichen Straßenabschnitt, macht aufgrund einer durch die Beklagte verursachten Beschädigung eines Stromkabels im Rahmen von Tiefbauarbeiten Schadensersatzansprüche geltend.

Auf den Planunterlagen, die der Beklagten vorlagen, wurden die Beleuchtungsmasten mit dem Vermerk eingezeichnet, dass die Lage der Kabel mit Suchgeräten ermittelt worden sei. Zusätzlich wurden vor Beginn der Tiefbauarbeiten noch Besprechungen vor Ort gehalten über die im Boden verlegten Versorgungsleitungen. Die zuständige Arbeitskraft für die Leitungen – aus dem Haus der Klägerin – hatte die Beklagte eingewiesen und ihr gezeigt, wo genau die streitgegenständlichen Kabel verlaufen würden und zwar nicht in der Nähe der zu montierenden Leitplanken, sondern mit ausreichend Abstand zu ihnen.

Der Beklagten wurde von dem zuständigen Einweiser vor Ort eindeutig mitgeteilt, dass in diesem Bereich keine Suchschlitze – um den Kabelverlauf zu ermitteln und so Beschädigungen zu vermeiden – erforderlich wären. Aufgrund dieser klaren Aussage wurde auf die Installation von Suchschlitzen verzichtet, ansonsten hätte man diese angelegt.

Auch dem staatlichen Bauamt als Auftraggeber wurde mitgeteilt, dass im streitgegenständlichen Bereich keine Suchschlitze angelegt werden müssten, da eine konkrete Einweisung durch den Zuständigen erfolgt sei.

Dennoch wurde bei der Montierung der neuen Leitplanken die Versorgungsleitung der Beleuchtungsmasten beschädigt. Die Klägerin fordert Schadensersatz.

 

Entscheidung

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Als Anspruchsgrundlage kommt nur § 823 BGB in Betracht. Nach der Rechtsprechung ist derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, grundsätzlich dazu verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer zu verhindern.

Tiefbauunternehmen haben besonders hohe Anforderungen hinsichtlich ihrer Verkehrssicherungspflicht. Darunter fällt unter anderem, sich vor den Arbeiten an öffentlichen Straßen nach den unterirdischen Versorgungsleitungen zu erkundigen zum Schutz erdverlegter Kabel und Leitungen. Sie müssen sich Gewissheit über die Verlegung von Versorgungsleitungen im Boden verschaffen und mit äußerster Vorsicht vorgehen. In der Regel geschieht dies durch die Anforderung zuverlässiger Unterlagen.

 

„Dort, wo zuverlässige und aussagekräftige Unterlagen vorliegen, darf sich der Unternehmer auf diese verlassen.“

 

Bei Unklarheiten hinsichtlich der Unterlagen besteht zusätzlich die Pflicht sich durch geeignete Maßnahmen – wie Probebohrungen – Gewissheit zu verschaffen.

Im vorliegenden Fall habe die Beklagte diesen Anforderungen entsprechend gehandelt.

Es lagen keine aussagekräftigen Bestandsunterlagen vor, sodass für die Erfüllung der Erkundungspflicht der Beklagten allein ein Einholen der Pläne nicht ausreichend war. Deshalb wurde bei einem weiteren Einweisungstermin auf der Baustelle mit einem – für die Klägerin tätigen – Ansprechpartner über den Leitungsverlauf gesprochen. Der Zuständige habe klar vermittelt, dass die Versorgungskabel der Beleuchtungsmasten den Arbeiten der Beklagten keine Probleme bereiten würden, da ein ausreichender Abstand zu den Verankerungseinrichtungen gegeben sei und deshalb auf Suchschlitze verzichtet werden könne.

Nach Ansicht des Gerichts durfte die Beklagte auf diese eindeutige Aussage des zuständigen Ansprechpartners bezüglich des Leitungsverlaufs im Rahmen der Baubesprechung vertrauen. Die Beklagte habe daher keine weiteren Nachforschungen über den Leitungsverlauf anstellen müssen und auch keine Suchschlitze anlegen müssen.

Das Tiefbauunternehmen hat demnach keine Pflichten verletzt und haftet nicht für den entstandenen Schaden.

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