Verkäufer trägt Ein-/Ausbaukosten

EuGH, Urteil vom 16.6.2011 — Aktenzeichen: Rs. C-65/09

Leitsatz
Bei mangelhaftem Verbrauchsgut muss Verkäufer das Gut aus der Sache ausbauen und das als Ersatz gelieferte Verbrauchsgut in die Sache einbauen oder die für diese Vorgänge notwendigen Kosten tragen.

Die Kostenerstattung kann auf einen Betrag beschränkt werden, der verglichen mit dem Wert, den das Verbrauchsgut hätte, wenn es vertragsgemäß wäre, und der Bedeutung der Vertragswidrigkeit verhältnismäßig ist.

Sachverhalt
Die Kaufvertragsparteien einigten sich über die Lieferung von polierten Bodenfliesen. Nach Lieferung baute der Käufer die Fliesen ein. Auf der Oberfläche stellte er sodann Schattierungen fest, die einen Mangel darstellten.

Die Parteien stritten über die Frage, wer die Kosten des Ausbaus sowie des Einbaus der mangelhaften Fliesen zu tragen hat.

Entscheidung
Unter Hinweis auf die Richtlinie zur Regelung des Verkaufs von Verbrauchsgütern stellt der Europäische Gerichtshof fest, dass diese Richtlinie den Verbraucher vor finanziellen Belastungen schützen soll. Solche Belastungen würden dem Verbraucher allerdings entstehen, wenn er solche Kosten nicht verlangen könnte, die ihm durch Ausbau der mangelhaften sowie Einbau einer mangelfreien Sache entstehen. Wenn nämlich von vornherein ein vertragsgemäßes Verbrauchsgut geliefert worden wäre, hätte der Verbraucher die Einbaukosten nur einmal tragen müssen, Kosten für den erneuten Einbau wären ebenso wie für den Ausbau nicht entstanden. Unabhängig von der Frage des Verschuldens hat der Verkäufer die Kosten des Ein-/Ausbaus zu tragen. Einzige Einschränkung in dieser Entscheidung ist die Feststellung des EuGH, dass möglicherweise der Anspruch des Verbrauchers auf Erstattung der Kosten auf einen Betrag beschränkt werden kann, der dem Wert des Verbrauchsgutes und der Bedeutung der Vertragswidrigkeit angemessen sei.

Praxishinweis
Mit der vorgenannten Entscheidung ist die sogenannte Parkettstäbe-Entscheidung des BGH (Urteil vom 15.07.2008 — Az. VII ZR 211/07) hinfällig.
Allerdings betrifft die Entscheidung des EuGH lediglich den Verbrauchsgüterkauf. „Verbraucher“ im Sinne der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 99/44/EG ist — lediglich — jede natürliche Person, die zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Damit ist von der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 99/44/EG und auch von der Entscheidung des EuGH vom 16.06.2011 nicht erfasst ein Kaufvertrag, bei dem der Käufer im Rahmen der beruflichen/gewerblichen Tätigkeit den Kaufvertrag schließt. Eine Bindungswirkung dieses Urteils des EuGH für die nationalen Gerichte auch in dem Bereich der vorgenannten gewerblichen/beruflichen Tätigkeit dürfte nicht anzunehmen sein.

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