Verjährung nach § 113 SGB VII

OLG Brandenburg, Urteil vom 9.12.2014 — Aktenzeichen: 3 U 48/13

Leitsatz
1. Voraussetzung für den Verjährungsbeginn nach § 113 SGB VII sei jedenfalls die bindende Feststellung der Leistungspflicht. Diese kann auch durch einen konkludenten Verwaltungsakt getroffen werden, der bereits in der Gewährung unfallversicherungsrechtlicher Einzelleistungen liegt.

2. Weitere Voraussetzung für den Beginn des Laufs der Verjährung ist die Kenntnis der Klägerin von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners. Hierfür kommt es auf die Kenntnis bei der zuständigen Regressabteilung des Unfallversicherungsträges an.

3. Nach dem Wortlaut des § 113 SGB VII ist anschließend eine taggenaue Berechnung vorzunehmen, wenn die Feststellung der Leistungspflicht nach der Kenntniserlangung liege. Wird die Kenntnis der Regressabteilung erst später, d. h. nach Feststellung der Leistungspflicht erlangt, kann die Verjährung nicht mit dem Tag der Feststellung zu laufen beginnen, da es an einer weiteren Voraussetzung für den Verjährungsbeginn fehlt. Daher muss dann auf den Schluss des Jahres, in dem die Kenntnis erlangt wurde, abgestellt werden.

Entscheidung
Voraussetzung für den Verjährungsbeginn nach § 113 SGB VII sei jedenfalls die bindende Feststellung der Leistungspflicht. Zu welchem Zeitpunkt diese vorliege, sei hinsichtlich jeder verletzen Person gesondert festzustellen. Das OLG schließt sich der in der Literatur vertretenen Auffassung an, dass die Feststellung der Leistungsverpflichtung auch durch einen konkludenten Verwaltungsakt getroffen werden könne, der bereits in der Gewährung unfallversicherungsrechtlicher Einzelleistungen, wie etwa der Auszahlung von Verletztengeld liegen könne (vgl. Möhlenkamp, VersR 2013, 544). Wäre ein förmlicher Bescheid Voraussetzung für den Beginn der Verjährung, würde in der überwiegenden Zahl der Fälle die Verjährung nicht vor dem Ablauf von 30 Jahren einsetzen und hätte es der Unfallversicherungsträger selbst in der Hand, den Beginn des Laufs der Verjährung zu bestimmen, obwohl er selbst, ausgehend von seiner Leistungsverpflichtung, Einzelleistungen erbracht hat, hinsichtlich derer regelmäßig keine schriftlichen Bescheide ergehen. Dies würde auch dem Sinn und Zweck des § 113 SGB VII widersprechen.

Weitere Voraussetzung für den Beginn des Laufs der Verjährung sei die Kenntnis der Klägerin von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners. Der Verweis auf § 199 Abs. 1 und 2. BGB wäre überflüssig bzw. inhaltlos, wenn man die Kenntnis nicht für erforderlich hielte.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes komme es auf die Kenntnis bei der zuständigen Regressabteilung des Unfallversicherungsträges an.

Diese Auffassung sei angesichts des Wortlautes des § 113 SGB VII, der ausdrücklich bestimme, dass die Frist von dem Tag der Feststellung angerechnet wird, an dem die Leistungspflicht festgestellt wird, überzeugend. In dieser Formulierung liege eine „andere Bestimmung des Verjährungsbeginns“ im Sinne von § 199 Abs. 1 Satz 1 BGB.Dies bedeute, dass jedenfalls dann, wenn die Feststellung der Leistungspflicht nach der — vom OLG für erforderlich gehaltenen — Kenntniserlangung liege und somit die Voraussetzungen für den Verjährungsbeginn erst mit dieser Feststellung vorliegen, eine taggenaue Berechnung vorzunehmen sei. Werde die Kenntnis der Regressabteilung allerdings erst später, d. h. nach Feststellung der Leistungspflicht erlangt, könne die Verjährung nicht mit dem Tag der Feststellung zu laufen beginnen, da es an einer weiteren Voraussetzung für den Verjährungsbeginn fehle. Somit könne es für diese Konstellation in Anwendung von § 199 Abs. 1 BGB wieder nur auf den Schluss des Jahres, in dem die Kenntnis erlangt wurde, ankommen.

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