Unklare Leistungsverzeichnisse – Wer trägt das Risiko?

OLG Köln, Urteil vom 23.12.2009 — Aktenzeichen: 11 U 173/09

Sachverhalt
Der Werkunternehmer erhält den Zuschlag für die Sanierung von Fahrbahnen. Im Leistungsverzeichnis werden in der Position „Fugenspalten“ die Maße „28-30mm“ und „8-40mm“ vorgegeben. Diese versteht der Werkunternehmer so, dass damit Spaltbreite und Spalttiefe gemeint ist — ein Irrtum, wie sich später herausstellt. Der Werkunternehmer verlangt nun eine zusätzliche Vergütung.

Entscheidung
Ohne Erfolg. Landgericht und Oberlandesgericht lehnen diesen Anspruch ab. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs legen die Richter das Leistungsverzeichnis – also den Vertragsinhalt — nach dem objektiven Empfängerhorizont eines Bieters aus und vertreten die Auffassung, dass der Werkunternehmer im vorliegenden Fall nicht davon ausgehen durfte, es seien hier Breite und Tiefe gemeint gewesen; vielmehr sei es naheliegend gewesen, dass mit der Kennzeichnung der Fugenspalten die Minimal- und Maximalbreite gemeint gewesen seien.

Letztlich habe aber der Werkunternehmer ein erkennbar lückenhaftes oder unklares Leistungsverzeichnis nicht einfach hinnehmen dürfen; vielmehr habe der bietende Werkunternehmer sich aus dem Leistungsverzeichnis ergebende Zweifelsfragen vor Abgabe des Angebots zu klären. Tut er dies nicht, sei er nicht schutzwürdig.

Mit anderen Worten: Bei unklaren Leistungsverzeichnissen geht der Werkunternehmer ein Risiko ein, wenn er die Fragen nicht vor Vertragsschluss klärt, sondern schweigt oder gar mit bestimmten unklaren Positionen „rechnet und spekuliert“.

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