Spezielles Feststellungsinteresse beim Haushaltsführungsschaden?

OLG Saarbrücken, Urteil vom 21.4.2016 — Aktenzeichen: 4 U 76/15

Leitsatz
Eine Klage, die auf die Feststellung gerichtet ist, dass der Schädiger dem Geschädigten aus der Unfallverletzung resultierenden Haushaltsführungsschaden zu ersetzen hat, ist zwar grundsätzlich neben einem bereits zugesprochenen Antrag auf Feststellung der allgemeinen zukünftigen Schadensersatzverpflichtung zulässig. Erforderlich ist jedoch, dass die Parameter für die Berechnung des zukünftigen Haushaltsführungsschaden — Minderung der Fähigkeit, den Haushalt zu führen etc. — konkret genannt werden.

Sachverhalt
Der Kläger erlitt als Fahrer seines Motorrollers infolge eines von dem Beklagten zu 1) mit seinem bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Pkw verschuldeten Unfalls eine distale Unterarmfraktur links mit distaler Radiusfraktur. Im Rahmen eines Prozesses verlangte er u.a. Haushaltsführungsschaden, der ihm auch zugesprochen wurde. Mit Urteil wurde zudem festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger alle zukünftigen aus der Unfallverletzung resultierenden materiellen und immateriellen Schaden zu erstatten.

In einem anschließenden Verfahren macht der Kläger nun knapp 8.500 € weiteren Haushaltsführungsschaden geltend sowie beantragt er die Feststellung, dass die Beklagten, die ihre Verpflichtung zum Ersatz weiteren Haushaltsführungsschadens insgesamt ablehnt haben verpflichtet sein, ihm weiteren Haushaltsführungsschaden zu ersetzen.

Entscheidung
Hat der Kläger auch an dieser erneuten Feststellungsklage ein berechtigtes Feststellungsinteresse, oder ist der Antrag wegen des ihm allgemein zugesprochenen Feststellungsanspruchs im Vorprozess unzulässig?

Das OLG bejaht zunächst die allgemeine Zulässigkeit einer solchen, auf einzelne Schadensersatzpositionen beschränkten (Folge-)Feststellungsklage, weist sie jedoch im konkreten Fall wegen fehlender Bestimmtheit letztlich als unzulässig ab:

Der bei einem Unfallereignis Verletzte kann, auch wenn er einen allgemein auf die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung des beklagten Schädigers gerichteten Klageantrag gestellt und zugesprochen erhalten hat, daneben ein rechtliches Interesse für einen auf Ersatz einer bestimmten Schadensposition gerichteten speziellen Feststellungsantrag haben. Der „allgemeine“ Feststellungsantrag soll die Ersatzverpflichtung der Beklagten als solche für Schäden aller Art, die — auch im Blick auf eine mögliche Verschlechterung der gesundheitlichen Situation des Geschädigten in der Zukunft — noch entstehen konnten, dem Streit der Parteien entziehen und insbesondere die hieraus resultierenden Ersatzansprüche vor einer möglicherweise drohenden alsbaldigen Verjährung schützen. Der zusätzlich gestellte konkrete Feststellungsantrag soll hingegen Klarheit über Inhalt und Umfang der Verpflichtung der Beklagten im Hinblick auf einen ganz genau beschriebenen einzelnen Schadensposten schaffen. Da diese Klärung durch den „allgemeinen“ Feststellungsausspruch keineswegs erreicht werden kann, hat der Kläger an seinem zusätzlichen Antrag ein eigenes rechtliches Interesse.

Dabei könne das Feststellungsinteresse jedoch nicht mit drohender Verjährung von Ansprüchen auf Ersatz eines Haushaltsführungsschadens begründet werden, weil die Verjährung etwaiger (auch zukünftiger) Ansprüche auf Grund eines rechtskräftigen Feststellungsurteils gehemmt sei. Dass das ursprüngliche Feststellungsurteil den Kläger nicht gegen die Verjährung der wiederkehrenden Leistungen absichere, was jedoch bei einer erneuten Feststellungsklage teilweise der Fall wäre, reiche nicht. Denn soweit rechtskräftig festgestellte Ansprüche nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt hätten, trete gemäß Abs. 2 der Vorschrift an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§§ 195, 199 BGB). In einem solchen Fall könne ausnahmsweise, insbesondere wenn der Schuldner flüchtig ist oder sonst keine Möglichkeiten bestehen, die Vollendung der Verjährung zu verhindern auch eine neuerliche Feststellungsklage zulässig sein, was nach Hemmung des Anspruchs gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB und Urteilserlass eine weitere Dreijahresfrist nach §§ 195, 199 BGB zur Folge hätte. Im Übrigen bedürfe es aber, solange dem Gläubiger die Möglichkeit eröffnet sei, durch Geltendmachung von Zahlungsansprüchen und vollstreckungsrechtliche Maßnahmen die Verjährung zu hemmen, keiner Ausnahme vom Wiederholungsverbot und keiner erneuten Inanspruchnahme des Prozessgerichts wegen einer Feststellungsklage.

Allein zum Schutz vor Verjährung von widerkehrenden Leistungen ist also eine „spezielle“ Feststellungsklage nicht zulässig.

Darüber hinaus vermochte die im vorliegenden Rechtsstreit begehrte Feststellung gerade keine Klarheit über Inhalt und Umfang der Verpflichtung der Beklagten im Hinblick auf einen ganz genau beschriebenen einzelnen Schadensposten zu schaffen, da der Kläger im Vorprozess nicht einmal einzelne Parameter für die Bemessung eines zukünftigen Haushaltsführungsschadens, etwa eine sogenannte MdH oder der zeitliche Umfang des dauerhaften Ausfalls des Klägers im Haushalt, festgelegt hatte.

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