„Sind Sie Arzt?“ „Nein, Student.“

OLG Karlsruhe, Urteil vom 29.1.2014

Sachverhalt
Die Klägerin ging gegen zwei Kliniken vor und stützte ihre auf Schmerzensgeld und Feststellung zukünftiger Schäden gerichtete Klage neben diversen Behandlungsfehlern auch auf eine Verletzung der Aufklärungspflicht. Nach Auffassung der Klägerin sei die Aufklärung des Patienten eine ärztliche Aufgabe, die nicht auf eine Studentin im praktischen Jahr delegiert werden könne.

Das Landgericht Karlsruhe war anderer Auffassung und wies ihre Klage auch deshalb zurück, weil die Durchführung des Aufklärungsgesprächs durch einen Medizinstudenten im praktischen Jahr unschädlich sei.

Entscheidung
Das OLG Karlsruhe bekräftigte die Richtigkeit der landgerichtlichen Entscheidung.

Nach ständiger Rechtsprechung stellt jeder ärztliche Heilangriff eine Körperverletzung dar, die grundsätzlich einer Rechtfertigung bedarf. Eine ausdrückliche Einwilligung setzt voraus, dass der Patient „im Großen und Ganzen“ wissen muss, worin er einwilligt. Deshalb muss er über die Art des Eingriffs und die wesentlichen Risiken informiert werden.

Grundsätzlich handelt es sich dabei auch um eine ärztliche Aufgabe, die zwar von einem anderen Arzt, nicht aber von Hilfspersonen wahrgenommen werden kann (BGH NJW 1974, 604). Denn die für die Aufklärung erforderlichen medizinischen Kenntnisse können bei nicht ärztlichem Personal grundsätzlich nicht erwartet werden.

Anders liegt es nach Auffassung des OLG Karlsruhe, wenn ein Medizinstudent im praktischen Jahr aufgrund seines Ausbildungsstandes unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung des ausbildenden Arztes in der Lage ist, die ihm zugewiesenen ärztlichen Verrichtungen durchzuführen. Dies entspricht dem Zweck des praktischen Jahres, die Anwendung des während des Studiums erworbenen ärztlichen Kenntnisse zu lernen und auch die praktischen Fähigkeiten zu erwerben.

Das OLG wies auch darauf hin, dass — eine ausreichende Anleitung und Aufsicht im Vorfeld vorausgesetzt — ein Arzt nicht bei jedem Aufklärungsgespräch durch einen Medizinstudenten anwesend sein muss. Denn anders als bei dem nachfolgenden Eingriff selbst kann bei der Aufklärung kein unvorhergesehener Notfall eintreten, der das sofortige Eingreifen eines Arztes erforderlich machen würde. Bei außergewöhnlichen Fragen könnte der Patient immer noch darauf bestehen, einen Arzt hinzuzuziehen.

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