Werkleistungen haben nicht immer etwas mit Bauleistungen zu tun – Achtung Abnahme!

OLG Brandenburg, Urteil vom 25.5.2010 — Aktenzeichen: 6 U 62/09

Leitsatz
Von einer stillschweigenden Abnahme ist auszugehen, wenn der Werkunternehmer aus dem Verhalten des Bestellers entnehmen kann, dass seine Leistung im Wesentlichen als vertragsgemäß angesehen werde.

Sachverhalt
Der Kläger betreibt eine Dienstleistungsagentur für Industrie und Handel. Zu ihrem Tätigkeitsfeld gehört auch die Durchführung von Inventuren, mit welchen die Beklagte den Kläger als Subunternehmer beauftragte. Vertraglich hatte sich die Beklagte verpflichtet, Inventuraufträge zu akquirieren und die Personalbedarfsplanung für die Vorbereitung und Durchführung der übernommenen Inventuren durchzuführen. Es wurden auch Inventuraufträge erteilt; die Beklagte war als Subunternehmerin tätig; die Beklagte wiederum schaltete den Kläger als Subunternehmer ein. Die Parteien vereinbarten, dass die Beklagte bestimmte Tagessätze für einen Inventurleiter zahlt. Der Kläger bzw. seine Mitarbeiter führten für die Beklagte einige Inventuren durch. Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses rechnete der Kläger ab. Der Beklagte meinte, die Vergütung sei gar nicht fällig; abgenommen habe er die Leistungen nicht.

Darüber stritten die Parteien durch die Instanzen.

Entscheidung
Das Oberlandesgericht führte in zweiter Instanz aus: Unstreitig haben die Parteien einen Vertrag über die Durchführung von Inventuren abgeschlossen. Dabei handelt es sich um einen Sammel-Werkvertrag gemäß § 631 BGB. Die Werklohnforderungen des Klägers sind nach einer stillschweigenden Abnahme durch die Beklagte nach § 641 Abs. 1 BGB fällig. Von einer stillschweigenden Abnahme ist auszugehen, wenn der Werkunternehmer aus dem Verhalten des Bestellers entnehmen kann, dass seine Leistung im Wesentlichen als vertragsgemäß angesehen werde. Der Kläger hat seine Leistungen für die Beklagte im Herbst 2008 abgeschlossen. Damit lag objektiv eine Abnahmesituation vor. Die Beklagte war in der Lage zu prüfen, ob der Kläger seine Leistungen ordnungsgemäß erbracht hat, indem sie mit ihren Auftraggebern Rücksprache nimmt. Gegenüber den Zahlungsaufforderungen des Klägers hat sich die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben nicht etwa dahingehend geäußert, dass sie die Leistungen des Klägers als nicht abnahmefähig ansehe, sondern sich gegenüber den offenen Forderungen des Klägers auf eine Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen berufen. Bei einem derartigen Verhalten darf der Kläger auf eine Abnahme schließen. Jedenfalls kann sich die Beklagte nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gegenüber einer Vergütungsklage nicht mit einer fehlenden Abnahme verteidigen. Denn bei Vorliegen einer mängelfreien und damit abnahmefähigen Leistung des Klägers ist die Beklagte zur Abnahme verpflichtet.

Praxishinweis:

Bei Werkleistungen nichtkörperlicher Art, also solcher, die man nicht anfassen kann, gerät die Abnahme gelegentlich aus dem Blick. Dies kann einem Auftragnehmer schnell zum Verhängnis werden. Um die Fälligkeit seiner Vergütungsforderung herbei zu führen, muss der Auftragnehmer eine Abnahme erreichen. Diese kann — und das zeigt die Entscheidung — auch stillschweigend geschehen, etwa durch rügelose Inbenutzungnahme der Werkleistung oder durch Ausgleich der Rechnung.

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