Schadensersatz bei Baukostenüberschreitung?

BGH, Urteil vom 6.10.2016 — Aktenzeichen: VII ZR 185/13

Leitsatz
1. Hat der Architekt eine mit dem Auftraggeber vereinbarte Baukostenobergrenze nicht eingehalten, kann dem Auftraggeber ein Schadensersatzanspruch zustehen. Der auf die Nichteinhaltung einer solchen Obergrenze gestützte Schadensersatzanspruch führt dazu, dass der Architekt den sich aus der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure ergebenden Honoraranspruch auf der Grundlage der anrechenbaren Kosten insoweit nicht geltend machen kann, als dieser das Honorar überschreitet, welches sich ergäbe, wenn die anrechenbaren Kosten der vereinbarten Baukostenobergrenze entsprochen hätten.
2. Beruft sich der Auftraggeber auf eine Überschreitung einer vereinbarten Baukostenobergrenze, trägt er die Darlegungs- und Beweislast für die von ihm behauptete Beschaffenheitsvereinbarung.

Sachverhalt
In dem zu beurteilenden Fall verlangt ein Architekt von dem Bauherrn restliches Architektenhonorar. Die Parteien streiten um die Frage, ob bei der ursprünglich vorgelegten Kostenschätzung im Rahmen eines Planungsgespräches seitens des Bauherren mitgeteilt worden sei, dass maximale Baukosten von 600.000,00 € entstehen dürften und ob sich der Architekt hiermit einverstanden erklärt habe. Insbesondere trägt der Architekt vor, er habe eine Baukostenschätzung übergeben, die statt des behaupteten Budgets von 600.000,00 € zu erwartende Kosten von 1,2 Mio. Euro ausgewiesen habe. Dies habe der Bauherr akzeptiert.
Das Landgericht und anschließend auch das Oberlandesgericht sprachen dem Architekten Honorar lediglich auf Basis einer Baukostenobergrenze bzw. anrechenbaren Kosten von 586.206,90 €. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Architekt habe nicht beweisen können, dass es nicht zu der von der Beklagten behaupteten Vereinbarung der Baukostenobergrenze gekommen sei. Insoweit sei also der Architekt beweisbelastet gewesen.

Entscheidung
Diese Rechtsauffassung hält der BGH für unzutreffend und verweist den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht zurück.

Der Bundesgerichtshof hält fest, dass dem Auftraggeber zwar grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch zustehen kann, wenn eine vereinbarte Baukostenobergrenze nicht eingehalten wird. Die Planungsleistung eines Architekten entspreche dann nicht der vereinbarten Beschaffenheit, wenn sie ein Bauwerk zum Gegenstand habe, dessen Errichtung höhere Baukosten erfordere, als sie von den Parteien konkret vereinbart seien. Insofern führt der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung fort, dass der Architekt verpflichtet ist, Planungsvorgaben des Auftraggebers zu den Baukosten des Bauwerks zu beachten.

Der Bundesgerichtshof weist zudem darauf hin, dass die Nichteinhaltung einer vereinbarten Kostenobergrenze zu einem Schadensersatz führen kann und insofern der Honoraranspruch deutlich reduziert sein kann, nämlich auf das Maß, welches sich ergeben würde, wenn die anrechenbaren Kosten die vereinbarte Baukostenobergrenze nicht überschritten hätten.

Entscheidend ist jedoch, dass der Bauherr zunächst darlegen und beweisen muss, inwiefern die Parteien überhaupt eine Vereinbarung zu einer Baukostenobergrenze getroffen haben. Der Bundesgerichtshof hält fest, dass der Auftraggeber, der sich auf eine Überschreitung einer vereinbarten Baukostenobergrenze beruft, hierfür die Darlegungs- und Beweislast trägt. In der Vorinstanz war jedoch gerade unklar geblieben, ob es a) eine Vereinbarung über eine niedrigere Baukostenobergrenze von 600.000,00 € und b) ggf. eine Zustimmung des Bauherrn zu Baukosten von 1,2 Mio. Euro gab.

Praxishinweis
Sowohl der Bauherr als auch der Architekt sind gut beraten, rechtssichere Vereinbarungen zu treffen — auch dazu, ob und in welcher Höhe z.B. Baukosten limitiert sein sollen. Die Entscheidung zeigt, dass eine Rechtsberatung bereits im Zusammenhang mit dem Abschluss der Bauverträge bzw. Architektenverträge sinnvoll ist.

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