Mangel eines Bauproduktes

OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.01.2023 – 22 U 300/21

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist Betreiberin einer Kläranlage. Sie beauftragte die Beklagte mit der Betonsanierung und Beschichtung eines Belebungsbeckens der Anlage. In diesem Becken werden Abwässer dergestalt gereinigt, dass es zu einem Angriff des Betons durch entstehende Schwefelsäure kommen kann. Die zu verwendende Beschichtung sollte Säureresistent sein.

Einige Zeit nach Abnahme und Wieder-Inbetriebnahme des Belebungsbeckens traten Mängel an der Beschichtung auf. Im vorausgegangen selbstständigen Beweisverfahren hatte der gerichtlich bestellte Sachverständige eine zu geringe Schichtdicke der Beschichtung sowie die Verwendung von bauordnungsrechtlich nicht zugelassener Bauprodukte festgestellt.

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin einen Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung in Höhe von 340.000,00 € geltend gemacht. Die Beklagte hat eingewandt eine „Nicht-Verwendung“ der Baustoffe sei nicht erforderlich. Jedenfalls weise das auf das verwendete Produkt folgende Produkt eine bauaufsichtsrechtliche Genehmigung auf. Ohnehin komme es für die Eignung der verwendeten Beschichtung als Baustoff allein auf die Normen für Beschichtungen an.

Das Landgericht Krefeld hat der Klage mit Urteil vom 25.11.2021 stattgegeben (Az.: 5 O 331/19).

 

Entscheidung

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat das landgerichtliche Urteil im Wesentlichen aufrechterhalten.

Zur Begründung hat der Senat festgestellt, bei Aufträgen zur Betonsanierung und Beschichtung müssten die verwendeten Bauprodukte sowohl den Normen für die Betonsanierung als auch den Normen der Beschichtung entsprechen. Wäre dieses nicht der Fall, ergebe sich bereits hieraus das Vorliegen eines werkvertraglichen Mangels.

Wären sowohl Betonarbeiten als auch Beschichtungsarbeiten auszuführen, müssten in die eingesetzten Bauprodukte sowohl den einschlägigen Normen für Betonarbeiten als auch den einschlägigen Normen für Beschichtungsarbeiten entsprechen. Auch eine Zulassung eines „Nachfolgeprodukts“ vermöge eine Zulassung des verwendeten Produkts nicht zu ersetzen. Dies gelte selbst dann, wenn der Hersteller eine Rezepturgleichheit beider Produkte bescheinigt. Jedenfalls könne ein Auftraggeber eine Kombination von Bauprodukten nicht verwenden, wenn vor der Abnahme des Werks noch keine gesicherten Erkenntnisse über deren Dauerhaftigkeit vorlägen.

Ebenfalls dürfe ein Bauprodukt, dass weder über eine CE-Zulassung noch über eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung verfüge, nicht verwendet werden.

In einem Fall wie dem vorliegenden habe der Auftraggeber gegen den Auftragnehmer einen Vorschussanspruch auf Basis der voraussichtlich anfallenden erforderlichen Aufwendungen. Maßgeblich seien die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit entstehenden Sanierungskosten.

Bestünde Streit über die Frage, ob der Vorschuss nach einer günstigeren oder teureren Mangelbeseitigungsmethode zu bemessen sei, müsse Beweis darüber erhoben werden, ob der Mangel nur mit der teureren Methode behoben werden könne. Dieser Streit/diese Entscheidung dürfe nicht dem Verfahren über die Abrechnung des Vorschusses, dass regelmäßig dem Verfahren über die Zahlung eines Vorschusses nachfolgt, vorbehalten bleiben.

 

Praxishinweis

Die vorliegende Entscheidung zeigt nachdrücklich, dass mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein Mangel bereits dann vorliegen kann, wenn ein solcher noch nicht einmal körperlich eingetreten ist. Ausreichend ist viel mehr, dass bereits die „formalen Anforderungen“ an das Bauprodukt nicht eingehalten sind.

Bei der Benutzung von Bauprodukten ist vor deren Verwendung also auch stets deren Zulassung zu prüfen.

 

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