Kostenerstattungsanspruch des Streithelfers auch ohne Beitritt im Hauptsacheverfahren

BGH, Urteil vom 5.12.2013 — Aktenzeichen: VII ZB 15/12

Lange war die Frage in Rechtsprechung und Literatur ungeklärt: Nun hat der BGH entschieden, dass ein Streithelfer im selbständigen Beweisverfahren auch dann einen Anspruch auf Kostenerstattung haben kann, wenn er im Hauptsacheverfahren nicht beigetreten ist.

Leitsatz
Eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren über die Kosten eines im selbständigen Beweisverfahren beigetretenen Streithelfers setzt dessen Beitritt im Hauptsacheverfahren nicht voraus.

Sachverhalt
In einem selbständigen Beweisverfahren trat der Streitverkündete auf Seiten der Antragsgegnerin und späteren Beklagten bei. An das Beweisverfahren schloss sich ein Klageverfahren an. In diesem Rechtsstreit unterlag die Beklagte. Nun begehrte der Streitverkündete die Feststellung, dass die Klägerin auch die Kosten der Streithilfe zu tragen habe.

Das Gericht verneinte einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch zugunsten des Streithelfers, der lediglich im selbständigen Be-weisverfahren, nicht jedoch im Hauptsacheverfahren der (teilweise) obsiegenden Partei beigetreten ist, mit der Begründung, für eine Entscheidung über die Kosten nicht beteiligter Dritter fehle eine Rechtsgrundlage. Es sei kein Grund ersichtlich, den im Hauptsacheverfahren nicht beigetretenen Streithelfer des Beweisverfahrens anders zu behandeln als eine von mehreren Parteien eines selbständigen Beweisverfahrens, die später nicht Partei des Hauptsacheverfahrens werde. Über deren außergerichtliche Kosten werde im Hauptsacheverfahren eine Entscheidung nicht getroffen. Aus der entsprechenden Anwendung der Vorschriften über die Nebenintervention ergebe sich kein Automatismus dahingehend, dass ein im Beweisverfahren Beigetretener auch im Hauptsacheverfahren ohne Weiteres Streithelfer werde.

Entscheidung
Dies beurteilt der BGH anders. Der Streithelfer sei zunächst befugt einen Antrag auf Entscheidungsergänzung analog § 321 Abs. 1 ZPO zu stellen. Die hierfür maßgebliche Frist beginne erst mit Zustellung des Kostenbeschlusses an den Streithelfer. Über die Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens sei grundsätzlich in dem sich anschließenden Hauptsacheverfahren zu entscheiden. Da das Beweis- und das Hauptsacheverfahren kostenrechtlich eine Einheit bilden, umfassen die Kosten des Rechtsstreits stets auch die Kosten eines vorausgegangenen selbständigen Beweisverfahrens, wenn zumindest ein Teil der Streitgegenstände und die Parteien identisch sind. § 101 ZPO sei auch dann anwendbar, wenn der Streithelfer des Beweisverfahrens im Hauptverfahren nicht beitrete. Das Gericht des Hauptverfahrens müsse daher auch über die Kosten des Streithelfers entscheiden.

Praxishinweis
Der Sachverhalt der Entscheidung selbst ist jedoch etwas irritierend, denn der BGH führt aus, dass die Beklagte im Hauptsacheverfahren unterlegen sei. Dann gäbe es jedoch materiell-rechtlich eigentlich keinen Erstattungsanspruch der Streithelferin der Beklagten gegen die Klägerin (Grundsatz der Kostenparallelität). Möglicherweise war es so, dass einige Teile des Beweisverfahrens nicht mehr Gegenstand des Hauptsacheverfahrens waren und die Beklagte insoweit nicht vollständig unterlegen war. Möglicherweise wurden auch im Rahmen des Anerkenntnisurteils nicht sämtliche Kosten der Beklagten auferlegt. Letztlich ist dies aber für die grundsätzliche Bedeutung der Entscheidung nicht wichtig, mit welcher der BGH einen längeren Streit um die Erstattungsfähigkeit der Kosten beendet hat. Der BGH weist zutreffend darauf hin, dass es reiner Formalismus wäre, wenn der Streithelfer dem Hauptsacheverfahren nur mit dem Ziel beitreten müsse, eine Kostenentscheidung zu seinen Gunsten herbeizuführen. Unabhängig von seinem Beitritt sei über die Kosten des Streithelfers von Amts wegen zu befinden. Dies liege im Interesse aller Beteiligten. Damit wird nun Klarheit für zukünfigte Fälle geschaffen.

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