Fristlose Kündigung aufgrund Mietrückstand

BGH, Urteil vom 08. Dezember 2021, VIII ZR 32/20

(Leitsätze)

Die Erheblichkeit des zur außerordentlichen fristlosen Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs berechtigenden Mietrückstands ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB allein nach der Gesamthöhe der beiden rückständigen Teilbeträge zu bestimmen. Danach ist der Rückstand jedenfalls dann nicht mehr unerheblich, wenn er die für einen Monat geschuldete Miete übersteigt. Für eine darüberhinausgehende gesonderte Bewertung der Höhe der einzelnen monatlichen Rückstände im Verhältnis zu jeweils einer Monatsmiete und damit für eine richterliche Anhebung der Anforderungen an eine außerordentliche fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs lässt das Gesetz keinen Raum.

 

Sachverhalt

Die Klägerin, Vermieterin einer Wohnung in Berlin, kündigte der beklagten Mieterin wegen Zahlungsrückständen in Höhe von insgesamt 839 Euro im Februar 2018.

Die Mieterin schuldete ihr von der monatlichen Miete in Höhe von 704 Euro im Januar 2018 noch 135 Euro und im Februar die gesamte Miete.
Der Mieterin wurde daraufhin gekündigt und eine Räumungsfrist bis zum 31.01.2019 zugeschrieben. Zur Zeit der Kündigung sei die Beklagte mit der Miete für zwei aufeinanderfolgende Monate in Verzug gewesen, weshalb die außerordentliche fristlose Kündigung wirksam sei.

Das Landgericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass der Gesamtbetrag des Rückstands zwar eine Monatsmiete übersteige, jedoch der Verzug im ersten Monat nur “19 % der Gesamtmiete“ ausmache. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass ein erheblicher Rückstand der Miete – der nach § 543 II 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB erforderlich ist – erst beim Verzug eines Mietanteils von etwa der Hälfte einer monatlichen Miete gegeben sei.

 

Entscheidung

Der Mietsenat des BGH widerspricht dem Landgericht und hebt das Urteil auf.

Erforderlich für eine außerordentliche fristlose Kündigung des Mietverhältnisses ist laut Gesetz ein wichtiger Grund i.S.v. § 543 BGB. Dieser liegt laut Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a Alt. 2 dann vor, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist.

Die für alle Mietverhältnisse geltende Vorschrift § 543 II 1 Nr. 3a Alt. 2 BGB lässt offen, wann von einem „nicht unerheblichen Teil“ der Miete auszugehen ist. Der Gesetzeswortlaut in dieser Vorschrift „für zwei aufeinanderfolgende Termine“ bezieht sich darauf, dass der Mieter „für“ beide Termine im Verzug mit der Miete ist. Es bestehe kein Zusatz, der verlangt, dass beide aufeinanderfolgenden Einzelrückstände jeweils als „nicht unerheblich“ zu gelten hätte. Daher müsse dies unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgelegt werden.

Dem Schutzzweck des § 569 III Nr. 1 S. 1 BGB gebiete es nicht die Erheblichkeitsschwelle über den Gesamtrückstand hinaus auch zusätzlich an dem Verhältnis der Einzelrückstände zu der jeweils geschuldeten Monatsmiete zu messen. In dieser Norm solle lediglich die kündigungsbewehrte Schwelle der Erheblichkeit des Mietrückstands unter Beachtung beiderseitigen Interessen ausgewogen bestimmt werden. Bei einem Verzug von mehr als zwei aufeinanderfolgenden Terminen sei die Fortsetzung des Mietverhältnisses dann für den Vermieter unzumutbar.

Laut BGH sei das Mietverhältnis der streitenden Parteien somit zurecht durch eine außerordentliche fristlose Kündigung beendet worden, da die Mieterin mit einem erheblichen Teil der Miete in Verzug gewesen sei. Eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzug sei nach der Gesamthöhe der beiden rückständigen Teilbeträge zu bestimmen. Als nicht unerheblich gelte daher bereits ein Betrag, der die geschuldete Miete für einen Monat übersteige (§ 569 III Nr. 1 S. 1 BGB). Dem stehe auch nicht entgegen, dass die geschuldete Miete vom Januar (135 Euro von 704 Euro) für sich allein betrachtet als unerheblich zu werten sei.

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