Aufsichtspflicht im psychiatrischen Krankenhaus

AG Kassel, Urteil vom 29.1.2015 — Aktenzeichen: 435 C 5598/13

Sachverhalt
Die Klägerin hielt sich aufgrund einer psychischen Erkrankung in einem von der Beklagten betriebenen psychiatrischen Krankenhaus auf. Dort befand sich auch eine weitere Patientin aufgrund einer psychotischen Erkrankung. Die weitere Patientin griff die Klägerin an, die dadurch eine offene Wunde an der Kopfhaut sowie eine Gehirnerschütterung erlitt.

Die Klägerin warf der Beklagten vor, ihre Aufsichtspflichten verletzt zu haben.

Entscheidung
Das Amtsgericht Kassel wies die auf Schmerzensgeld gerichtete Klage ab.

Zwar bejahte es grundsätzlich Fürsorgepflichten des Trägers einer psychiatrischen Klinik. Im vorliegenden Fall war die Beklagte jedoch nicht verpflichtet, weitere Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Die Klinik war nach Auffassung des Gerichts nicht verpflichtet, mehr Personal einzustellen, um die weitere Patientin häufiger zu überwachen.

Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens ging das AG Kassel ferner davon aus, dass es auch keiner höherdosierten Medikation bedurfte; eine solche wäre medizinisch nicht mehr vertretbar gewesen. Schließlich nahm das Gericht an, dass auch freiheitsentziehende Maßnahmen nicht angezeigt gewesen wären. Der bloße Umstand, dass anfallartige Fremdgefährdungen durch gewalttätige Ausbrüche bei einem psychisch erkrankten festgestellt werden können, rechtfertigt wegen der erforderlichen Abwägungen mit den Freiheitsrechten des betroffenen Patienten keine gesteigerten freiheitsentziehenden Maßnahmen. Anfallartige Ausbrüche sind nämlich nur von vorübergehender Dauer. Hierbei berücksichtigte das Amtsgericht, dass es in den 10 Wochen vor dem Vorfall zu sechs anderen Vorfällen gekommen war, von denen jedoch drei im Versuchsstadium „stecken geblieben“ waren; zwei weitere Vorfälle beurteilte es als weniger gravierend.

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