Neue Rechtsprechung des BAG

Bundesarbeitsgericht — Aktenzeichen: 10 AZR 330/16 (A)

Sachverhalt
Der Kläger war für die Beklagte am Standort Dortmund beschäftig. Nach einer außerordentlichen Kündigung wegen Arbeitszeitbetruges und einer dagegen gerichteten Kündigungsschutzklage, die in beiden Instanzen erfolgreich war, teilte die Beklagte dem Kläger mit, er werde ab November 2014 am Standort Berlin eingesetzt. Der Kläger nahm die Tätigkeit in Berlin nicht auf, worauf hin die Beklagte ihn abmahnte und schließlich fristlos, hilfsweise fristgemäß zum Ende des Jahres 2015 kündigte.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Versetzungsweisung sei unwirksam und er habe sie nicht befolgen müssen; die Abmahnungen seien unwirksam und er habe Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung.

Entscheidung
Mit Beschluss vom 14.06.2017 hat der der 10. Senat des BAG die Auffassung vertreten, dass ein Arbeitnehmer nach § 106 S. 1 GewO sowie § 315 BGB nicht – auch nicht vorläufig – an eine Weisung des Arbeitsgebers gebunden sei, die die Grenzen billigen Ermessens nicht wahrt. Da er damit von der Rechtauffassung des 5. Senates abweiche, fragte der 10. Senat bei diesem an, ob dieser an seiner Rechtsauffassung festhalte. Bislang hatte dieser nämlich vertreten, dass es unerheblich sei, ob die Zuweisung der Tätigkeit billigem Ermessen entspreche oder nicht; eine unbillige Leistungsbestimmung war nach der Rechtsprechung des BAG nicht nichtig, sondern nur unverbindlich (vgl. § 315 Abs. 3 S. 1 BGB); bei Streit über die Verbindlichkeit entscheide das Gericht; deshalb dürfe sich der Arbeitnehmer über eine unbillige Ausübung des Direktionsrechts, sofern sie nicht aus anderen Gründen unwirksam sei, nicht hinwegsetzen, sondern müsse das Gericht für Arbeitssachen anrufen und der Weisung zunächst nachkommen; er sei an die Ausübung des Direktionsrechts vorläufig gebunden, bis ein rechtskräftiges Urteil den Umfang der Leistungsbestimmung feststelle.

Diese Rechtsprechung hat der 5. Senat des BAG nun auf die Anfrage hin ausdrücklich aufgegeben, weshalb für die Zukunft eher davon auszugehen ist, dass unbillige Arbeitsanweisungen nicht befolgt werden müssen.

Das Risiko, dass sich eine Arbeitsanweisung als billig und rechtmäßig erweist, trägt dann aber der Arbeitnehmer. Ist er der Weisung nicht nachgekommen, muss er die vollen arbeitsrechtlichen Konsequenzen tragen. Der Arbeitgeber hingegen kann diese nicht schon veranlassen, wenn der Arbeitnehmer sich der (aus seiner Sicht) unbilligen Maßnahme widersetzt.

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