Nachträgliche Forderung von Umsatzsteuer für an Bauträger erbrachte Leistungen

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OLG Köln, Urteil vom 4.8.2016 — Aktenzeichen: 7 U 177715

Leitsatz
1. Ein Bauvertrag mit einem Bauträger, der Nettozahlungen vorsieht und einen Übergang der Umsatzsteuerschuld auf den Bauträger erwähnt, ist angesichts des in Wahrheit unterbleibenden Übergangs dahin ergänzend auszulegen, dass der Bauträger dem Bauunternehmer auch die Umsatzsteuer auf den Werklohn schuldet.

2. Der Umsatzsteueranteil des Werklohns beginnt erst zu verjähren, wenn die Finanzverwaltung die Umsatzsteuer beim Bauunternehmer anfordert.

Sachverhalt
Ein Bauunternehmen führte in den Jahren 2008 bis 2012 Leistungen für die Beklagte aus. Es wurden jeweils Netto-Rechnungen erstellt. In den Verträgen war die Regelung enthalten, dass die Umsatzsteuerschuld auf die Beklagte als Leistungsempfänger gem. § 13 b UStG übergehe.

Diese Regelung basierte auf der Verwaltungsanweisung, welche genau dieses Vorgehen vorsah, nämlich dass der Bauträger als Steuerschuldner die Umsatzsteuer an den Fiskus zahlte. Mit Urteil vom 22.08.2013 entschied der Bundesfinanzhof jedoch, dass diese Verwaltungsanweisung unzutreffend sei. Die Beklagte beantragte sodann beim zuständigen Finanzamt, dass nicht mehr sie als Steuerschuldnerin für die erbrachten Bauleistungen gelten solle und begehrte die entrichtete Umsatzsteuer für die Rechnungen aus den Jahren 2008 bis 2012 zurück. Daraufhin unterrichtete das Finanzamt das Bauunternehmen und erklärte, dass nunmehr dieses Steuerschuldner sei. Es forderte auf, nunmehr Rechnungen auszustellen, die die Umsatzsteuer ausweisen und die Umsatzsteuer anzumelden. Das Bauunternehmen war zwischenzeitlich insolvent geworden. Der Insolvenzverwalter stellte daraufhin korrigierte Rechnungen aus. Die ausstehende Umsatzsteuer war als Nachforderung Gegenstand der Klage. Die Beklagte bezahlte die Umsatzsteuer für das Jahr 2012. Im Hinblick auf die ausstehende Umsatzsteuer für die Jahre 2008 bis 2011 erhob sie jedoch die Einrede der Verjährung.

Entscheidung
Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht Köln kamen zu dem Ergebnis, dass dem Insolvenzverwalter die Umsatzsteuer auch für die Rechnungen der Jahre 2008 bis 2011 zusteht. Soweit die Parteien im Vertrag geregelt hatten, dass die Umsatzsteuerschuld auf die Beklagte als Leistungsempfänger gem. § 13 b UStG übergehen solle, sei der Vertrag ergänzend auszulegen. Die Parteien hätten diese Übertragung nicht abschließend verstanden, also nicht geltend für den Fall wie hier, dass die Umsatzsteuer durch die Finanzverwaltung an die Beklagte zurückerstattet würde, um sodann vom leistenden Unternehmer nachgefordert zu werden. Die danach bestehende Vertragslücke sei nach dem Vertragszweck bei sachgemäßer Abwägung der beiderseitigen Interessen auszulegen und zu prüfen, was die Parteien vereinbart hätten, wenn sie den offengebliebenen Punkt bedacht hätten. In diesem Zusammenhang sei darauf abzustellen, dass nach dem im Vertrag zum Ausdruck gebrachten Willen der Parteien letztlich die Beklagte die Umsatzsteuer tragen sollte. Daraus ließ sich nach Meinung des Oberlandesgerichts Köln schlussfolgern, dass für den Fall, dass die Steuerschuld nachträglich anders festgesetzt wird, der Bauträger die Umsatzsteuer zusätzlich dem leistenden Unternehmer schuldet.

Letztlich greife auch die Verjährungseinrede nicht durch. Die Verjährungsfrist beginne nicht bereits mit Entstehen der Forderung des Unternehmers, sondern hänge auch von der Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände ab. Hier sei aber erst der Umstand, dass die Beklagte die Rückerstattung der gezahlten Umsatzsteuer von der Finanzverwaltung verlangt habe, Anlass dafür gewesen, dass das Bauunternehmen bzw. der Insolvenzverwalter aufgefordert worden sei, die Umsatzsteuer zu leisten. Insoweit sei erst zu diesem Zeitpunkt die Kenntnis vorhanden gewesen und habe erst dann die Verjährungsfrist beginnen können.

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