Mängelrügen per Mail? Geht das?

OLG Köln, Urteil vom 22.6.2016 — Aktenzeichen: 16 U 145/15

Die Abwicklung eines Bauvorhabens ohne E-Mail-Verkehr ist heutzutage undenkbar. Pläne, Verträge, Nachträge, Mängelrügen — all dies wird per Mail übermittelt. Kontrovers beurteilt wird, ob eine Mail die Verjährungsfrist für Mängelansprüche verlängern kann, wie es § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B vorsieht. Das OLG Köln sagt ja.

Leitsatz
Eine Mängelrüge per E-Mail erfüllt das Schriftformerfordernis des § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B. Auch mit einer „einfachen“ E-Mail kann die Verjährungsfrist für Mängelansprüche deshalb wirksam verlängert werden.

Sachverhalt
Die klagende Stadt verlangt vom beauftragten Fensterbauer Kostenerstattung für die Beseitigung von Mängeln an Fenstern eines Schulgebäudes. Die Vertragsparteien hatten die VOB/B 2002 und eine Gewährleistungszeit von fünf Jahren vereinbart. Nach Abnahme am 03.08.2005 zeigten sich in 2009 Mängel. Die Stadt übersandte am 09.06.2010, also vor Ablauf der fünf Jahre per Mail eine Mängelrüge, von der sich der Fensterbauer nichts annahm. Am 08.06.2012 reichte die Stadt Klage ein.

Die Parteien stritten um die Frage der Verjährung und darüber, ob die Mängelrüge per Mail nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B eine neue Verjährungsfrist von zwei Jahren in Gang gesetzt hat. Eine solche Mängelrüge setzt allerdings Schriftform voraus.

Entscheidung
Das OLG Köln hielt die Forderung nicht für verjährt. Diese Entscheidung ist nun rechtskräftig geworden.

Das OLG Köln hat auf § 127 Abs. 2 BGB abgestellt, wonach zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form — davon ist durch die vertragliche Einbeziehung der VOB/B auszugehen, da die VOB/B nur dann gilt, wenn die Parteien dies explizit vereinbaren — auch die telekommunikative Übermittlung reicht. Es reicht also ein Fax oder eine Mail, nicht aber eine fernmündliche Übermittlung.

Anmerkung
Diese Entscheidung überzeugt. Soweit andere Oberlandesgerichte die Rechtsfrage anders beurteilt haben, wurde die spezielle Regelung im BGB übersehen. Diese Rechtsprechung ist allerdings nicht anwendbar in Fällen, in denen durch Gesetz eine Schriftform vorgesehen ist.

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