Mängelbeseitigungskosten sind konkret vorzutragen!

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BGH, Urteil vom 25.6.2015 — Aktenzeichen: VII ZR 220/14

Leitsatz
Verlangt der Auftraggeber Ersatz der von ihm aufgewendeten Mängelbeseitigungskosten, so hat er darzulegen, dass die durchgeführten Maßnahmen der Mängelbeseitigung dienten. Es besteht keine Vermutung, dass stets sämtliche von einem Drittunternehmer im Zuge einer Mängelbeseitigungsmaßnahme durchgeführten Arbeiten ausschließlich der Mängelbeseitigung dienen. Ein im Verhältnis zum Auftragnehmer schützenswertes Vertrauen des Auftraggebers, der Drittunternehmer werde nur Arbeiten zur Mängelbeseitigung durchführen, besteht nicht.

Sachverhalt
Der Kläger begehrt von den Beklagten Schadensersatz wegen mangelhafter Errichtung eines Parkdecks. Nachdem in vorangegangenen Beweisverfahren ein Sachverständiger die Sanierungsbedürftigkeit des Parkdecks bestätigt hatte, ließ der Kläger das Parkdeck durch ein Drittunternehmen auf Stundenlohnbasis sanieren, welches einen Betrag in Höhe von 183.604,71 Euro in Rechnung stellte. Der Kläger obsiegt in der ersten und zweiten Instanz und erhält den Großteil der aufgewendeten Kosten zugesprochen. Insbesondere ist das Berufungsgericht der Ansicht, soweit der Drittunternehmer von der Klägerin auf Stundenlohnbasis mit der Mängelbeseitigung beauftragt worden sei, liege hierin kein den Anspruch minderndes Mitverschulden. Dem Auftraggeber stehe das Recht zu, einen vom Auftragnehmer nicht beseitigten Mangel rasch und zuverlässig zu beheben. Er könne alle Aufwendungen ersetzt verlangen, die zur Mängelbeseitigung erforderlich seien. Abzustellen sei darauf, was der Auftraggeber als vernünftig, wirtschaftlich denkender Bauherr im Zeitpunkt der Beauftragung des Dritten für erforderlich habe halten dürfen, wobei es sich um eine vertretbare Maßnahme der Schadensbeseitigung handeln müsse. Der Auftraggeber sei insbesondere berechtigt, die Arbeiten auf Stundenlohnbasis zu vergeben, wenn er generell oder jedenfalls in zumutbarer Zeit keinen zuverlässigen Unternehmer finden könne, der zur Übernahme der Arbeiten auf Einheitspreisbasis oder zu einem angemessenen Pauschalpreis bereit sei.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof bestätigt im Wesentlichen die Entscheidungen der Vorinstanzen, führt jedoch sehr instruktiv zu den Voraussetzungen aus, die an die Erstattungsfähigkeit von Mangelbeseitigungskosten zu stellen sind:

Demnach sind dem Auftraggeber nach diejenigen Kosten zu ersetzen, die für die Mängelbeseitigung erforderlich gewesen sind. Für die Bewertung der Erforderlichkeit ist auf den Aufwand und die damit verbundenen Kosten abzustellen, welche der Auftraggeber im Zeitpunkt der Mängelbeseitigung als vernünftiger, wirtschaftlich denkender Auftraggeber aufgrund sachkundiger Beratung oder Feststellung aufwenden konnte und musste, wobei es sich um eine vertretbare Maßnahme der Schadensbeseitigung handeln muss. Ob die von einem Drittunternehmer verlangten Preise als erforderliche Aufwendungen erstattungsfähig sind, hängt vom Einzelfall ab. Der Auftraggeber darf nicht beliebig Kosten produzieren. Die Kosten sind überhöht, wenn eine preiswertere Sanierung, die den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführt, erkennbar möglich und zumutbar war. Bei der Würdigung, welche Maßnahme zu welchen Preisen möglich und zumutbar war, ist zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber nicht gehalten ist, im Interesse des säumigen und nachbesserungsunwilligen Auftragnehmers besondere Anstrengungen zu unternehmen, um den preisgünstigsten Drittunternehmer zu finden. Er darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass der Preis des von ihm beauftragten Drittunternehmers angemessen ist. Einen überhöhten Preis kann er auch dann akzeptieren, wenn ihm keine andere Wahl bleibt, etwa weil die Sache dringend ist. Hat der Auftraggeber sich sachverständig beraten lassen, so kann er Ersatz seiner Aufwendungen auch dann verlangen, wenn sich später herausstellt, dass die von ihm durchgeführte Sanierung zu aufwändig war und eine preiswertere Möglichkeit bestand.

Der BGH schränkt dies zwar dahingehend ein, dass der Auftraggeber nicht beliebige Kosten verursachen dürfe. Für den Kläger sei jedoch eine preisgünstigere Sanierungsmöglichkeit zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe nicht erkennbar gewesen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sei der gesamte Umfang der Sanierungsmaßnahmen zum Zeitpunkt der Beauftragung noch nicht absehbar gewesen. Vor diesem Hintergrund sei für den Kläger nicht ersichtlich gewesen, auf welcher Abrechnungsbasis die Mängelbeseitigung am günstigsten durchgeführt werden konnte.

Aber: Nur diejenigen Aufwendungen, welche der Auftraggeber als vernünftiger und wirtschaftlich denkender Bauherr im Zeitpunkt der Beauftragung des Dritten für angemessen halten durfte, stellen erforderliche Kosten dar und sind ersatzfähig. Dabei hat Auftraggeber die Erforderlichkeit der Mängelbeseitigung und deren Kosten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, wobei an die Darlegung grundsätzlich keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind. Zum Vortrag gehört eine nachvollziehbare Abrechnung der Mängelbeseitigungsaufwendungen. Der Auftragnehmer muss in die Lage versetzt werden, die abgerechneten Arbeiten daraufhin zu überprüfen, ob sie zur Ersatzvornahme erforderlich waren. Insbesondere bei der Abrechnung von Stundenlohnarbeiten ist bei Bestreiten des Auftragnehmers detaillierter Vortrag des Auftraggebers erforderlich.

Wenn der Kläger also nicht nachweisen konnte, dass einige Aufwendungen tatsächlich der Mangelbeseitigung dienten, können diese auch nicht erstattet werden. Geschützt wird nur das Vertrauen, der Auftraggeber werde zu angemessenen Preisen die Mängelbeseitigung durchführen. Nicht geschützt wird ein Vertrauen darauf, dass nur der Mängelbeseitigung dienende Arbeiten durchgeführt werden.

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