Kauf von Baumaterial: Bei Streckengeschäften Vertragsverhältnisse beachten

OLG München, Urteil vom 23.4.2013 — Aktenzeichen: 18 U 2305/12

Leitsatz
Liefert der Hersteller Baumaterial aufgrund eines Streckengeschäftes direkt an einen Bauunternehmer als Letztkäufer, wirkt die Mängelrüge des außerhalb der Lieferkette stehenden Bauherrn gegenüber dem Erstverkäufer nicht zugleich im Verhältnis zwischen Erstkäufer und -verkäufer.

Sachverhalt
Der Bauherr beauftragt den Auftragnehmer mit der Lieferung und Verlegung von Platten. Der Auftragnehmer bestellt die Platten bei einem Baustoffhändler, der wiederum sie beim Hersteller ordert. Absprachegemäß liefert der Plattenhersteller das Material direkt an den Auftragnehmer. Nach Verlegung stellt der Bauherr Risse fest. Der Bauherr rügt den Mangel beim Auftragnehmer und beanstandet den Mangel zugleich auch beim Hersteller. Sonstige Mängelrügen gibt es nicht. Der Bauherr verlangt vom Auftragnehmer den Austausch der Platten. Der Auftragnehmer wiederum nimmt den Händler in Anspruch. Sodann begehrt der Händler vom Hersteller der Platten Schadensersatz. Der Hersteller meint, ein Schadensersatzanspruch sei ausgeschlossen, da der Baustoffhändler den Mangel der Ware nicht unverzüglich ihm gegenüber angezeigt habe. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hält es für ausreichend, dass der Bauherr den Mangel gegenüber dem Hersteller rügte.

Entscheidung
Das OLG München hebt das landgerichtliche Urteil auf. Entgegen der Ansicht des Landgerichts weist das OLG München darauf hin, dass grundsätzlich gemäß § 377 HGB die Obliegenheit besteht, dass der Käufer dem Verkäufer gegenüber einen Mangel rügen muss. Das OLG verkennt nicht, dass bei den sogenannten Streckengeschäften der weiterverkaufende Zwischenhändler die Untersuchung und auch Rüge seinem Abnehmer überlassen darf. Dieser kann wirksam für den Zwischenhändler bei dessen Verkäufer rügen. Hier allerdings hat das Landgericht verkannt, dass die vorgenannt beschriebene Lieferkette beim Käufer des Baustoffhändlers (hier: Auftragnehmer) endet. Der Bauherr ist einem solchen Fall überhaupt nicht eingebunden in das Streckengeschäft.

Anmerkung
Bei den am Bau üblichen Streckengeschäften ist Vorsicht geboten. Verstöße gegen die Prüfungs- und Rügeobliegenheit führen zum Verlust der Mängelansprüche. Es reicht, wenn der Letztabnehmer unverzüglich einen Mangel gegenüber dem Verkäufer anzeigt. Nicht jedoch reicht es, wenn ein Dritter (Bauherr), der überhaupt nicht eingebunden ist in das Streckengeschäft, die Rüge ausspricht. Will der Erstkäufer (hier: Baustoffhändler) Mängelrechte gegenüber dem Verkäufer (hier: Hersteller) geltend machen, muss er dafür sorgen, dass die richtige Person dem Hersteller den Mangel anzeigt (hier: endweder Erstkäufer selbst oder aber dessen Abkäufer).

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