Wettbewerbsverstoß durch Verstoß gegen Jugendschutzvorschriften: Werbung für Alcopops in Pulverform

OLG Hamm, Urteil vom 19.10.2006 — Aktenzeichen: 4 U 83/06

Leitsatz
Vorschriften zum Schutz der Jugend stellen Marktverhaltensregelungen zum Schutz der Verbraucher dar. Bei der Frage, ob sich eine Werbemaßnahme an Jugendliche richtet, ist auf die Sicht der Jugendlichen abzustellen.

Sachverhalt
Die Beklagte produziert und vertreibt Alcopops in Pulverform. Durch Aufgießen von Wasser auf das Pulver und das anschließende Umrühren entsteht ein Alcopop-Getränk, so u. a. „Blutorange Wodka“ mit einem Alkoholgehalt von 4,8 %. Ausdrücklich wird in der Werbung darauf hingewiesen, dass das Angebot nur für Erwachsene gedacht sei. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch. Die Werbung verstoße gegen Jugendschutzvorschriften. Die Werbung richtet sich in Wirklichkeit an Kinder und Jugendliche.

Entscheidung
Das OLG Hamm hat — gegen die Entscheidung des Landgerichts — den Unterlassungsanspruch des Klägers bejaht. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3, 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 6 Abs. 5 JMStV. Das OLG Hamm stellt fest, dass der Beklagte mit der Werbung gegen § 6 Abs. 5 S. 1 Jugenmedienschutz-Staatsvertrag verstößt. Entscheidend ist, dass auf die Sicht der Kinder und Jugendlichen abzustellen ist. Davon muss im Streitfall ausgegangen werden. Hauptsächtlich Jugendliche sind Hauptabnehmer der Alcopops. Auch weckt die Variante „Alcopops in Tüten“ das besondere Interesse der Jugendlichen. Dasselbe gilt für die Aufmachung der Werbung, der Sprachstil und bestimmte Assoziationen zu den Lebensumständen. Im Rahmen des Schutzzweckes verbietet § 6 Abs. 5 JMStV gerade derartige Werbungsformen für alkoholische Getränke, durch die sich insbesondere Jugendliche aus ihrer Sicht besonders angesprochen fühlen. Die Beklagte ist nicht gehindert, Erwachsene gezielt anzusprechen. Es reicht allerdings nicht der „formelle“ Hinweis, dass es ihr angeblich nur um den Vertrieb an Erwachsene gehe, da unstreitig Alcopops typischerweise von Jugendlichen konsumiert werden.

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Erstattung der Patentanwaltskosten?

BGH, Urteil vom 21.12.2011 — Aktenzeichen: I ZR 196/10

Leitsatz
Wenn auch ein Patentanwalt an der Abwehr einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung mitwirkt, können die entstandenen Kosten nur beansprucht werden, wenn der Anspruchsteller darlegt und nachweist, dass die Mitwirkung des Patentanwalts erforderlich war. Die Notwendigkeit der außergerichtlichen Mitwirkung eines Patentanwalts neben einem Rechtsanwalt kann nicht generell bejaht werden.

Sachverhalt
Die Klägerin nimmt die Beklagte nach einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung auf Erstattung der entstandenen Patentanwaltskosten in Anspruch. Die Beklagte erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen die Klägerin. Der Klägerin wurde der Vertrieb von Schuhen untersagt, die mit einer bestimmten Streifenkennzeichnung versehen waren. Die Klägerin beauftragte Rechtsanwälte mit der Prüfung der Erfolgsaussichten eines Widerspruchs gegen die einstweilige Verfügung. Die Rechtsanwälte der Klägerin zogen einen Patentanwalt hinzu. Die Klägerin hat die Beklagte auf Erstattung der Patentanwaltskosten in Anspruch genommen. Das OLG Nürnberg hat angenommen, die Beklagte sei zur Zahlung der geltend gemachten Patentanwaltsgebühren verpflichtet.

Entscheidung
Der BGH hat der Revision der Beklagten teilweise stattgegeben. Die Klägerin könne von der Beklagten zwar die Erstattung der gerichtlichen Kosten, nicht aber die Erstattung der außergerichtlichen Patentanwaltskosten beanspruchen. Der BGH führt aus, dass sich der Regelung des § 140 Abs. 3 Markengesetz nicht die Wertung entnehmen lässt, dass auch die Kosten für die außergerichtliche Mitwirkung eines Patentanwalts in einer kennzeichen-rechtlichen Angelegenheit ohne Prüfung der Erforderlichkeit immer zu erstatten sind, sofern ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch dem Grunde nach gegeben ist. Das BGH sieht insoweit für eine Privilegierung der patentanwaltlichen Tätigkeit keinen Raum. Keinesfalls sind derartige Kosten für die außergerichtlichen Mitwirkung eines Patentanwalts ohne Prüfung der Erforderlichkeit zu erstatten. Es bedarf vielmehr grundsätzlich einer gesonderten Prüfung, ob es notwendig war, zur außergerichtlichen Verfolgung einer Markenverletzung neben einem Rechtsanwalt auch noch einen Patentanwalt zu beauftragen. Da im Streitfall die Klägerin nicht konkret vorgetragen hat, weshalb es erforderlich war, zusätzlich einen Patentanwalt einzuschalten, hat der BGH der Revision stattgegeben.

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BGH entscheidet erneut über urheberrechtliche Zulässigkeit der Bildersuche bei Google

BGH, Urteil vom 19.10.2011 — Aktenzeichen: I ZR 140/10 – Vorschaubilder II

Sachverhalt
Der für das Urheberecht zuständige Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat erneut entschieden, dass Google nicht wegen Urheberrechtsverletzungen in Anspruch genommen werden kann, wenn urheberrechtlich geschützte Werke in Vorschaubildern der Suchmaschine wiedergegeben werden.

Hintergrund ist folgender:

Bei der von Google betriebenen Internetsuchmaschine kann man durch Eingabe von Suchbegriffen unter anderem nach Abbildungen suchen, die mit dem Suchwort verknüpft ins Internet eingestellt wurden. Die Ergebnisse werden seitens Google als verkleinerte Vorschaubilder (sog. Thumbnails) dargestellt. Diese Bilder sind wiederum mit der Internetseite verknüpft, auf der die verkleinert wiedergegebene Abbildung vorhanden ist. Durch diesen elektronischen Verweis (Link) kann man dann auf die entsprechende Internetseite gelangen.

Im vorliegenden Verfahren klagte ein Fotograf, dessen urheberrechtlich geschützten Lichtbilder bei Google als Vorschaubilder angezeigt wurden. Die Vorschaubilder waren mit zwei näher bezeichneten Internetseiten verlinkt. Der Kläger klagt gegen Google unter anderem auf Unterlassung der Anzeige der vom ihm gefertigten Bilder als Vorschaubilder. Er begründet dies damit, dass er den Betreibern der verlinkten Internetseiten keine Nutzungsrechte an der Fotografie eingeräumt habe.

Entscheidung
Der BGH verneint einen Anspruch des Klägers, da eine Einwilligung seitens des Klägers, dem Fotografen, zu Gunsten des Betreibers der Suchmaschine vorliegt. Der BGH nimmt eine solche Einwilligung immer dann an, wenn eine Abbildung eines Werkes von einem Dritten mit Zustimmung des Urhebers ohne Schutzvorkehrungen ins Internet eingestellt worden ist. Unbeachtlich ist dabei, dass den Betreibern der Seiten, auf denen die Vorschaubilder der Fotografie eingestellt sind, keine Nutzungsrechte eingeräumt sind. Für die Einwilligung reicht es laut BGH aus, dass der Kläger Dritten das Recht eingeräumt hat, das Lichtbild im Internet öffentlich zugänglich zu machen. Diese Einwilligung umfasst auch die Veröffentlichung von Vorschaubildern. Da allerdings, was allgemein bekannt ist, Suchmaschinen nicht danach unterscheiden können, ob ein aufgefundenes Bild von einem Berechtigten oder einem Nichtberechtigten ins Internet gestellt worden ist, ist zugunsten des Betreibers einer Suchmaschine davon auszugehen, dass sich eine solche Einwilligung auch auf die Anzeige von Abbildungen in Vorschaubildern erstreckt, die ohne Zustimmung des Urhebers ins Internet eingestellt worden sind.

In dem Urteil bleibt der BGH seiner Linie aus dem Urteil vom 29.04.2010 – AZ: I ZR 69/08 – treu. Der BGH betont aber, dass der Urheber nicht schutzlos ist. Es bleibt ihm immer noch offen, diejenigen in Anspruch zu nehmen, die die Abbildungen unberechtigt ins Internet gestellt haben.

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Muss Himalaya-Salz aus dem Himalaya-Massiv stammen?

OLG Hamm, Urteil vom 24.8.2010 — Aktenzeichen: 4 U 25/10

Sachverhalt
Die Beklagte vertreibt „Himalaya-Salz“. Das Salzprodukt stammt jedoch nicht aus dem Himalaya-Massiv direkt, sondern aus der Salt-Range. Der Abstand zum Himalaya-Massiv beträgt ungefähr 200 km. Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, das Salzprodukt als „Himalaya-Salz“ zu bezeichnen. Die Beklagte wendet sich gegen dieses landgerichtliche Urteil mit der Berufung vor dem OLG Hamm.

Entscheidung
Das OLG Hamm teilt die Rechtsauffassung des Landgerichts. Die Werbung der Beklagten enthalte eine irreführende geographische Angabe, §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Markengesetz. Danach ist zur Unterlassung verpflichtet, wer geographische Herkunftsangaben im geschäftlichen Verkehr für Waren benutzt, die nicht aus dem Ort/Gebiet stammen, welches bezeichnet ist. Erforderlich ist, dass bei der Benutzung die Gefahr der Irreführung hierüber besteht. Bei der Gefahr der Irreführung stellt der Senat nicht darauf eine rein wissenschaftlich-geologische Anknüpfung ab. Vielmehr berücksichtigt der Senat die Verkehrsauffassung in Bezug auf die geographische Herkunftsangabe. Der durchschnittlich informierte Verbraucher nimmt aufgrund der Bezeichnung „Himalaya-Salz“ und auch vor dem Hintergrund der im konkreten Fall abgebildeten schneebedeckten Berge mit dem Hochgebirgsmassiv des Himalaya an, dass das Salz im dortigen Gebirge abgebaut werde. Verbraucher gehen gerade nicht davon aus, dass ein Abbau in einem 200 km entfernt liegenden Gebiet (Salt-Range) erfolge.

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WLAN-Piraterie: Wer haftet?

BGH, Urteil vom 12.5.2010 — Aktenzeichen: I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens

Sachverhalt
Die Klägerin ist Inhaberin der Rechte an dem Musiktitel „Sommer unseres Lebens“. Vom Internetanschluss des Beklagten aus war auf einer Tauschbörse dieser Titel zum Herunterladen im Internet angeboten worden. Der Beklagte befand sich jedoch zu dieser Zeit im Urlaub. Die Klägerin begehrt vom Beklagten Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten.

Entscheidung
Der BGH bejaht den Unterlassungsanspruch und den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten. Der BGH nimmt an, daß eine Haftung des Beklagten als Täter nicht in Betracht kommt. Auch privaten Anschlussinhabern obliege aber eine Pflicht zu prüfen, ob ihr WLAN-Anschluss durch Sicherheitsmaßnahmen geschützt sei, von unberechtigten Dritten zur Begehung von Urheberrechtsverletzungen mißbraucht zu werden. Die Prüfpflicht des Anschlussinhabers beziehe sich auf die Einhaltung der im Zeitpunkt der Installation des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen. Genau diese Pflicht hatte der Beklagte verletzt. Er hielt ein „offenes“ WLAN vor, nicht durch ein persönliches Passwort geschützt. Deshalb haftet der Beklagte nach den Rechtsgrundsätzen der sog. Störerhaftung auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten.

Hingegen hat der BGH den Beklagten nicht in der Schadensersatzpflicht gesehen. Eine Haftung als Täter einer Urheberrechtsverletzung hat der BGH verneint, weil nicht der Beklagte den Musiktitel zugänglich gemacht habe. Eine Haftung als Gehilfe bei der fremden Urheberrechtsverletzung hätte Vorsatz vorausgesetzt, an dem es im Streitfall fehlte.

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Kennzeichnung werblicher Veröffentlichungen mit redaktionellem Anschein

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.05.2009 – Az.: 20 W 42/09

Leitsatz
Erweckt eine werbliche Veröffentlichung den äußeren Anschein eines redaktionellen Beitrags, sind an die Kennzeichnung als Werbung besonders hohe Anforderungen zu stellen.

Sachverhalt
Die Antragstellerin begehrt im Verfügungsverfahren die Untersagung zweier werblicher Veröffentlichungen in einer Zeitschrift. Eine der beiden Anzeigen war als solche betitelt. Beide Anzeigen waren mit einer Linie von dem benachbarten Texten abgetrennt worden.

Entscheidung
Das OLG Düsseldorf sieht die wettbewerbsrechtlichen Anforderungen an die Kenntlichmachung von Werbung nicht als erfüllt an. Das OLG führt aus, dass beide Anzeigen den situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsleser den Eindruck redaktioneller Beiträge des Medienunternehmens selbst vermittele. Dieser Eindruck werde auch nicht an anderer Stelle erschüttert oder gar zerstört. Maßgeblich ist nach Ansicht des OLG Düsseldorf die optisch und auch textlich neutrale Anmutung beider Anzeigen, die aus sich heraus mit nichten als Werbung erkennbar gewesen seien.

Der Unterlassungsanspruch folgt aus § 3 Abs. 3 UWG i. V. m. Nr. 11 der „Schwarzen Liste“. Entscheidend ist insoweit, dass nach Auffassung des OLG Düsseldorf weder ein Linieneinzug noch die im Streitfall kaum lesbar wahrgenommene Betitelung einer der beiden Annoncen als „Anzeige“ ausreicht.

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Versandkosten beim Kauf im Internet

BGH, Urteil vom 16.7.2009 — Aktenzeichen: I ZR 50/07

Leitsatz
Im Rahmen des Internetvertriebes reicht es aus, unmittelbar bei der Werbung für das einzelne Produkt den Hinweis „zzgl. Versandkosten“ aufzunehmen, sofern sich bei Klicken dieses Hinweises ein Fenster mit einer übersichtlichen und verständlichen Darstellung der allgemeinen Berechnungsmodalitäten für die Versandkosten öffnet und zudem die tatsächliche Höhe der anfallenden Versandkosten jeweils bei Aufruf des virtuellen Warenkorbs in der Preisaufstellung gesondert ausgewiesen wird.
Sachverhalt
Der BGH hatte einen Fall zu entscheiden, in dem im Internet Kameras beworben wurden. Bei Erwerb einer Kamera sollten Versandkosten entstehen. Diese Kosten wurden dem Interessenten und potenziellen Erwerber angegeben bei Aufruf des virtuellen Warenkorbes.

Entscheidung
Der BGH hält eine derartige Werbung für unzulässig. Gemäß § 1 Abs. 2 PAngV hat derjenige, der Verbrauchern gegenüber gewerbs- oder geschäftsmäßig Waren anbietet, anzugeben, dass die für die Waren geforderten Preise Umsatzsteuer und sonstige Preisbestandteile enthalten. Auch muss angegeben werden, ob zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen. Fallen Versandkosten an, ist deren Höhe anzugeben, zumindestens aber sind die Einzelheiten der Berechnung zu benennen. Im Streitfall ist fraglich gewesen, ob die Versandkosten, wie von § 1 Abs. 6 S. 2 PAngV gefordert, eindeutig zugeordnet und im Übrigen leicht erkennbar und gut lesbar sind. Der BGH hat die Entscheidung der Vorinstanzen bestätigt. Danach reicht es nicht aus, wenn die entsprechenden Angaben erst bei Aufruf des virtuellen Warenkorbes erscheinen. Entscheidend ist, dass dem Verbraucher die wesentlichen Informationen, zu denen auch die Versandkosten gehören, rechtzeitig bereit gestellt würden. Als hinreichend lässt der BGH im Hinblick auf das Erfordernis der Angabe der Versandkosten gelten, wenn diesem Erfordernis der rechtzeitigen Mitteilung durch einen deutlichen Sternchenhinweis entsprochen werden kann, wenn sich bei Anklicken eines derartigen Hinweises ein Fenster mit den entsprechenden Erläuterungen öffnet und zugleich die tatsächliche Höhe der Versandkosten jeweils bei Aufruf des virtuellen Warenkorbes gesondert ausgewiesen werden.

Johannes Deppenkemper
Rechtsanwalt

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Irreführung durch Werbung mit Hinweis auf TÜV?

OLG Hamm, Urteil vom 10.2.2009 — Aktenzeichen: 4 U 201/08

Leitsatz
Die Werbung eines Autohändlers mit „TÜV/AU 69,-€“ ist kein Fall der irreführenden Werbung, auch wenn nicht der Autohändler oder ein eigener Mitarbeiter, sondern ein behördlich anerkannter Prüfingenieur die Hauptuntersuchung durchführt.

Sachverhalt
Die Beklagte betrieb einen Autohandel und warb mit folgender Anzeige:

„TÜV/AU 69,-€‟:
Zum Dauertiefpreis von 69,-€ können Sie bei uns HU/AU für
„ALLE Fabrikate durchführen. Hauptuntersuchung gemäß § 29 StVZO“.

Die Klägerin nahm die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch mit der Begründung, die Werbung sei irreführend, da aufgrund der Werbung der angesprochene Verbraucher davon ausgehe, dass alle angebotenen Leistungen von der Beklagten selbst, nicht aber durch Dritte — z. B. Mitarbeiter der DEKRA oder ein anderer behördlich anerkannter Prüfingenieur — die Leistung erbringe.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das OLG Hamm hat die Entscheidung des Landgerichts bestätigt.

Entscheidung
Das OLG hat zunächst ausgeführt, dass der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher nicht irregeführt werde über die Person des Leistungserbringers.

Selbst wenn jedoch eine Irreführung über die Person des Leistungserbringers vorliegen sollte — § 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG a. F., § 5 Abs. 1 S. 1 UWG n. F. -, so fehlt es dennoch an der Eignung dieser werblichen Angabe, die Marktentscheidung des angesprochenen Adressaten zu beeinflussen. Es komme also nicht darauf an, ob und welche Kenntnisse ein Adressat darüber habe, wer berechtigt sei, die Hauptuntersuchung durchzuführen. Denn es mache für den Adressaten im Ergebnis keinen Unterschied, ob er die beworbene Hauptuntersuchung über den Beklagten vermittelt oder aber durch einen anerkannten Prüfingenieur unmittelbar erbracht erhalte.

Schließlich fehle es auch an einer Irreführung über wesentliche Eigenschaften der erbrachten Leistungen, § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG n. F. Beworben werde nämlich die Erbringung einer Prüfleistung. Genau diese Leistungen werde für den Kunden auch erbracht.

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Irreführende Werbung mit Telefonnummern

OLG Koblenz, Urteil vom 25.3.2008 — Aktenzeichen: 4 U 959/07

Leitsatz
Es ist ein Fall der irreführenden Werbung im Sinne von § 5 UWG, wenn ein Unternehmen im Internet oder im Telefonbuch mit der Vorwahl einer Stadt wirbt, in der es keine Niederlassung mit eigenem Büro und Personal unterhält, und in der Werbung nicht auf eine Anrufweiterschaltung hinweist.

Sachverhalt
Ein Umzugsunternehmen warb mit einer örtlichen Telefonnummer, obwohl es in diesem Ort gar keine Zweigstelle hatte und der Anruf lediglich in eine andere Stadt weitergeschaltet wurde, in der sich der Sitz des Unternehmens befand. Ein Hinweis in der Werbung auf eine Anrufweiterschaltung erfolgte nicht. Das Landgericht Trier wies die Klage auf Unterlassung ab. In II. Instanz korrigierte das OLG Koblenz diese Entscheidung und gab der Klage statt.

Entscheidung
Das OLG verurteilte das Unternehmen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit einer örtlichen Telefonnummer zu werben, wenn es in diesem Ortsnetz tatsächlich keine eigene Niederlassung mit eigenem Büro und Personal unterhält und dennoch nicht auf eine Anrufweiterschaltung hinweist.

Der potenzielle Kunde gehe bei der Lektüre einer solchen Werbung gerade aufgrund der angegebenen Vorwahl davon aus, dass das Unternehmen tatsächlich den Sitz oder aber eine Niederlassung mit eigenem Büro und Personal in dieser Stadt habe.

Das OLG befasste sich dann mit der wettbewerbsrechtlichen Relevanz. Das OLG bejahte die wettbewerbsrechtliche Relevanz, da die Angabe der Telefonnummer geeignet sei, das Marktverhalten der potenziellen Kunden zu beeinflussen. Für einen nicht unbeachtlichen Teil der Leser sei gerade die Vorstellung, dass das Unternehmen — hier: Umzugsunternehmen — an einem bestimmten Ort seinen Sitz oder aber eine Niederlassung habe, von Bedeutung. Grund sei, dass viele Kunden ein ortsansässiges Unternehmen bevorzugten, im Übrigen eine optimale Betreuung „vor Ort“ schätzten.

Praxistipp
In diversen Branchen ist es üblich, in einer Mehrzahl von örtlichen Telefonbüchern jeweils mit einer Telefonnummer verfügbar zu sein. Dies kann — wie im Streitfall — ein Umzugsunternehmen sein, auch sind dies in der Praxis Schlüsseldienste und vergleichbare Dienstleistungen. Betroffene Unternehmen sollten wissen, dass grundsätzlich die Werbung im örtlichen Telefonbuch einer anderen, auch ferner liegenden anderen Stadt grundsätzlich zulässig und nicht per se irreführend ist. Gänzlich gefahrlos wäre die Verwendung einer kostenfreien 0800-Nummer zumindest dann, wenn zudem ein kleiner Hinweis auf den Sitz erfolgt.

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BGH bejaht Haftung eines Internetauktionshauses

Bundesgerichtshof, Urteil vom 30.4.2008 — Aktenzeichen: I ZR 73/05-Internet-Versteigerung III

Leitsatz
Ein Internetauktionshaus kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn ein Anbieter auf seiner Plattform gefälschte Markenprodukte anbieten.

Sachverhalt
Die Klägerinnen produzierten Uhren der Marke „ROLEX“. Sie sind Inhaberinnen entsprechender Marken. Auf der von der Beklagten betriebenen Internet-Plattform „ricardo“ hatten Anbieter gefälschte ROLEX-Uhren zum Verkauf angeboten, die ausdrücklich als Plagiate bezeichnet waren. ROLEX nahm daraufhin die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Dies mit Erfolg.

Entscheidung
Der BGH bejaht die Haftung der Beklagten als Störerin, da sie mit ihrer Internet-Plattform das Angebot gefälschter Uhren ermöglicht, auch wenn sie selbst nicht Anbieterin dieser Uhren ist. Die Beklagte muss folglich nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern grundsätzlich auch Vorsorge dafür treffen, dass es nicht zu weiteren entsprechenden Markenverletzungen kommt. Der BGH verlangt insoweit von Betreibern von Internet-Plattformen eine entsprechende Vorsorge durch Kontrollmaßnahmen.

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