„Was drauf steht, muss auch drin sein“

BGH, Urteil vom 2.12.2015 — Aktenzeichen: I ZR 45/13

Leitsatz
Weisen auf Umverpackungen Angaben oder Abbildungen auf bestimmte Bestandteile eines Produktes hin, so ist dies auch dann unzulässig, wenn das ausdrückliche Verzeichnis der Zutaten diese Teilbestandteile gerade nicht enthält.

Sachverhalt
Die Beklagte vertreibt unter der Bezeichnung „FELIX HIMBEER-VANILLE-ABENTEUER“ einen Tee, auf dessen Verpackungen sich Abbildungen von Himbeeren und Vanilleblüten sowie Hinweise auf „natürliche Aromen“ befinden. In Wirklichkeit enthält der Tee keine Bestandteile oder Aromen von Vanille oder Himbeeren. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof bejaht die Irreführungsgefahr und damit den Unterlassungsanspruch. Das Publikum werde durch die Angaben „HIMBEER-VANILLE-ABENTEUER“ und die entsprechenden Abbildungen von Vanilleblüten und Himbeeren zu der Annahme veranlasst, in diesem Tee seien Bestandteile oder Aromen von Vanille/Himbeeren enthalten. Dies gelte auch dann, wenn sich auf der Verpackung das Verzeichnis der tatsächlichen Zutaten befinde. Dies könne nicht ausschließen, dass die Etikettierung die Käufer irre führe. Unter Hinweis auf Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 200/13 EG über die Etikettierung von Lebensmitteln weist der BGH darauf hin, dass die Etikettierung eines Lebensmittels nicht den Eindruck entstehen lassen darf, ein Bestandteil befinde sich in diesem Lebensmittel, obgleich dies – auch ausweislich eines entsprechenden Zutatenverzeichnisses – nicht der Fall sei. Der normal informierte und vernünftig aufmerksame Verbraucher könne irre geführt werden, was aus den in den Vordergrund gestellten Angaben zur Existenz von Vanille- und Himbeerbestandteilen im Tee der Fall sei.

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Änderung des kennzeichnenden Charakters der Klagemarke

BGH, Urteil vom 18.12.2014 — Aktenzeichen: I ZR 63/14

Leitsatz
Das Weglassen des Bindestrichs und die Anordnung der beiden die Klagemarke bildenden Wörter übereinander statt nebeneinander sowie das Hinzufügen einer werbeüblichen bildlichen Verstärkung, führen nicht zu einer Änderung des kennzeichnenden Charakters der Klagemarke.

Sachverhalt
Die Klägerin (K) ist Inhaberin der eingetragenen Wortmarke „POWER-HORSE“ und vertreibt unter dieser Bezeichnung einen Energy-Drink in Form einer Getränkedose. Darauf befindet sich ein sich aufbäumendes Pferd mit zwei roten Dreiecken sowie die Bezeichnungen „POWER“ und „HORSE“ untereinander. Die Beklagte (B) ist Inhaberin der Wortmarke „POWER HORN“ mit späterem Zeitrang. Die K klagte gegenüber der B auf Unterlassung gem. § 14 II Nr. 2, IV MarkenG. Das Bestehen der Verwechslungsgefahr wurde vom Berufungsgericht angenommen und der Klage statt gegeben. Die Beschwerde der B richtet sich mit der Begründung dagegen, dass das Berufungsgericht der Klage nicht hätte stattgeben dürfen, ohne auf die Frage der rechtserhaltenden Benutzung der Klagemarke einzugehen. Die K habe aufgrund des Weglassens des Bindestrichs, der Anordnung der Wörter untereinander und der stark im Vordergrund gerückten Bildbestandteile eine eigenständige neue Marke geschaffen und damit die eingetragene Marke nicht rechtserhaltend benutzt.

Entscheidung
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten war erfolglos. Die von der B hervorgehobenen Abweichungen der benutzten Form von der Eintragung seien für den § 26 III 1 MarkenG unschädlich. Das Weglassen des Bindestrichs und die Änderung der beiden die Klagemarke bildenden Wörter übereinander statt nebeneinander führten nicht zu einer Änderung des kennzeichnenden Charakters der Klagemarke. Die Klagemarke sei kein einheitliches Wortzeichen, nicht einmal durch Zusammenschreibung, sondern lediglich durch einen Bindestrich verbundene Kombination von zwei Wörtern. Durch die rein optische Trennung bleibe der Bedeutungsinhalt unverändert und sei damit für die rechtserhaltende Benutzung unschädlich. Die Hinzufügung der Darstellung eines sich aufbäumenden schwarzen Pferdes und die Verwendung von zwei sich an den Spitzen berührenden roten Dreiecken im Hintergrund seien für die rechtserhaltende Benutzung der Klagemarke unschädlich. Durch die Abbildung eines Pferdes auf der Dose der vertriebenen Energy-Drinks sei eine werbeübliche Verstärkung des die Klagemarke dominierenden Wortelements „HORSE“. Gerade das sich aufbäumende Pferd verstärke nur diesen Wortbestandteil. Auch die beiden roten Dreiecke hätten keinen Einfluss auf den kennzeichnenden Charakter der Klagemarke. Als lediglich dekorativer Hintergrund messe der Verkehr diesen keine Bedeutung für den kennzeichnenden Charakter der eingetragenen Marke und der benutzten Form bei..

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Überschrift?

BGH, Urteil vom 18.6.2014 — Aktenzeichen: I ZR 242/12

Leitsatz
1. Der Geschäftsführer haftet für unlautere Wettbewerbshandlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft nur dann persönlich, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn die Wettbewerbsverstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktrechts begründeten Garantenstellung verhindern müssen.

2. Allein die Organstellung und die allgemeine Verantwortlichkeit für den Geschäftsbetrieb begründen keine Verpflichtung des Geschäftsführers gegenüber außenstehenden Dritten, Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft zu verhindern.

3. Der Geschäftsführer haftet allerdings persönlich aufgrund einer eigenen wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht, wenn er ein auf Rechtsverletzungen angelegtes Geschäftsmodell selbst in Werk gesetzt hat.

Sachverhalt
In dem streitgegenständlichen Verfahren hatte ein Unternehmen über selbstständige Handelsvertreter mit diversen Falschaussagen Energielieferverträge an der Haustür vertrieben. Das Energieunternehmen und dessen Geschäftsführer wurden daraufhin von einem Wettbewerbsunternehmen auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen. Dabei haftet der Geschäftsführer auch persönlich, da er den Betrieb nicht so organisiert habe, dass die Einhaltung von Rechtsvorschriften sichergestellt gewesen sei.

Das Landgericht Berlin verurteilte das Unternehmen und den Geschäftsführer. Das KG Berlin hat die Klage gegen den Geschäftsführer abgewiesen; das Unternehmen war nicht in Berufung gegangen. Mit der Revision verfolgte die Klägerin die Ansprüche gegen den Geschäftsführer weiter.

Entscheidung
Nach Ansicht des BGH haftet der Geschäftsführer für unlautere Wettbewerbshandlungen des von ihm vertretenen Unternehmens nur dann persönlich, wenn er daran entweder aktiv beteiligt war oder die Verstöße aufgrund einer nach den Grundsätzen des Deliktrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen. Allein die Organstellung und die Verantwortlichkeit für den Betrieb stellt keine Verpflichtung des Geschäftsführers gegenüber Dritten dar, Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft zu verhindern. Das gleiche gilt für die schlichte Kenntnis der Verstöße. Zu beachten sei aber, dass der Geschäftsführer dann persönlich hafte, wenn er ein auf Rechtsverletzungen angelegtes Geschäftsmodell selbst in Gang gesetzt habe.

Grundsätzlich treffe die wettbewerbsrechtliche Pflicht, durch geeignete Maßnahmen falsche und irreführende Darstellungen der von der Gesellschaft eingesetzten Person zu unterbinden, nur die Gesellschaft, nicht aber den Geschäftsführer. Das gleiche gilt für die Haftung für Organisationsmängel. Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers kommt nur dann in Betracht, wenn der derart gewichtige Gründe und Rechtsverletzungen vorliegen, die eine persönliche Abwendungspflicht des Geschäftsführers darstellen.

Dieses Urteil des BGH kann als richtungsweisend für die Haftung von Managern in Deutschland angesehen werden. Der BGH hat die persönliche Manager- bzw. Geschäftsführerhaftung zumindest auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts eingeschränkt. Nur noch in gesondert gelagerten Ausnahmefällen dürfte ein Geschäftsführer daher gegenüber Dritten haften.

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Kondome im Ausland produziert: „Made in Germany“?

OLG Hamm, Urteil vom 13.3.2014 — Aktenzeichen: 4 U 121/13

Leitsatz
Das OLG Hamm hat den Vertreiber von Kondomen verurteilt, die Werbeaussage „Made in Germany“ zu unterlassen, da diese Kondome im Ausland produziert wurden.

Sachverhalt
Die Beklagte vertreibt Erotikartikel und bietet Kondome an, die sie bewirbt mit „Made in Germany“, „deutsche Markenware“ und „deutsche Markenkondome“. Die Kondome werden als Rohlinge aus dem Ausland bezogen, im deutschen Werk werden sie befeuchtet, anschließend verpackt und versiegelt. Außerdem unterzieht die Beklagte die Kondome einer Qualitätskontrolle im Hinblick auf Dichtigkeit und Reißfestigkeit.

Entscheidung
Der Wettbewerbssenat des OLG Hamm hat nun die Beklagte verurteilt, die Werbung mit „Made in Germany“ sowie als „deutsche Markenware“ bzw. „deutsche Markenkondome“ zu unterlassen. Das OLG Hamm führt aus, diese Werbeaussagen seien irreführend. Es werde der Eindruck erweckt, die Kondome seien in Deutschland hergestellt worden. Dann jedoch erwarte der Verbraucher, dass die wesentlichen Fertigungsschritte in Deutschland stattgefunden haben, zumindest jedoch den entscheidenden Herstellungsvorgang, bei dem die Ware ihre bestimmenden Eigenschaften erhalte. Diese Erwartung ist bei im Ausland (vor-) produzierten Kondomen falsch. Die in Deutschland vorgenommene Versiegelung, Verpackung sowie die Qualitätskontrolle hätten mit dem eigentlichen Fertigungsprozess nichts mehr zu tun. Selbst mit der teilweise erfolgenden Befeuchtung eines Teils der Kondome werde lediglich eine Variante zum Endprodukt hergestellt.

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Werbung für alkoholfreies Bier mit „vitalisierend“ zulässig?

OLG Hamm, Urteil vom 20.5.2014 — Aktenzeichen: 4 U 19/14

Leitsatz
Das OLG Hamm hat eine Brauerei zur Unterlassung der Angabe „vitalisierend“ für alkoholfreies Bier verurteilt.

Sachverhalt
Die beklagte Brauerei bewarb alkoholfreies Bier mit der Angabe „vitalisierend“ und bildeten auf den Etiketten die Brüder Vitali und Wladimir Klitschko ab. Die Unterlassungsklage des Klägers hat das Landgericht abgewiesen. Das OLG hebt das Urteil auf und verurteilt die Brauerei zur Unterlassung.

Entscheidung
Der Wettbewerbssenat des OLG Hamm hat die Werbung mit dem Begriff „vitalisierend“ für das Bier untersagt, weil dieser Werbeaussage keine spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt gewesen sei. Die streitgegenständliche Werbung verstoße gegen Art. 10 Abs. 3 der Europäischen Health Claim VO, Verordnung (EG) Nr. 1924/2006. Mit dem Begriff „vitalisierend“ habe die Beklagte für ein Lebensmittel geworben. „Vitalisierend“ sei eine unspezifische gesundheitsbezogene Angabe. Bereits aus dem Wortsinn ergebe sich dies, da „vitalisierend“ für „beleben“ und „anregen“ stehe. Für den Verbraucher bringe das Adjektiv „vitalisierend“ eine Verbesserung des Gesundheitszustandes zum Ausdruck. Deshalb suggeriere die Beklagte, dass der Konsum des alkoholfreien Bieres eine Verbesserung des Gesundheitszustandes bewirke. Dies gelte unabhängig von dem Umstand, dass gedanklich eine Verbindung zum Werbeträger Vitali Klitschko hergestellt werden könne. Nach Art. 10 Abs. 3 HCVO seien derartige gesundheitsbezogene Angaben nur zulässig, wenn ihnen eine in der Liste nach Art. 13 oder 14 der HCVO enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt sei (sog. Kopplungsverbot). Das alkoholfreie Bier der Beklagten enthalte Stoffe, die in den Listen mit zulässigen gesundheitsbezogenen Angaben beschrieben würden. Die Werbung sei also unzulässig, da die Beklagte der unspezifischen Angabe „vitalisierend“ keine zugelassene gesundheitsbezogene Angabe beigefügt habe.

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Sind Tippfehler-Domains zulässig?

BGH, Urteil vom 22.1.2014 — Aktenzeichen: I – ZR 164/12 – wetteronline.de

Leitsatz
Der BGH hat entschieden, dass die Benutzung einer „Tippfehler-Domains“ gegen § 4 Nr. 10 UWG verstoßen kann.

Sachverhalt
Die Klägerin betreibt unter der Domain „www.wetteronline.de“ einen Wetterdienst. Der Beklagte ist Inhaber einer bewusst angelehnten Domain unter der Bezeichnung „www.wetteronlin.de“. Nutzer, die aufgrund eines Tippfehlers (Weglassen des Buchstabens „e“ bei „wetteronline“) auf die Internetseite der Beklagten gelangen, werden von dort aus auf eine Seite geleitet, auf der sich Werbung für Krankenversicherungen befindet. Die Klägerin hat geltend gemacht, dass sie in unlauterer Weise behindert werde, zugleich sei ihr Namensrecht verletzt. Die Klägerin hat den Beklagten daher u. a. auf Unterlassung sowie Einwilligung in die Löschung des Domainnamens „www.wetteronlin.de“ in Anspruch genommen. Das Landgericht hat den Beklagten im Wesentlichen verurteilt. Die Berufung des Beklagten vor dem OLG Köln war erfolglos.

Entscheidung
Der BGH hat das Urteil des OLG Köln aufgehoben. Abgewiesen hat der BGH die Klage, soweit die Anträge auf die Verletzung eines Namensrechtes gestützt waren. Der BGH weist darauf hin, dass eine Unterscheidungskraft der Bezeichnung „wetteronline“ zu verneinen ist, es handele sich um einen rein beschreibenden Begriff. Mit „wetteronline“ werde schlicht der Geschäftsinhalt der Klägerin beschrieben; die Klägerin biete im Internet (online) Informationen zum Thema „Wetter“ an. Allerdings hat der BGH angenommen, dass die konkrete Benutzung der Tippfehler-Domain sehr wohl unter dem Gesichtspunkt des Abfangens von Kunden gegen § 4 Nr. 10 OWG verstößt, sofern der Nutzer nicht zugleich auf der sich öffnenden Internetseite auf den Umstand hingewiesen wird, dass er sich gerade nicht auf der Seite „wetteronline“.de befinde. Der BGH hat hingegen den Anspruch auf Einwilligung in die Löschung des Domainnamens „wetteronlin.de“ abgewiesen. Insoweit ist nämlich eine rechtlich zulässige Nutzung denkbar, die bloße Registrierung des Domainnamens behindere insoweit die Klägerin nicht unlauter.

Anmerkung
Wird ein Domainname zu geschäftlichen Zwecken genutzt, empfiehlt es sich grundsätzlich, von der Verwendung einer rein beschreibenden Bezeichnung abzusehen. Namensrechtliche Unterlassungsansprüche entfallen bei Verwendung einer lediglich beschreibenden Bezeichnung. Nicht wehren kann sich darüber hinaus der betroffene Domaininhaber, wenn eine derartige „Tippfehler-Domain“ zudem rein privat oder aber gar nicht („under construction“) genutzt wird.

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Urheberrechtsschutz von Werken der angewandten Kunst

BGH, Urteil vom 13.11.2013 — Aktenzeichen: I ZR 143/12 Geburtstagszug

Leitsatz
An den Urheberrechtsschutz von Gewerken der angewandten Kunst sind grundsätzlich keine höheren Anforderungen zu stellen als an den von Werken der zweckfreien Kunst

Sachverhalt
Die Klägerin ist Spielwarendesignerin und zeichnete für die Beklagte Entwürfe für einen Zug aus Holz („Geburtstagszug“). Die Klägerin meint, bei ihren Entwürfen handele es sich um urheberrechtlich geschützte Werke. Angesichts des großen Verkaufserfolges des Geburtstagszuges sei die gezahlte Vergütung zu gering. Die Klägerin nimmt die Beklagte deshalb auf Zahlung einer weiteren angemessenen Vergütung in Anspruch.

Die Klage ist sowohl beim LG Lübeck als auch beim OLG Schleswig erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die von der Klägerin gefertigten Entwürfe seien urheberrechtlich nicht geschützt.

Entscheidung
Der BGH weist auf die Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung hin, die erfolgt ist im Hinblick auf die Reform des Geschmacksmusterrechts im Jahre 2004. Durch die Reform des Geschmacksmusterrechts sei ein eigenständiges gewerbliches Schutzrecht geschaffen und damit der enge Bezug zum Urheberrecht beseitigt worden. Der Schutz als Geschmacksmuster setze nicht mehr eine bestimmte Gestaltungshöhe, sondern nur die Unterschiedlichkeit des Musters voraus. Geschmacksmusterschutz und Urheberrechtsschutz schließen sich nicht aus. Sie können nebeneinander bestehen. Deshalb kann der urheberrechtliche Schutz nicht mit der Begründung verneint werden, mit dem Geschmacksmusterschutz stehe der Klägerin ein dem Urheberrecht wesensgleiches Schutzrecht zur Verfügung. An den Urheberrechtsschutz von Werken der angewandten Kunst seien deshalb — so der BGH — keine anderen Anforderungen zu stellen als an den Urheberrechtsschutz von Werken der zweckfreien bildenden Kunst oder des literarischen oder musikalischen Schaffens. Es genüge, dass Werke der angewandten Kunst eine Gestaltungshöhe erreichen, die es nach Auffassung der damit vertrauten Kreise rechtfertigt, von einer „künstlerischen“ Leistung zu sprechen. Dies gelte auch für die Entwürfe der Klägerin.

Aus vorgenannten Gründen hat der BGH das Urteil des OLG Schleswig aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das OLG Schleswig wird nun zu prüfen haben, ob die von der Klägerin entworfenen Spielwaren den geringeren Anforderungen genügen, die nunmehr an die Gestaltungshöhe von Werken der angewandten Kunst zu stellen sind.

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Werbung im Bereich des Gesundheitswesens

OLG Hamm, Beschluss vom 10.09.2013 — Aktenzeichen: 4 U 91/13

Leitsatz
Irreführend und unzulässig sind Werbeaussagen, dass eine E-Zigarette „mindestens 1.000mal weniger schädlich als eine Tabakzigarette ist“ und als „einzigen Schadstoff Nikotin enthält“.

Sachverhalt
Die Beklagte bewirbt E-Zigaretten mit den Werbeaussagen „… mindestens 1.000mal weniger schädlich als die Tabakzigarette“ und „der einzige Schadstoff, den den E-Zigarette enthält, ist das Nikotin“. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch, da die Werbung irreführend und damit unzulässig sei. Das Landgericht verurteilt die Beklagte antragsgemäß. Die Beklagte legt gegen das landgerichtliche Urteil Berufung bei dem OLG Hamm ein.

Entscheidung
Das OLG Hamm verweist im Beschluss vom 10.09.2013 die Parteien auf die einhellige Auffassung des Senates, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe, der Senat beabsichtige deshalb, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlusswege zurückzuweisen.

Zur Begründung weist der 4. Zivilsenat darauf hin, dass die vorgenannte Werbung irreführend und damit unzulässig sei, der Unterlassungsanspruch des Klägers ergebe sich aus §§ 8 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG. Da es sich bei der E-Zigarette um ein Genussmittel handele, gehe es bei der beanstandeten Werbung mit deren geringen Risiken um Werbeangaben auf dem Gebiet des Gesundheitswesens. Auf diesem Gebiet seien Werbeangaben nur zuzulassen, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entsprechen. Der Werbende muss darlegen, dass er über entsprechende wissenschaftliche Erkenntnisse verfüge. Genau diese Darlegung ist der Beklagten nicht gelungen. Auch ein vorgelegtes Gutachten eines Institutes für Rechtsmedizin überzeugt den Senat nicht, da auch dieses Gutachten nicht belegen könne, dass es sich bei den beanstandeten Werbeaussagen um zwischenzeitlich gesicherte medizinische Fachkenntnisse handele. Der Sachverständige bestätige zwar, dass im Vergleich zur üblichen Zigaretten die E-Zigaretten als untoxischer angesehen werden. Allerdings hat der Sachverständige selbst weitere Untersuchungen zur Sicherheit dieser Aussage und zu den Langzeitfolgen für notwendig erachtet. Damit könne aus dem Gutachten nicht die Aussage hergeleitet werden, die E-Zigarette sei mindestens 1.000mal weniger schädlich als die Tabakzigarette. Im Hinblick auf die weitere Werbeaussage (Nikotin der einzige Schadstoff der E-Zigarette) ergebe sich aus dem Gutachten gar, dass diese Werbeaussage unrichtig sei. Das unstreitig enthaltene Propylenglykol sei gerade nicht als unbedenklich einzustufen. Ein vorliegendes Gutachten schildere die Reizung der Nasen- Rachenschleimhaut, im Übrigen Nebenwirkungen wie trockener Mund und Kehle.

Die vorgenannten Erwägungen bilden die Grundlage des 4. Zivilsenates, die Werbung aus dem Bereich des Gesundheitswesens als irreführend und damit unzulässig zu bewerten.

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Seminarveranstalter darf keine Werbemails an vormalige Seminarteilnehmer senden

LG Gera, Urteil vom 24.7.2012 — Aktenzeichen: 3 O 455/11

Leitsatz
Ein Gewerbetreibender muss bei Verwaltung seines Adressbestands ausschließen, dass Kunden, die keine Werbung wünschen, umworben werden.

Sachverhalt
Ein Seminarveranstalter (= Beklagter) übersandte versehentlich per E-Mail einem vormaligen Seminarteilnehmer eine Werbemail. Dieser vormalige Seminarteilnehmer hatte die eigene E-Mail-Adresse im Rahmen einer Seminarveranstaltung in die Teilnehmerliste eingetragen. Eine Wettbewerbszentrale (= Kläger) mahnte den Beklagten ab. Erfolgreich konnte der Kläger anschließend den Beklagten auf Unterlassung und Erstattung voller Bankkosten in Anspruch nehmen vor dem Landgericht Gera.

Entscheidung
Das Landgericht stufte die E-Mail als Werbung ein. Diese sei nur dann zulässig, wenn der Beklagte sich auf eine ausdrückliche Einwilligung des Adressaten hätte berufen können. Eine solche liege nicht vor. Entscheidungsunerheblich sei die Frage, ob ein Versehen vorliege. Der Beklagte müsse als werbender Gewerbetreibender den eigenen Adressenbestand derart verwalten, dass ausgeschlossen werden könne, dass keine Kunden umworben würden, die auch keine Werbung wünschen. Selbst die vormalige Eintragung in eine E-Mail-Liste durch den Seminarteilnehmer enthalte gerade keine Einwilligung für eine zukünftige Übersendung von Werbematerialien. Aus vorgenannten Gründen bejahte das Landgericht Gera den Verstoß gegen § 7 Abs. 1, 2 Nr. 3 UWG.

Praxistipp
Die Entscheidung des Landgerichts Gera liegt auf der Linie der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe z. B. BGH GRUR 2011, 936), so dass sich Gewerbetreibende die Frage stellen müssen, wie sie die negativen Auswirkungen einer derartigen Rechtsprechung vermeiden können. Gelingen wird dies nur, wenn Seminarteilnehmer bei der Erhebung der E-Mail-Adressen auf ein diesbezügliches Widerspruchsrecht hingewiesen werden, so dass — wird dies nicht geltend gemacht — die Ausnahme des § 7 Abs. 3 UWG greift. Die nachfolgende Zusendung von Werbemails wären dann zulässig.

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BGH: Buchung von Zusatzleistungen im Flugverkehr nur mittels des „Opt-in-Verfahrens“

BGH, Beschluss vom 25.10.2012 — Aktenzeichen: I ZR 81/11

Leitsatz
Die Annahme fakultativer Zusatzkosten im Flugverkehr (hier: Reiserücktrittsversicherung) darf nur auf Grundlage eines Opt-in-Verfahrens erfolgen.

Sachverhalt
Die Beklagte vermittelt Reiseleistungen über das Internet. Bei der Buchung von Flügen legt sie — nachdem ein Kunde einen Flug ausgewählt hat — unaufgefordert ein Versicherungspaket in den Warenkorb, dass der Kunde erst zu einem späteren Zeitpunkt des Buchungsvorgangs wieder entfernen kann. Will der Kunde den Versicherungsschutz nicht in Anspruch nehmen, muss er die voreingestellte Auswahl ändern und die Option „Ich verzichte auf weiteren Versicherungsschutz“ auswählen („Opt-out‟). Der Kläger verlangt u. a. Unterlasssung. Das Landgericht der Klage stattgegeben, die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.

Entscheidung
Der BGH teilt die Rechtsauffassung des LG/OLG und hat ausgeführt, dass dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit Art. 23 Abs. 1 S. 4 der Verordnung 1008/2008 zustehe. Erstens müssen beim Angebot von innergemeinschaftlichen Flugdiensten fakultative Zusatzkosten auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungsvorganges mitgeteilt werden. Zweitens darf eine Annahme derartiger fakultativer Zusatzkosten (hier: Versicherungsleistungen) nur auf Grundlage eines sogenannten „Opt-in-Verfahrens“ erfolgen. Dies bedeutet, dass der Verbraucher sich aktiv für den Einschluss der zusätzlich angebotenen Leistung in den Vertrag entscheiden können muss. Im Streitfall jedoch wurde die zusätzlich angebotene Reiserücktrittsversicherung automatisch dem Warenkorb hinzugefügt, so dass der Kunde sich aktiv gegen diesen voreingestellten Einschluss entscheiden musste. Nur dann wäre die Versicherungsleistung aus dem Warenkorb entfernt worden. Aus diesem Grund weist der BGH im Beschlusswege die Beklagte auf die Aussichtslosigkeit der Revision hin.

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