Quadratmeter stimmen nicht — Mieter kann Miete mindern!

Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.4.2009 — Aktenzeichen: VIII ZR 86/08

Sachverhalt
Die Mieterin mietete eine Wohnung für 1.000 € monatlich zuzüglich einer Nebenkostenvorauszahlung von 180 €. Die Wohnungsgröße ist im Mietvertrag mit „ca. 120 qm“ angegeben. Die Innenräume sind 90,11 qm groß; zur Wohnung gehören zwei Dachterrassen mit Grundflächen von 25,20 qm und von 20 qm. Die Mieterin stellte sich auf den Standpunkt, die Fläche der Terrassen sei nur zu jeweils 1/4 anzurechnen. Vor diesem Hintergrund behielt sie die Miete teilweise ein. Der Vermieter wollte dies nicht akzeptieren und verklagte die Mieterin auf Zahlung der einbehaltenen Miete.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof betonte seine bisherige Rechtsprechung, wonach eine Abweichung der tatsächlich vorhandenen von der vereinbarten Wohnfläche um mehr als 10 % einen erheblichen Mangel der Mietsache darstelle, die den Mieter zu einer entsprechenden Minderung berechtige. Bei der Ermittlung der zutreffenden Wohnfläche sei bei Mietverhältnissen aus der Zeit bis Dezember 2003 auf die §§ 42 ff. der Zweiten Berechnungsverordnung, bei „jüngeren“ Mietverhältnissen auf die Wohnflächenverordnung abzustellen. Dies gelte nur dann nicht, wenn die Parteien dem Begriff der Wohnfläche im Einzelfall eine abweichende Bedeutung beimessen wollten oder wenn ein anderer Berechnungsmodus ortsüblich sei oder nach der Art der Wohnung näher liege.

Nach diesen Grundsätzen sei hier — so der Bundesgerichtshof — § 44 Abs. 2 der Zweiten Berechnungsverordnung maßgeblich, wonach Außenflächen bis zur Hälfte anrechenbar seien (keine starre Grenze, sondern dem Vermieter bewusst eingeräumter Spielraum), während beispielsweise die ab Januar 2004 geltende Wohnflächenverordnung eine Anrechnung höchstens zur Hälfe, in der Regel ab mit 1/4 vorsieht.

Prinzipiell gilt bei Mietverhältnissen, die vor dem 1.1.2004 eingegangen sind: Dachflächen werden hälftig angerechnet, es sei denn, es ist etwas anderes verabredet oder ergibt sich aus der Verkehrssitte. Letzteres hatten die Vorinstanzen noch nicht geklärt, so dass der Bundesgerichtshof noch nicht „durchentscheiden“ konnte.

Für neuere Mietverhältnisse ab dem 1.1.2004 gilt die Wohnflächenverordnung, die Außenflächen regelhaft mit nur 1/4 anrechnet. Dies sollten Vermieter wissen, ehe sie im Mietvertrag eine bestimmte Quadratmeterzahl hineinschreiben.

Praxishinweis
Für den Mieter ist es lohnenswert, die im Mietvertrag vereinbarten oder auch nur zugrunde gelegten Quadratmeter nachzumessen. Weichen die tatsächlichen Quadratmeter um mehr als 10 % ab, berechtigt dies zur Minderung, ggf. sogar zur Rückzahlung jahrelang überzahlter Miete.

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Keine Nebenkostenabrechnung = Rückzahlung der Vorauszahlungen?!

OLG Düsseldorf, Urteil vom 8.5.2008 — Aktenzeichen: 10 U 8/08

Leitsatz
Hat der gewerbliche Vermieter nahezu dreieinhalb Jahre seit Beendigung des mehrjährigen Mietverhältnis keine den Anforderungen des § 259 BGB entsprechenden Nebenkostenabrechnungen vorgelegt, kann der Mieter sämtliche während der Mietzeit geleisteten Nebenkostenvorauszahlungen zurückverlangen.

Sachverhalt
Der Vermieter vermietete eine Lagerhalle zum Betrieb einer Kfz-Werkstatt. Im schriftlichen Mietvertrag waren monatliche Vorauszahlungen der Betriebskosten vereinbart, die der Mieter auch zahlte. Über die Betriebskosten wurde nie abgerechnet. Auch nach Beendigung des Mietverhältnisses versäumte es der Vermieter, über die Betriebskosten abzurechnen. Der Mieter verlangte die in der gesamten Mietzeit entrichteten Vorauszahlungen zurück.

Entscheidung
Das Oberlandesgericht gab dem Mieter Recht.

Der Mieter könne — so das Gericht — die vollständige Erstattung der geleisteten Vorauszahlungen verlangen, wenn der Vermieter seiner Verpflichtung abzurechnen, über den langen Zeitraum nicht nachgekomme. Dabei hat das Oberlandesgericht nicht verkannt, dass es ja feststehe, dass Betriebskosten in irgend einer Höhe entstanden sind und der Vermieter deshalb einen Anspruch gegen den Mieter habe. Diesen Anspruch könne der Vermieter — so das Gericht – auf Grund einer ordnungsgemäßen Abrechnung geltend machen. Der Vermieter sei also nicht über Gebühr benachteiligt, zumal der Vermieter die Abrechnung der Nebenkosten noch nachholen könne.

Anmerkung
Bei einem laufenden Mietverhältnis steht einem Mieter (lediglich) ein Zurückbehaltungsrecht an den künftigen Vorauszahlungen zu. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs stellt dieses Zurückbehaltungsrecht ein Druckmittel gegen den Vermieter dar, diesen zur Abrechnung über die Betriebskosten anzuhalten. Während des laufenden Mietverhältnisses gibt es daher keinen Anspruch auf Rückzahlung. Nach Beendigung entfällt dieses Druckmittel. Nur in diesem Fall kann der Mieter Rückzahlung der Vorauszahlungen verlangen. Einem Vermieter ist daher dringend zu raten, spätestens bei Beendigung des Mietverhältnisses etwa versäumte Abrechnungen zu erstellen.

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Zahlungsverzug des Mieters bei Einziehungsermächtigung?

KG, Urteil vom 9.6.2008 — Aktenzeichen: 8 U 217/07

Leitsatz
1. Eine einem früheren Vermieter erteilte Einziehungsermächtigung gilt als Vereinbarung über die Zahlungsmodalität auch für den neuen Vermieter, der Eigentümer der vermieteten Wohnung geworden ist.

2. Besteht eine Einziehungsermächtigung wandelt sich die Geldschuld von einer Schickschuld in eine Holschuld. Der Vermieter ist gehalten, die Miete bei Fälligkeit einzuziehen (zu holen). Kommt er dem nicht nach, gerät der Mieter nicht in Zahlungsverzug.

3. Mangels anderer Vereinbarung ist die Überweisung der Miete am Fälligkeitstag noch rechtzeitig, auch wenn das Geld erst später auf dem Vermieterkonto ankommt.

Sachverhalt
Nach Erwerb einer vermieteten Wohnung stellte der Käufer, der kraft Gesetzes in das frühere Mietverhältnis eingetreten ist, fest, dass der Mieter mehrere Monate keine Miete gezahlt hatte. Er kündigte daraufhin das Mietverhältnis fristlos wegen Zahlungsverzuges. Der Mieter zahlte die Miete sofort nach und teilte mit, er habe dem früheren Vermieter eine Einziehungsermächtigung erteilt; Mahnungen habe er nicht erhalten, ebenso wenig sei ihm der Vermieterwechsel bekannt geworden.

Über die Frage der Wirksamkeit der Kündigung stritten die Parteien bis zum Kammergericht. Dieses gab dem Mieter recht.
Entscheidung
Das Kammergericht war der Auffassung, dass die fristlose Kündigung nicht greife. Die dem früheren Vermieter (im Kleingedruckten) erteilte Einziehungsermächtigung gelte als Vereinbarung über Zahlungsmodalitäten auch gegenüber dem neuen Vermieter. Die Geldschuld, die üblicherweise eine Schickschuld ist, sei dadurch zu einer Holschuld geworden. Der neue Vermieter war daher gehalten, die Miete bei Fälligkeit selbst einzuziehen. Kommt der Vermieter dem nicht nach, gerät der Mieter nicht in Verzug.

Ferner stellte das Kammergericht fest, dass es grundsätzlich ausreicht, wenn der Mieter die Miete am Tag der Fälligkeit (nach dem Gesetz 3. Werktag des Monats) anweist. Mangels anderer Absprachen kommt es lediglich auf den Zeitpunkt der Leistungshandlung und nicht auf den Leistungserfolg an; maßgebend ist also der Überweisungsauftrag und nicht der Geldeingang auf dem Konto des Vermieters.

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Erneute Schlappe für Vermieter — Farbwahlklausel unwirksam

Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.6.2008 — Aktenzeichen: VIII ZR 224/07

Leitsatz
a) Eine formularvertragliche Klausel, die den Mieter dazu verpflichtet, die auf ihn abgewälzten Schönheitsreparaturen in „neutralen, hellen, deckenden Farben und Tapeten auszuführen“, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam, wenn sie nicht auf den Zustand der Wohnung im Zeitpunkt der Rückgabe der Mietsache beschränkt ist, sondern auch für Schönheitsreparaturen gilt, die der Mieter im Laufe des Mietverhältnisses vorzunehmen hat.

b) Die formularmäßige unangemessene Einengung des Mieters in der Art der Ausführung von Schönheitsreparaturen führt zur Unwirksamkeit der Abwälzung der Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen schlechthin.

Sachverhalt
Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung des Beklagten. Die Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen ist im Mietvertrag formularmäßig auf den Mieter übertragen worden. Unter anderem ist bestimmt:

„Die Schönheitsreparaturen sind in neutralen, hellen Farben und Tapeten auszuführen.“

Die Klägerin hält die Klausel für unwirksam. Sie hat vor Gericht beantragt festzustellen, dass dem Beklagten kein vertraglicher Anspruch auf Vornahme von Schönheitsreparaturen zusteht. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte Erfolg.

Entscheidung
Der u.a. für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die hier verwendete „Farbwahlklausel“ den Mieter unangemessen benachteiligt und seine Verpflichtung zur Vornahme der Schönheitsreparaturen insgesamt unwirksam ist (§ 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB). Die Klausel schreibt dem Mieter nicht erst für den Zeitpunkt der Rückgabe der Wohnung, sondern bereits während der Mietzeit vor,für Schönheitsreparaturen helle, deckende und neutrale Farben zu verwenden. Dem Vermieter ist zwar vor dem Hintergrund einer beabsichtigten Weitervermietung ein berechtigtes Interesse daran nicht abzusprechen, die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses in einer Farbgestaltung zurückzuerhalten, die von möglichst vielen Mietinteressenten akzeptiert wird. Es besteht jedoch kein anerkennenswertes Interesse des Vermieters daran, dass der Mieter bereits während laufender Mietzeit auf andere Gestaltungen, seien sie farbig oder nicht deckend, verzichten muss.

Praxishinweis
Die Entscheidung zeigt zweierlei:

Zum einen sind zu weit gefasste Formulierungen gefährlich für den Vermieter. Er läuft Gefahr, dass bei unwirksamer Regelung im Detail überhaupt keine Schönheitsreparaturen geschuldet sind.

Zum zweiten hat der Bundesgerichtshof in der Verwendung von hellen und neutralen Farben ein legitimes Interesse des Vermieters gesehen. Bei wirksamer Klausel muss ein Mieter im Falle unpassender Farbgestaltung eine Endrenovierung mit hellen und neutralen Farben durchführen. So hat der Bundesgerichtshof etwa gemeint, dass ein „zartes Lindgrün“ oder „hellblau“ zwar „hell“ sein mögen, aber nicht „neutral“, wie es die Klausel vorsehe.

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Unwirksame Klauseln über Schönheitsreparaturen — Haftet der Verwalter?

Kammergericht Berlin, Urteil vom 13.10.2006 — Aktenzeichen: 3 U 3/06

Leitsatz
Mietverwalter haften wegen unwirksamer Klauseln über Schönheitsreparaturen auf Schadensersatz.

Sachverhalt
Die Verwalterin schließt im Namen und mit Vertretungsmacht des Vermieters von ihr gestaltete Mietverträge ab. Die Verträge sehen vor, dass die Mieter zur Endrenovierung verpflichtet sind; laufende Schönheitsreparaturen sind nicht vereinbart. Der Mieter sollte die Mieträume unabhängig vom Zeitpunkt der letzten Renovierung endrenoviert übergeben.

Diese Klausel ist unwirksam (z.B. BGH, Urteil 14.5.2003, VIII ZR 308/02).

Die Verwalterin nimmt den Vermieter auf Zahlung des Verwalterhonorars in Anspruch. Der Vermieter rechnet mit Schadensersatzansprüchen auf, die er in Form zusätzlicher Renovierungskosten aufgrund der Unwirksamkeit der Klausel habe.

Entscheidung
Das Kammergericht stärkt die Position des Vermieters. Der Verwalterin habe es oblegen, Mietvertragsklauseln zu verwenden, die der Rechtsprechung stand halten. Diese Pflicht sei hier verletzt worden. Die Verwalterin habe daher dem Vermieter die Kosten für die Durchführung der Schönheitsreparaturen vor Neuvermietung zu ersetzen.

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Schuldet der Vermieter dem Mieter Ersatz von Renovierungskosten?

Landgericht Wuppertal, Urteil vom 23.8.2007 — Aktenzeichen: 9 S 478/06

Leitsatz
Der Mieter hat gegen den Vermieter Anspruch auf Kostenerstattung, wenn er bei unwirksamer Renovierungsklausel seiner vermeintlichen Verpflichtung nachkommt.

Sachverhalt
Im Kleingedruckten des vom Vermieter gestellten Mietvertrages stand, dass der Mieter die Wohnung bei Auszug vollständig renovieren sollte. Dies tat der Mieter auch und beauftragte damit einen Maler. Aus der Zeitung erfuhr der Mieter von der mieterfreundlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Er forderte unter Hinweis auf die vom Bundesgerichtshof festgestellte Unwirksamkeit der Klausel Erstattung der an den Maler gezahlten Vergütung.

Entscheidung
Das Landgericht verurteilte den Vermieter zur Zahlung. Den Mietern stünde ein Aufwendungsersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag zu. Denn die Mieter hätten hier wegen der Unwirksamkeit der Renovierungsklausel eine Aufgabe erfüllt, die eigentlich dem Vermieter oblegen hätte. Dass sie glaubten, selbst verpflichtet zu sein, stehe dem Anspruch nicht entgegen.

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Welche Rechte hat ein Bäckerladen nach Wegzug des Einkaufsmarkts?

LG Paderborn, Urteil vom 22.6.2007 — Aktenzeichen: 2 O 49/07

Die Klägerin produziert Backwaren und vertreibt diese über ein Filialnetz von Bäckereifachgeschäften. Vom Beklagten hat sie Räumlichkeiten angemietet, die einem Lebensmittelmarkt unmittelbar vorgelagert waren. Der Bäckerladen einschließlich eines Stehcafés waren — wie üblich — im Eingangsbereich des Lebensmittelmarktes platziert. Dabei war der Eingangsbereich so konzipiert, dass Kunden am Bäckergeschäft vorbeikommen mussten, um in den Markt zu gelangen.

Der Lebensmittelmarkt zog im Jahre 2006 in ein anderes vom Beklagten neu errichtetes Gebäude auf dem Nachbargrundstück. Der Lebensmittelmarkt wurde am Altstandort aufgegeben. Nachdem der Markt einen Untermieter für den am neuen Standort ebenfalls vorgesehenen Bäckerladen nicht finden konnte, war die Klägerin schließlich bereit, die Flächen unterzumieten.

Der Beklagte war allerdings nicht bereit, die Klägerin aus dem Mietverhältnis über die Räume am Altstandort zu entlassen. Daher kündigte die Klägerin das Mietverhältnis und erhob Feststellungsklage.

Im Ergebnis mit Erfolg.

Leitsatz
Dem Bäckerladen stand ein Kündigungsrecht gemäß § 313 Abs. 3 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu.

Entscheidung
Das Landgericht hat ausgeführt, dass zwar die Erwartung eines Mieters, Gewinne zu erzielen, zum Risikobereich des Mieters gehöre; aber im vorliegenden Fall habe der Vermietung ein Konzept zugrunde gelegen, wonach das Bäckereigeschäft an dem Kundenstrom des Lebensmittelmarktes partizipieren sollte. Der Verkauf frischer Backwaren stellte — so das Landgericht — eine sinnvolle Ergänzung des Angebots eines Lebensmittelmarktes dar. Nun hat sich hier auf Initiative des Vermieters das Mietumfeld geändert — dieser hat auf seinem Nachbargrundstück ein neues Gebäude errichtet und dieses an einen Lebensmittelmarkt, und zwar an den gleichen Betreiber vom alten Standort vermietet; das Risiko einer solchen Änderung dürfe man nicht dem Mieter aufbürden. Das Landgericht hielt eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr für zumutbar und die Kündigung für berechtigt.

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Fallstricke der Schriftform bei langfristigen Mietverträgen

Kammergericht, Urteil vom 17.8.2006 — Aktenzeichen: 8 U 33/06

Nach § 550 BGB bedarf ein Mietvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird, der Schriftform. Wird diese Form nicht eingehalten, so gilt der Mietvertrag als für unbestimmte Zeit geschlossen. Der Vertrag kann also vorzeitig gekündigt werden.

Die Anforderungen an die Schriftform sind streng. Erforderlich ist eine von beiden Parteien unterschriebene einheitliche Urkunde. Sie ergibt sich aus der körperlichen Verbindung einzelner Blätter oder dem inhaltlichen Zusammenhang des Textes (z.B. fortlaufende Paginierung). Enthält — wie häufig — eine Anlage wesentliche Teile des Mietvertrages (z.B. Grundriss über Mietgegenstand, Inventarliste) ist für die Einheitlichkeit der Urkunde die zweifelsfreie Bezugnahme auf die Anlage in der Haupturkunde notwendig. Die Beifügung der Urkunde ist sinnvoll, aber nach der derzeitigen Rechtsprechung nicht erforderlich (BGH, NJW 2003, 1248). Wichtig ist, dass der Vertragspartner (Gesellschaften und Personenmehrheit müssen genau bezeichnet sein), der Mietgegenstand (welche Räume), die Höhe der Miete, die Dauer des Mietverhältnisses schriftlich vereinbart sind. Die wesentlichen Bedingungen müssen sich aus dem schriftlichen Vertrag oder aus der in Bezug genommenen Anlage ergeben.

Die Schriftform dient in erster Linie dem Schutz des Erwerbers einer Immobilie; sie soll es ihm ermöglichen, sich umfassend und sicher für die auf ihn übergehenden Rechte und Pflichten des Mietvertrags zu informieren, denn mit der Eigentumsübertragung einer Immobilie geht das Mietverhältnis auf den Erwerber über („Kauf bricht nicht Miete‟).

Wird die Schriftform nicht eingehalten, ist ein befristeter Mietvertrag nicht automatisch unwirksam; er gilt vielmehr als auf unbestimmte Zeit geschlossen und ist damit grundsätzlich ordentlich kündbar. Dies hat der Bundesgerichtshof jüngst noch einmal bestätigt (Urteil vom 7.3.2007, XII ZR 10/05).

Wie hart die Regelung über die Schriftform sein kann, zeigt eine Entscheidung des Berliner Kammergerichts.

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