Belehrungspflicht des Notars bei Beurkundung eines Bauträgervertrags, wenn im Grundbuch ein Zwangsversteigerungsvermerk eingetragen ist

BGH, Urteil vom 22.7.2010 — Aktenzeichen: III ZR 293/09 und Beschluss vom 26.02.2009 – III ZR 135/08

Leitsatz
Auch im Rahmen der erweiterten oder betreuenden Belehrungspflicht ist ein Notar nicht verpflichtet, die wirtschaftliche Durchführbarkeit des Geschäfts bzw. die Angemessenheit zu überprüfen. Bei der Beurkundung eines Bauträgervertrags hat der Notar jedoch auch auf die Gefahren für die wirtschaftliche Durchführbarkeit des Vertrages hinzuweisen, wenn im Grundbuch ein Zwangsversteigerungsvermerk eingetragen ist.

Sachverhalt
Der BGH hatte folgenden Fall zu entscheiden:

Die Kläger hatten von einer Bauträgergesellschaft eine Eigentumswohnung gekauft, wobei sich die Verkäuferin verpflichtete, das Objekt bezugsfertig herzustellen. Der Kaufpreis sollte nach Maßgabe eines der Makler- und Bauträgerverordnung entsprechenden Ratenzahlungsplans entrichtet werden. Zum Zeitpunkt des Verkaufs war im Grundbuch ein Zwangsversteigerungsvermerk eingetragen. Der Zwangsversteigerungsvermerk wurde gelöscht, bevor der Beklagte, der beurkundende Notar, die erst Kaufpreisrate auskehrte. Die Verkäuferin konnte ihren vertraglichen Verpflichtungen wegen finanzieller Schwierigkeiten nicht mehr nachkommen. Die Kläger kündigten den Bauträgervertrag und ließen die Fertigstellung der Wohnung auf eigene Kosten ausführen.

Die Kläger werfen dem Notar die Verletzung seiner notariellen Amtspflicht vor, weil er sie nicht über den noch im Grundbuch eingetragenen Zwangsversteigerungsvermerk und die ihm nach ihrer Behauptung im Einzelnen bekannten wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Verkäuferin unterrichtet habe.

Entscheidung
Nach der Entscheidung des BGH vom 22.07.2010 ist ein Schadensersatzanspruch gegen den Notar begründet.

Grundsätzlich obliegt es dem Notar nach § 17 I S. 1 BeurkG zwar nicht, über die wirtschaftlichen Folgen und die wirtschaftliche Durchführbarkeit des beabsichtigten Geschäfts oder mögliche finanziellen Schwierigkeiten eines Vertragspartners zu belehren, weil der Notar nicht auf die wirtschaftliche Tragweite des Rechtsgeschäfts hinzuweisen hat. Der BGH bestätigt in der Entscheidung vom 22.07.2010 seine ständige Rechtsprechung, wonach sich die sogenannte erweiterte Belehrungspflicht eines Notars nur in Ausnahmefällen auch auf die wirtschaftlichen Folgen eines Rechtsgeschäfts erstreckt, dass damit aber nicht eine Aufklärung über die Werthaltigkeit des Kaufobjekts bzw. die Angemessenheit des Kaufpreises gemeint war, um die sich der Notar grundsätzlich nicht zu kümmern braucht (Beschluss vom 26.02.2009).

Ist im Grundbuch ein Zwangsversteigerungsvermerk eingetragen, dann hat jedoch der Notar nach Auffassung des BGH im Rahmen seiner Hinweis- und Belehrungspflichten, den bei einem im Grundbuch eingetragenen Zwangsversteigerungsvermerk (typischerweise) bestehenden Zusammenhang zwischen der rechtlichen und wirtschaftlichen Durchführbarkeit des Vertrags zu berücksichtigen. Bei der Beurkundung eines Bauträgervertrages ist der Notas wegen der mit dem Abschluss eines solchen Vertrags verbundenen wirtschaftlichen Risiken und der gegenüber Verbrauchern bestehenden besonderen Schutz- und Belehrungsfunktion der Beurkundung verpflichtet, nicht nur auf die durch den Zwangsversteigerungsvermerk für die rechtliche, sondern auch auf die für die wirtschaftliche Durchführbarkeit des Vertrages entstehenden Gefahren hinzuweisen. Dies gilt wegen der mit dem Abschluss eines solchen Vertrags verbundenen wirtschaftlichen Risiken und den gegenüber Verbrauchern bestehenden besonderen Schutz- und Belehrungsfunktionen der Beurkundung. Diese Pflicht ist Ausfluss der sich aus § 14 BNotO ergebenden sogenannten erweiterten Belehrungspflicht, die sich in Ausnahmefällen auch auf die wirtschaftlichen Folgen eines Rechtsgeschäfts erstrecken kann.

Da der Notar nicht ohne weiteres davon ausgehen kann, dass dem (privaten) Käufer eines Hauses oder Eigentumswohnung die wirtschaftliche Dimension der Eintragung eines Zwangsversteigerungsvermerks bewusst ist, ist der Notar regelmäßig gehalten, ihn vor Abschluss finanziell riskanter Verträge auf die „faktische Warnfunktion“ eines Zwangsversteigerungsvermerks hinzuweisen. Auf diese Weise soll der Kaufinteressent in die Lage versetzt werden, die für ihn bestehenden wirtschaftlichen Risiken (besser) abzuschätzen und ggf. weitere Erkundigungen anzustellen.

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Mangelhafte Kellerabdichtung als merkantiler Minderwert

OLG Hamm, Urteil vom 10.5.2010 — Aktenzeichen: 17 U 92/09

Sachverhalt
Der Auftraggeber verlangt vom Auftragnehmer Schadensersatz wegen einer fehlerhaften Kellerabdichtung. Der Auftragnehmer hat den Mangel in der Zwischenzeit vollständig und folgenlos beseitigt. Der Sachverständige hat einen merkantilen Minderwert an dem Haus in Höhe von 7.800,00 € festgestellt. Das Landgericht hat den Auftragnehmer zum Ausgleich dieses Minderwerts verurteilt.

Entscheidung
Das OLG Hamm bestätigt die Entscheidung des Landgerichts. Es ist zu unterscheiden zwischen dem technischen und dem merkantilen Minderwert. Ein zu ersetzender technischer Minderwert liegt vor, wenn nach Ausführung der Reparatur ein objektiv feststellbarer Mangel verbleibt. Soweit der Auftragnehmer ordnungsgemäß nachbessert, so dass dem Auftraggeber ein Anspruch auf Ersatz des technischen Minderwerts nicht zusteht, kann ein Anspruch auf Erstattung des merkantilen Minderwerts bestehen. Ein sogenannter merkantiler Minderwert besteht, wenn der Mangel den Veräußerungswert der baulichen Anlage mindert, und zwar im Unterschied zum technischen Minderwert gerade dann, wenn dies trotz Mangelbehebung der Fall ist und die Wertminderung nur auf dem objektiv unbegründeten Verdacht beruht, das Bauwerk könne noch weitere verborgene Mängel aufweisen. Eine mangelhafte Kellerabdichtung stellt einen klassischen Fall des merkantilen Minderwerts dar. Die Höhe des Minderwerts ist durch Sachverständigengutachten festzustellen.

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Mietminderung wegen mangelnden Schallschutzes: DIN-Normen zur Zeit der Gebäudeerrichtung maßgebend!

Bundesgerichtshof, Urteil vom 7.7.2010 — Aktenzeichen: VII-ZR 85/09

Sachverhalt
Die Mieter einer Wohnung in einem 2001/2002 errichteten Mehrfamilienhaus minderten die Bruttomiete um 10 % wegen Mängeln der Trittschalldämmung. Vertragliche Vereinbarungen zu Trittschallschutz oder Lärmfreiheit wurden nicht getroffen. Die Mieter rügten, dass aus der darüberliegenden Wohnung permament Wohngeräusche zu hören seien. Nach ihrer Auffassung war trotz Einhaltung des Normwerts der zur Zeit der Errichtung geltenden DIN-Norm (hier DIN 4109) ein Mangel der Mietsache vorhanden. Die Rechtsprechung des BGH zum Baurecht sei auf Mietsachen übertragbar.

Entscheidung
Der BGH folgt dem nicht. Die Mieter können die Miete nicht mindern. Die für das Bauvertragsrecht entwickelten Grundsätze sind auf das Wohnraummietrecht nicht übertragbar. Ohne eine dahingehende vertragliche Regelung hat der Wohnraummieter keinen Anspruch auf einen Schallschutz, der über die Grenzwerte der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden DIN-Norm hinausgeht. Der BGH führt seine Rechtsprechung konsequent fort und stellt für die Frage eines Mangels auf den bei der Errichtung des Gebäudes geltenden Maßstab ab. Anders als im Bauvertragsrecht sind keine höheren Schallschutzwerte zu fordern, als die Mindestanforderungen, die die DIN 4109 enthält.

Für das Bauvertragsrecht hat der BGH entschieden, dass durch die vereinbarte Bauweise in einwandfreier, den Regeln der Technik entsprechender Bauausführung höhere Schallschutzwerte erreicht werden müssen. Der Erwerber kann grundsätzlich erwarten, dass der Bauunternehmer den Schallschutz nach den zur Zeit der Abnahme geltenden Regeln der Technik erstellt.

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Zahlungen müssen pünktlich erfolgen. Was aber ist pünktlich?

OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.9.2009 — Aktenzeichen: 24 U 120/09

Früher entsprach es der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Rechtslehre, dass ein Zahlungsverzug bei Banküberweisungen ausschied, wenn der Überweisungsauftrag vor Ablauf der Zahlungsfrist bei der Bank des Schuldners eingegangen war, dessen Konto gedeckt war und die Bank den Auftrag fristgerecht angenommen hatte.

Seitdem allerdings der Europäische Gerichtshof die Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (Richtlinie 2000/35/EG), die Regelungen zu Zinsen bei Zahlungsverzug enthält, für die Auslegung nationalen Rechts herangezogen hat, ist diese Auffassung ins Wanken geraten.

Auch wenn die Richtlinie grundsätzlich nur im Geschäftsverkehr gilt und nur Regelungen zu Zinsen enthält, scheint es die Tendenz zu geben, diese Grundsätze zu verallgemeinern. In Ansehung dieser Entwicklung wird man sagen müssen, dass es für die Rechtzeitigkeit einer Zahlung auf den Eingang beim Gläubiger ankommt; dieser muss über den Zahlungsbetrag verfügen können.

Diese Erkenntnis hat nicht nur Bedeutung für die Geltendmachung eines Verzugsschadens (Zinsen und ggf. Anwaltskosten), sondern auch für die Beurteilung der Berechtigung einer Kündigung.

Entscheidung
In Anwendung dieser europarechtlichen Vorgabe hat das OLG Düsseldorf einen Verzug des Mieters bejaht, weil das Geld nicht bis zum vereinbarten Termin auf dem Konto des Vermieters war. Der Leitsatz lautete: Für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung genügt es nicht, die Leistungshandlung (etwa die Erteilung des Überweisungsauftrags) bis zum vereinbarten Kalendertag vorzunehmen, weil der Vermieter an diesem Tage über den Zahlbetrag verfügen können muss.

Bei Mietverhältnissen ist in § 556b Abs. 1 BGB geregelt, dass die Miete im voraus spätestens am dritten Werktag eines Monats zu zahlen ist. Der Bundesgerichtshof hat dazu am 13.7.2010 (VIII ZR 291/09) entschieden, dass bei der Frist zur Zahlung der Miete bis zum dritten Werktag der Samstag nicht mitzählt.

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Schönheitsreparaturen — Darf der Mieter selbst ran?

Bundesgerichtshof, Urteil vom 9.6.2010 — Aktenzeichen: VIII ZR 294/09

Leitsatz
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine Klausel in einem Wohnraummietvertrag wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam ist, wenn dem Mieter durch die Klausel die Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen auferlegt wird, ohne dass ihm die Möglichkeit zur Vornahme dieser Arbeiten in Eigenleistung offen steht.

Sachverhalt
Die beklagten Mieter waren bis September 2007 Mieter einer Wohnung der klagenden Wohnungsbaugesellschaft in München. Zu den Schönheitsreparaturen enthält der Mietvertrag folgende Bestimmungen:

„Der Mieter ist verpflichtet, die Schönheitsreparaturen, wie z.B. das Kalken, Anstreichen oder Tapezieren der Wände und Decken, das Streichen und die Behandlung der Fußböden, der Fenster und der Türen, in der Wohnung ausführen zu lassen, (…)“

Die Klägerin begehrt unter anderem Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen in Höhe von 7.036,35 €. Das Amtsgericht hat die Klage insoweit abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Vermieterin zurückgewiesen.

Entscheidung
Die dagegen gerichtete Revision der Vermieterin hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Mieter nicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet waren. Die im entschiedenen Fall verwendete Klausel zu den Schönheitsreparaturen kann aufgrund ihres Wortlauts („ausführen zu lassen‟) jedenfalls auch dahin verstanden werden, dass der Mieter unter Ausschluss der Möglichkeit einer Selbstvornahme die Arbeiten durch einen Fachhandwerker ausführen lassen muss. In dieser hier maßgeblichen – „kundenfeindlichsten“ – Auslegung hält die Klausel einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB nicht stand.

Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die formularvertragliche Überwälzung der nach dem Gesetz dem Vermieter obliegenden Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen auf den Mieter grundsätzlich zulässig. Allerdings hat der Bundesgerichtshof zugleich darauf hingewiesen, dass die zur Verkehrssitte gewordene Praxis einer Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter auch dadurch geprägt ist, dass der Mieter die ihm übertragenen Schönheitsreparaturen in Eigenleistung ausführen kann. Wird dem Mieter die Möglichkeit einer Vornahme der Schönheitsreparaturen in Eigenleistung – gegebenenfalls durch Hinzuziehung von Verwandten und Bekannten – genommen, stellt die Überwälzung dieser Arbeiten eine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar. Denn Schönheitsreparaturen sind – gleich ob sie der Mieter oder der Vermieter durchführen muss – lediglich fachgerecht in mittlerer Art und Güte auszuführen. Das setzt aber nicht zwingend die Beauftragung einer Fachfirma voraus.

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Änderung der vorgesehenen Mieterstruktur — Wer trägt das Risiko?

Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.3.2010 — Aktenzeichen: XII ZR 108/08

Sachverhalt
Die Klägerin vermietete Anfang 2005 an die geschäftlich unerfahrene Beklagte Räume im Erdgeschoss eines sechsgeschossigen im Bau befindlichen Gebäudes zum Betrieb eines Cafés. Vereinbart war eine Laufzeit von zehn Jahren mit einmaliger Verlängerungsoption zugunsten der Beklagten. Nachdem sich die von der Klägerin geplante Vermarktung der ersten vier Obergeschosse als Büroraum nicht realisieren ließ, veranlasste sie im Sommer 2005 den Ausbau dieser Geschosse als Wohnraum. Dies stellte die Beklagte vor wirtschaftliche Probleme, hatte sie sich doch von dieser gewerblichen Nutzung Vorteile für das Café erhofft. Die Parteien stritten im späteren gerichtlichen Verfahren darum, ob die Klägerin verpflichtet gewesen sei, wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage den Mietvertrag an die geänderten Verhältnisse anzupassen. Die Klägerin stellte sich auf den Standpunkt, die Änderung der Mieterstruktur sei Risiko des Gewerberaummieters. Diese Ansicht teilte der Bundesgerichtshof.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof ging zunächst davon aus, dass die Klägerin als Vermieterin nicht zugesichert habe, dass die über den Mieträumen gelegenen vier Stockwerke als Büroraum genutzt werden würden; vielmehr handelte es sich insoweit lediglich um eine gemeinsame Vorstellung der Parteien im Sinne einer Geschäftsgrundlage. Allerdings trage bei Gewerberaummietverhältnissen grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Dazu gehört auch das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfülle sich – so der Bundesgerichtshof — die Gewinnerwartung nicht, so verwirkliche sich ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Danach falle es in den Verantwortungsbereich des Mieters, als Unternehmer die Erfolgsaussichten eines Geschäfts in der gewählten Lage abzuschätzen. Das umfasse auch das Risiko einer Veränderung der Mieterstruktur im Umfeld des Mietobjekts.

Praxishinweis: Man darf sich nicht darauf verlassen, dass ein Vermieter sein Vermietungskonzept auch umsetzt. Ändert der Vermieter seine Absichten, ist der Mieter nur dann nicht schutzlos, wenn im Mietvertrag eine anderweitige Risikoverteilung vorgesehen ist. Im vorliegenden Fall hätte der Mieter etwa vereinbaren können, dass ein Kündigungsrecht besteht oder sich der Mietzins reduziert, sollte der Vermieter wider Erwarten nicht Büroraum in den oberen vier Geschossen realisieren.

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Baubetreuer kann haften

OLG Düsseldorf, Urteil vom 8.5.2009 — Aktenzeichen: 22 U 184/08

Sachverhalt
Die Bauherren beauftragten einen Baubetreuer mit der Betreuung ihres Bauvorhabens in wirtschaftlicher Hinsicht. Zu seinen Pflichten gehörte nach dem Inhalt des schriftlichen Vertrages „die Auswahl der Handwerker, die Erteilung von Aufträgen nach Weisung der Bauherren, die Kontrolle der Handwerker auf zügige Arbeit, Überwachen der Handwerkerleistungen auf Übereinstimmung mit Plänen und ordentliche mangelfreie Arbeit, erforderlichenfalls in Zusammenarbeit mit dem Architekten, nicht jedoch die technische Bauleitung, die beim Architekten verbleibt“.

Später gab es Wasserschäden, weil sich Niederschlagswasser in den Lichtschächten des Hauses aufstaute und in die Kellerräume eindrang. Der Erdbauunternehmer hatte entgegen den Vorgaben des Architekten zur Rückverfüllung der Arbeitsräume nicht Kies eingebaut, sondern den früheren Boden, der nicht hinreichend versickerungsfähig war. Der Baubetreuer hatte den Erdbauunternehmer nicht überwacht.

Die Bauherren nahmen nun den Baubetreuer wegen dieser Feuchteschäden auf Schadensersatz in Anspruch.

Der überraschte Baubetreuer wies jegliche Haftung von sich; er meinte, er habe doch nur die „wirtschaftliche“ Baubetreuung übernommen und vertrat überdies die Auffassung, die Bauherren mögen sich doch an den Architekten halten.

Entscheidung
Das OLG Düsseldorf folgte diesen Erwägungen des Baubetreuers nicht. Es war der Ansicht, dass der Baubetreuer werkvertragliche Leistungen erbracht habe; seine Haftung sei nicht beschränkt, er habe vielmehr (auch) typische Leistungen der Objektüberwachung übernommen und hafte daher „wie ein Bauleiter“ auf werkvertraglicher Grundlage.

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Jobcenter zahlt nicht — Ist die Wohnungskündigung zulässig?

Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.10.2009 — Aktenzeichen: VIII ZR 64/09

Sachverhalt
Ein Ehepaar mit Kindern mietete eine Wohnung. Nachdem der Alleinverdiener auszog, übernahm das Jobcenter die Miete, zahlte diese allerdings abweichend von der vertraglichen Regelung im Mietvertrag nicht pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt, sondern regelmäßig einige Tage später. Auch nach Abmahnung durch den Vermieter konnte diese Zahlungspraxis nicht umgestellt werden. Daraufhin kündigte der Vermieter wegen regelmäßigen Verzugs.

Entscheidung
Ohne Erfolg. Zum einen könne schon nicht ohne Weiteres gekündigt werden, wenn ein Alleinverdiener (und damit der solvente Schuldner) auszieht und für sich das Mietverhältnis kündigt; allein der Umstand, dass der wirtschaftlich Schwächere, möglicherweise Einkommenslose in der Wohnung bleibt, rechtfertigt nicht die Kündigung, es sei denn, die Miete wird nicht mehr gezahlt. Zum anderen rechtfertige das nicht dem Mietvertrag entsprechende Zahlungsverhalten des Jobcenters nicht die fristlose Kündigung, da das vertragswidrige Verhalten des Jobcenters der Mieterin nicht zuzurechnen sei.

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Unnötige Renovierung? — Mieter bekommt Kosten erstattet!

Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.5.2009 — Aktenzeichen: VIII ZR 302/07

Leitsatz
1. Ein Mieter, der auf Grund einer unerkannt unwirksamen Endrenovierungsklausel Schönheitsreparaturen in der Mietwohnung vornimmt, … wird nur im eigenen Rechts- und Interessenkreis tätig, weil er eine Leistung erbringen will, die rechtlich und wirtschaftlich Teil des von ihm für die Gebrauchsüberlassung an der Wohnung geschuldeten Entgelts ist.

2. Der nach § 818 Abs. 2 geschuldete Wertersatz, den der Vermieter an einen Mieter zu leisten hat, der die Mietwohnung vor seinem Auszug auf Grund einer unwirksamen Endrenovierungsklausel in Eigenleistung renoviert hat, bemisst sich üblicherweise nur nach dem, was der Mieter billigerweise neben einem Einsatz an freier Zeit an Kosten für das notwendige Material sowie als Vergütung für die Arbeitsleistung seiner Helfer aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis aufgewendet hat oder hätte aufwenden müssen.

Sachverhalt
Die Kläger hatten von 1999 bis 2006 eine Wohnung gemietet. Im Mietvertrag war eine unwirksame Endrenovierungsklausel (starre Fristenregelung mit Endrenovierungspflicht unabhängig von Wohndauer und Zustand) vereinbart. Gleichwohl haben die Kläger, die die Rechtsprechung zu Schönheitsreparaturen nicht kannten, in Eigenleistung renoviert. Erst später verlangten sie die aufgewandten Kosten vom Vermieter ersetzt.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass ein Anspruch dem Grunde nach besteht. Die Mieter können einen Ausgleich verlangen. Der Höhe nach bemisst sich dieser Anspruch aber nicht danach, was der Mieter für die Beauftragung eines Handwerkers hätte zahlen müssen; der Wert der zu ersetzenden Leistungen bemisst sich danach, was der Mieter billigerweise neben einem Einsatz an freier Zeit als Kosten für das notwendige Material sowie als Vergütung für die Arbeitsleistung seiner Helfer aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis aufgewendet hat oder hätte aufwenden müssen. Der Wert der Eigenleistungen macht allerdings in der Regel nur einen Bruchteil des Betrages aus, den der Mieter bei Beauftragung eines Handwerkers hätten aufbringen müssen. Anderes könne — so der Bundesgerichtshof — dann gelten, wenn die Ausführung der Schönheitsreparaturen zugleich Gegenstand eines von den Mietern in selbständiger beruflicher Tätigkeit geführtes Gewerbe ist.

Fazit:

Auf Vermieter wird eine Klagewelle zukommen. Man schätzt, dass etwa eine Million Mieterhaushalte Erstattungsansprüche geltend machen können.

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Mieterhöhung bei Flächenabweichung in der Mietwohnung zum Nachteil des Mieters

BGH, Urteil vom 8.7.2009 — Aktenzeichen: VIII ZR 205/09

Bei einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete ist die vertraglich vereinbarte Wohnfläche auch dann zu Grunde zu legen, wenn die tatsächliche Wohnfläche zum Nachteil des Mieters eine geringere Größe aufweist. Dies hat der Bundesgerichtshof nun klargestellt.

Einzelheiten erfahren Sie hier.

Sachverhalt
Die Klägerin ist Vermieterin einer Wohnung, die in dem Mietvertrag mit einer Wohnfläche von 55,75 m² angegeben ist. Die tatsächliche Wohnfläche beträgt nur 51,03 m². Es liegt daher eine Flächenabweichung zu Lasten des Mieters von 4,73 m² vor. Die Klägerin forderte die Mieterin und spätere Beklagte schriftlich unter Einhaltung der Formen und Fristen zur Zustimmung einer Mieterhöhung von 360,47 € auf 432,56 € entsprechend 7,76 € je m² auf. Hierbei legte sie die im Mietvertrag angegebene Wohnfläche von 55,75 m² zu Grunde. Die Mieterin verweigerte die Zustimmung unter Hinweis auf die tatsächliche Wohnfläche von 51,03 m².

Ohne Erfolg.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass bei einem Mieterhöhungsverlangen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete gem. § 558 BGB dann die in dem Mietvertrag angegebene Wohnfläche und nicht die tatsächliche (geringere) Wohnfläche zu Grunde zu legen ist, wenn die Flächenabweichung nicht mehr als 10 % beträgt. Die Abweichung der angegebenen Wohnfläche zur tatsächlichen Wohnfläche liege innerhalb der Toleranzgrenze, die der Bundesgerichtshof auch bereits für den Fall einer zum Nachteil des Vermieters wirkenden Flächenabweichung angenommen hatte. Erst bei einer Überschreitung der Erheblichkeitsgrenze von 10 % sei es dem jeweils nachteilig betroffenen Vertragspartner nicht mehr zumutbar, sich an dieser Vereinbarung (= die in dem schriftlichen Mietvertrag angegebene Wohnfläche) festhalten zu lassen. Erst dann ist die tatsächliche Wohnfläche maßgeblich.

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