Verpächter darf Pachtsache nach Vertragsende nicht eigenmächtig in Besitz nehmen.

OLG Hamm, Urteil vom 23.8.2012 — Aktenzeichen: 10 U 68/12

Leitsatz
Nach Beendigung des Pachtverhältnisses besteht für den Pächter gemäß § 596 Abs. 1 BGB die vertragliche Verpflichtung, dem Verpächter die Pachtsache zurückzugeben und ihm daran wieder den unmittelbaren Besitz zu verschaffen.

Ist der Verpächter — wie bei frei zugänglichen Landwirtschaftsflächen — ohne weiteres Zutun in der Lage, die „Gewalt über die Sache auszuüben“, dann genügt für die Besitzrückübertragung des Pächters bei Pachtende auf ihn gemäß § 854 Abs. 2 BGB die Einigung beider auf die Übertragung der bestehenden Besitzlage. Fehlt es an einer solchen Einigung, so verbleibt der Besitz (=tatsächliche Sachherrschaft) beim Pächter, so dass der Verpächter verpflichtet ist, seinen Herausgabeanspruch mit gerichtlicher Hilfe durchzusetzen.

Nimmt der Verpächter nach Pachtvertragsende die Pachtsache ohne den Willen des Pächters und ohne gesetzlich Gestattung in Besitz, handelt es sich um verbotene Eigenmacht.

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„Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“ — Ein Irrtum über Mangel rechtfertigt nicht eine Minderung!

Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.7.2012 — Aktenzeichen: VIII ZR 138/11

Sachverhalt
Der Bundesgerichtshof hat sich mit der Frage befasst, ob dem Mieter auch dann fristlos wegen eines Mietrückstands gekündigt werden kann, wenn der Mieter die Miete aufgrund eines Irrtums über die Ursache eines Mangels nicht entrichtet.

Die Beklagten sind Mieter eines Einfamilienhauses der Kläger. Im Dezember 2008 teilten sie den Klägern mit, dass sich im Haus aufgrund baulicher Mängel Schimmel und Kondenswasser bilden würden. Anlässlich eines Ortstermins im Dezember 2008 brachten die Kläger gegenüber den Beklagten zum Ausdruck, dass ihrer Ansicht nach das Heiz- und Lüftungsverhalten der Beklagten dafür verantwortlich sei. Die Beklagten minderten die vertraglich vereinbarte Bruttomiete in Höhe von 1.550 € pro Monat für die Monate März 2009 bis Juni 2010 um jeweils 310 € (20 %). Die Kläger kündigten das Mietverhältnis mit Schriftsatz vom 7. Januar 2010 wegen des bis dahin aufgelaufenen Mietrückstands in Höhe von 3.410 € fristlos.

Mit ihrer Klage haben die Kläger Zahlung des bis Januar 2010 aufgelaufenen Mietrückstands nebst Zinsen sowie die Räumung des Hauses verlangt. Das Amtsgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens mit Urteil vom 27. Mai 2010 einen zur Minderung berechtigenden Mangel verneint und der Klage in vollem Umfang stattgegeben.

Die Beklagten glichen daraufhin im Juni 2010 den für die Monate Februar 2010 bis Mai 2010 aufgelaufenen Mietrückstand aus und zahlten ab Juli 2010 unter Vorbehalt wieder die volle Miete. Während des Berufungsverfahrens glichen die Beklagten im Februar 2011 den zu diesem Zeitpunkt noch offenen Mietrückstand vollständig aus.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Beklagten – nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 3.410 € übereinstimmend für erledigt erklärt hatten – zur Zahlung von Zinsen verurteilt und die Klage hinsichtlich der Räumung abgewiesen. Bei der Begründung hat es darauf abgestellt, dass die Beklagten kein Verschulden an der Nichtzahlung der Miete treffe und sie sämtliche Rückstände im Februar 2011 ausgeglichen hätten.

Entscheidung
Die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision der Kläger, also der Vermieter, hatte Erfolg. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass auch im Rahmen des § 543 Abs. 2 BGB der Mieter die Nichtzahlung der Miete zu vertreten hat, wenn ihm Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last fällt. Das ist der allgemeine Sorgfaltsmaßstab des § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB. Für eine mildere Haftung und damit eine Privilegierung des Mieters besteht auch in den Fällen kein Anlass, in denen der Mieter die Ursache eines Mangels, hier der Schimmelpilzbildung, fehlerhaft einschätzt. Der Mieter kann bei Zweifeln die Miete unter Vorbehalt zahlen, so dass ihm die Möglichkeit bleibt, eine gerichtliche Klärung seiner Rechte herbeizuführen, ohne dem Risiko einer fristlosen Kündigung ausgesetzt zu sein. Im vorliegenden Fall kann der Zahlungsverzug nicht wegen fehlenden Verschuldens der Beklagten verneint werden. Den Beklagten musste sich die Vermutung aufdrängen, dass das Vorhandensein von zwei Aquarien sowie eines Terrariums mit Schlangen eine die Schimmelbildung begünstigende höhere Luftfeuchtigkeit in der gemieteten Wohnung bedingte und somit an das Lüftungsverhalten entsprechend höhere Anforderungen zu stellen waren.

Die Mietrückstände wurden erst im Februar 2011 vollständig ausgeglichen. Da diese Zahlung nicht mehr innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB erfolgte, ließ sie die Wirksamkeit der Kündigung vom 7. Januar 2010 unberührt, so dass die Beklagten zur Räumung verpflichtet sind.

Praxishinweis
Streit zwischen Mietvertragsparteien um Schimmel und dessen Ursache gibt es häufig. Der Mieter behauptet einen Baumangel, der Vermieter verteidigt sich, der Mieter habe nicht ordentlich gelüftet. Es ist für einen Mieter gefährlich, die Miete einfach zu mindern oder als Druckmittel einzubehalten. Stellt sich später heraus, dass ein vom Vermieter zu verantwortender Mangel nicht besteht, weil etwa der Schimmel auf einem unzulänglichen Mieterverhalten beruht, erfolgte der Einbehalt nämlich zu Unrecht. Erreicht der Einbehalt zwei Monatsmieten, ist der Vermieter in der Regel sogar zur sofortigen außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt.

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Vermieter bestimmt die Höhe der Miete — Geht das?

Bundesgerichtshofs, Urteil vom 9.5.2012 — Aktenzeichen: XII ZR 79/10

Leitsatz
In einem gewerblichen Mietvertrag hält eine Klausel, die dem Vermieter ein Leistungsbestimmungsrecht dahingehend einräumt, bei einer Änderung der ortsüblichen oder angemessenen Miete den vom Mieter zusätzlich oder weniger zu zahlenden Betrag nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) festzusetzen, der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB stand.

Sachverhalt
Die Klägerin verlangt als öffentlich-rechtliche Person und Eigentümerin von dem Beklagten — einem Segelverein — die Zahlung eines „Nutzungsentgeltes“ aus einem Vertrag, der den Beklagten berechtigt, eine Steganlage sowie eine Wasserfläche zu nutzen. Die Parteien schlossen 1998 einen „Nutzungsvertrag“, der für die Zeit ab dem 1. Januar 1996 ein von der Beklagten zu zahlendes jährliches Nutzungsentgelt in Höhe von 2.099,00 DM vorsah. Der Vertrag enthielt u.a. folgende, von der Klägerin in einer Vielzahl vergleichbarer Verträge verwendete, Vereinbarung:

㤠5 Nutzungsentgelt und Nebenkosten

Die Klägerin prüft nach Ablauf von jeweils drei Jahren, erstmals zum 1. Januar 1999, ob das Nutzungsentgelt noch ortsüblich oder sonst angemessen ist. Bei einer Änderung setzt sie den zusätzlich oder den weniger zu zahlenden Betrag nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) fest und teilt dem Nutzer die Höhe des künftig zu zahlenden Nutzungsentgelts mit.“

Nach einer ersten Entgeltanpassung zum 1. Januar 1999, setzte die Klägerin zum 1. Januar 2002 das jährliche Nutzungsentgelt auf 1.639,20 Euro fest, was der Beklagte auch akzeptierte. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2002 verlangte die Klägerin von dem Beklagten zum 1. Januar 2005 zunächst eine weitere Entgeltanpassung auf 3.197,00 Euro, die nach Verhandlungen der Parteien von der Klägerin auf jährlich 2.049,00 Euro reduziert wurde.

Der Beklagte zahlte in den Jahren 2005, 2006 und 2007 jeweils nur den Betrag, den die Klägerin mit der Erhöhung zum 1. Januar 2002 verlangt hatte (1.639,20 Euro). Die Klägerin macht mit der Klage das nicht gezahlte Nutzungsentgelt der Jahre 2005, 2006 und 2007 in Höhe von je 409,80 Euro, insgesamt also 1.229,40 Euro geltend.

Das Amtsgericht hat nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zur Höhe des ortsüblichen Nutzungsentgelts die Klage mit der Begründung abgewiesen, § 5 des Vertrages sei gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. So etwas dürfe man im Kleingedruckten nicht vereinbaren.Di e Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidung
Dies sah der Bundesgerichtshof anders. Unzutreffend sei das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte durch die Regelung zur Anpassung des Nutzungsentgelts in § 5 des Nutzungsvertrages unangemessen benachteiligt werde und die Klausel daher gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam sei.

Der Bundesgerichtshof hat wie folgt geurteilt:

Durch den Nutzungsvertrag wird der Klägerin die Berechtigung eingeräumt, alle drei Jahre, erstmals zum 1. Januar 1999, bei einer Änderung der in Satz 1 der Klausel genannten Voraussetzungen die Höhe der Miete nach billigem Ermessen neu festzusetzen. Die Parteien haben damit zur Wertsicherung der Miete einen sogenannten Leistungsvorbehalt zugunsten der Klägerin vereinbart. Eine Leistungsvorbehaltsklausel liegt vor, wenn dem Bestimmungsberechtigten hinsichtlich des Ausmaßes der Änderung der geschuldeten Miete ein Ermessensspielraum verbleibt, der es ermöglicht, die neue Höhe des zu zahlenden Betrages nach Billigkeitsgrundsätzen festzusetzen. Eine solche Wertsicherungsklausel, durch die einem der Vertragspartner ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gemäß § 315 BGB eingeräumt wird, unterfällt gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über das Verbot der Verwendung von Preisklauseln bei der Bestimmung von Geldschulden vom 7. September 2007 (BGBl I S. 2246, nachfolgend: PrKG) zwar nicht dem Preisklauselverbot des § 1 Abs. 1 PrKG. Ist die Leistungsvorbehaltsklausel jedoch in vorformulierten Vertragsbedingungen i. S. v. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB enthalten, unterliegt sie einer Überprüfung am Maßstab des § 307 BGB. Eine Inhaltskontrolle nach dieser Vorschrift ist insbesondere nicht durch § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Denn durch die Einräumung und nähere Ausgestaltung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts, das eine Vertragspartei zu einer Preisanpassung berechtigt, wird von dem Grundsatz abgewichen, dass Leistung und Gegenleistung im Vertrag festzulegen sind.

Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Verwender allgemeiner Geschäftsbedingungen sind daher nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Die Beschreibung muss für den anderen Vertragsteil nachprüfbar und darf nicht irreführend sein. Dabei dürfen allerdings die Anforderungen an den Verwender nicht überspannt werden.

Bei einer Mietanpassungsklausel erfordert das Transparenzgebot eine verständliche Formulierung, die insbesondere den Anlass der Mietänderung, die Bezugsgrößen sowie den Umfang der Mietanpassung umschreibt. Diesen Anforderungen an die Klarheit und Verständlichkeit einer vorformulierten Vertragsbestimmung wird die Regelung in § 5 des Nutzungsvertrages gerecht. Aus dem Wortlaut werden für einen Vertragspartner der Klägerin Zeitpunkt und Anlass für eine Mietanpassung hinreichend deutlich erkennbar.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird die Klausel auch nicht dadurch intransparent, dass das Recht der Klägerin zu einer Anpassung der Miete davon abhängig gemacht wird, dass das gezahlte Nutzungsentgelt „noch ortsüblich oder sonst angemessen“ ist. Die gewählte Formulierung bringt in verständlicher Art und Weise zum Ausdruck, dass die Klägerin nicht nur bei einer Veränderung der ortsüblichen Miete, sondern auch dann zu einer Mietpreisanpassung berechtigt ist, wenn zum Prüfungszeitpunkt die gezahlte Miete keinen ausreichenden Gegenwert mehr für die Nutzung des Mietgegenstands darstellt. Der Begriff des angemessenen Nutzungsentgelts soll dabei erkennbar die Fälle erfassen, bei denen, unabhängig von einer Veränderung der ortsüblichen Miete, das von den Parteien bei Vertragsschluss vorausgesetzte Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung e allgemeine Preisentwicklung, nicht mehr gewahrt ist. Eine genauere Bezeichnung des Anlasses für eine Mietanpassung erfordert das Transparenzgebot nicht.

Rechtsfehlerhaft ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Mietanpassungsklausel verstoße deshalb gegen das Transparenzgebot, weil sich aus ihr der Maßstab für die neu festzusetzende Miete nicht klar ergebe. Nach § 5 kann die Klägerin den zusätzlich oder weniger zu zahlenden Betrag nach billigem Ermessen festsetzen. Durch die ausdrückliche Bezugnahme in dieser Klausel auf § 315 BGB wird der Klägerin nicht nur ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht i. S. d. § 315 Abs. 1 BGB eingeräumt, sondern der Ausübung dieses Rechts verbindlich der Maßstab des § 315 Abs. 1 BGB zu Grunde gelegt. Der Klägerin wird durch die Bezugnahme auf § 315 BGB bei der Anpassung der Miete ein Ermessenspielraum eingeräumt, der durch den Begriff der Billigkeit begrenzt wird. Damit ist der Maßstab für eine mögliche Mietpreisänderung i. S. v. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB hinreichend bestimmt. Der Vertragspartner der Klägerin kann erkennen, dass eine von der Klägerin vorgenommene Mietpreisänderung nur dann von der Mietanpassungsklausel gedeckt ist, wenn die geänderte Miete einer Überprüfung anhand der zu § 315 BGB entwickelten Grundsätzen standhält. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspricht eine einseitige Preisbestimmung in der Regel dann der Billigkeit i. S. v. § 315 Abs. 1 BGB, wenn das verlangte Entgelt im Rahmen des Marktüblichen liegt und dem entspricht, was regelmäßig als Preis für eine vergleichbare Leistung verlangt wird (vgl. BGH Urteil vom 2. Oktober 1991 — VIII ZR 240/90 — NJW-RR 1992, 183, 184). Eine weitere Konkretisierung des Umfangs einer möglichen Mietanpassung verlangt das Transparenzgebot nicht.

Die Beklagte wird durch die Mietanpassungsklausel auch nicht aus anderen Gründen i. S. v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligt.Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine Klausel ist unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn der Verwender die Vertragsgestaltung einseitig für sich in Anspruch nimmt und eigene Interessen missbräuchlich auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Bei der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind die Art des konkreten Vertrags, die typischen Interessen der Vertragschließenden und die die jeweilige Klausel begleitenden Regelungen zu berücksichtigen (vgl. BGH Urteil vom 24. März 2010 — VIII ZR 304/08 — NJW 2010, 2793 Rn. 33 mwN).

Mietanpassungsklauseln können grundsätzlich im Wege allgemeiner Geschäftsbedingungen vereinbart werden. Dies folgt bereits aus § 309 Nr. 1 BGB, der für Preisanpassungsklauseln ein uneingeschränktes Klauselverbot nur für Bestimmungen über kurzfristige Preiserhöhungen in Verträgen über Warenlieferungen oder Dienstleistungen vorsieht und Dauerschuldverhältnisse ausdrücklich vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift ausnimmt. Sie unterliegen auch dann der weiteren Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn sie dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB genügen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen Preisänderungsklauseln bei langfristigen Vertragsverhältnissen, insbesondere solchen, die auf Leistungsaustausch gerichtet sind, ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung dar. Denn sie dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern, und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge auners des Verwenders einer Preisänderungsklausel daran zu berücksichtigen, vor Preisanpassungen geschützt zu werden, die über die Wahrung des ursprünglich festgelegten Äquivalenzverhältnisses hinausgehen. Der Verwender von in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Preisanpassungsklauseln hat dagegen — insbesondere bei auf Dauer angelegten Geschäftsverbindungen — das ebenfalls anerkennenswerte Bedürfnis, seine Preise den aktuellen Kosten- oder Preisentwicklungen anzupassen. Andernfalls müssten die zukünftige allgemeine Preisentwicklung oder mögliche Veränderung des Mietmarktes bereits bei der Kalkulation der bei Mietbeginn festgesetzten Miete berücksichtigt werden, was in der Regel zu einer höheren Miete führen würde.

Eine Preisanpassungsklausel hält allerdings dann einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand, wenn sie dem Vermieter die Möglichkeit bietet, seinen Gewinn einseitig zu Lasten des Mieters zu vergrößern.

Danach hält die Mietanpassungsklausel in § 5 des Nutzungsvertrages einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.

Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners der Klägerin ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin durch ihre faktische Monopolstellung die zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens herangezogene Vergleichsmiete mittelbar selbst bestimmen kann. Zwar ist dem Berufungsgericht zuzugeben, dass für Bundeswasserstraßen allein die Klägerin das Nutzungsentgelt festsetzt und sie damit maßgeblichen Einfluss auf die Höhe des Nutzungsentgelts für vergleichbare Mietobjekte an Bundeswasserstraßen ausübt. Eine Erhöhung der Miete für die Neuvermietung vergleichbarer Mietobjekte führt nach der Regelung des § 5 des Nutzungsvertrags jedoch nicht zwingend auch zu einer Mieterhöhung bei einem bestehenden Mietvertrag. Hält der Mieter die Mietanpassung für unangemessen, kann er sich auf die Unbilligkeit der Leistungsbestimmung berufen und im Rahmen einer von der Klägerin erhobenen Zahlungsklage die Einrede erheben, die Bestimmung sei unbillig und damit gemäß § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB für ihn unverbindlich. Das mit der Sache befasste Gericht hat dann gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts gegeben sind und die Mietpreisanpassung der Billigkeit entspricht. Dadurch wird der Mieter ausreichend vor einem Missbrauch des Leistungsbestimmungsrechts geschützt.

Schließlich wird der Beklagte durch die Klausel auch nicht dadurch unangemessen benachteiligt, dass ihm für den Fall der wirksamen Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts keine Kündigungsmöglichkeit eingeräumt wird. Eine Preisanpassungsklausel muss nicht zwingend die Möglichkeit einer vorzeitigen Kündigung des Vertragsverhältnisses vorsehen. Die Einräumung eines Kündigungsrechts kann bei einer Klausel, die für sich betrachtet eine unangemessene Benachteiligung bewirken könnte, einen Ausgleich darstellen, damit die Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB standhält. Wird der Vertragspartner des Verwenders durch eine Preisanpassungsklausel jedoch nicht unangemessen benachteiligt, wird die Klausel nicht deshalb unwirksam, weil sie für den Fall der Ausübung des Preisanpassungsrechts keine Kündigungsmöglichkeit für den anderen Vertragsteil vorsieht.

Nach alldem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Auf die Revision ist es aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil weitere Feststellungen dazu zu treffen sind, ob die von der Klägerin festgesetzte Miete der Billigkeit entspricht. Das Verfahren ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Praxishinweis:

Nicht jede Vertragsklausel, die auf erste Sicht den Interessen des Vermieters dient und vielleicht unangemessen erscheint, ist auch unwirksam.

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Klimawandel in gemieteten Büroräumen — Heiße Räume rechtfertigen nicht die Minderung!

Kammergericht Berlin, Urteil vom 5.3.2012 — Aktenzeichen: 8 U 48/11

Leitsatz
1. Das Überschreiten einer Innenraumtemperatur von 26°C in Büroräumen ohne Klimatisierung stellt nicht ohne weiteres einen Sachmangel dar. Allein aus einer Nichteinhaltung arbeitsschutzrechtlicher Vorschriften, die für den Mieter in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber gelten, kann nicht auf einen mietrechtlichen Mangel geschlossen werden.

2. Eine Mietminderung wegen unzumutbarer, auf unzureichendem Wärmeschutz des Gebäudes beruhenen Innentemperaturen setzt in tatsächlicher Hinsicht eine taggenaue Darlegung der gemessenen Innen- und Außentemperaturen voraus.

3. Temperaturmessungen von 10 bzw. 12 Tagen sind bei einem Minderungszeitraum von drei Monaten nicht ausreichend.

4. Dass der Vermieter Maßnahmen zur Verbesserung des Raumklimas ergreift, ist kein Sachmangel-Eingeständnis.

Sachverhalt
Der Mieter von Büroräumen minderte in den warmen Sommermonaten die Miete um 10 %, weil die Räume überhitzt seien. Er behauptete Temperaturen von durchgängig 30°C und mehr.

Entscheidung
Das Kammergericht gab dem Vermieter Recht und stellte für den Mieter hohe Hürden auf. Hitze durch Sonneneinstrahlung sei allgemeines Lebensrisiko des Mieters. Die Regelungen der Arbeitsstättenverordnung und -richtlinie sowie der DIN 1946 seien nur mit großer Vorsicht zur Bestimmung eines mangelhaften Zustands heranzuziehen. Jedenfalls hielt das Kammergericht die Darlegungen des Mieters für unzureichend; er hätte vielmehr für jeden Tat die Temperaturverhältnisse außen und innen darlegen und ggf. auch beweisen müssen. Es bedürfe präziser Angaben über die konkreten Temperaturen, ggf. auch stundenweise.

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Einbauten des Mieters — Was passiert mit ihnen bei Vertragsende?

OLG Düsseldorf, Urteil vom 4.8.2011 — Aktenzeichen: 24 U 48/11

Leitsatz
Das Wegnahmerecht des Mieters ist nicht auf Einrichtungen beschränkt, sondern es erfasst auch Einbauten, und zwar ohne Rücksicht auf das Eigentum an den Einbauten.

Sachverhalt
Der Mieter nimmt diverse Einbauten innerhalb des von ihm gemieteten Objekts vor. So baut er Türen, Zargen, Toiletten und Waschtische ein. Bei Beendigung des Mietverhältnisses nimmt er diese Einbauten mit, da er diese in den neu gemieteten Räumen wieder verwenden kann. Von ihm eingebaute Podeste und Trennwände lässt er im Objekt.

Im Mietvertrag wurde vereinbart, dass bei Beendigung des Mietverhältnisses die Einbauten zu beseitigen sind und der Mieter den früheren Zustand wieder herzustellen hat.

Nach Auszug des Mieters lässt der Vermieter die Podeste und Trennwände zurückbauen, ohne dem Mieter Gelegenheit zu geben, dies selbst zu bewerkstelligen; auch eine Frist setzte der Vermieter nicht. Die für den Rückbau erforderlichen Kosten verlangt er nun vom Mieter ersetzt. Ferner beansprucht er Herausgabe der nach seiner Einschätzung zu Unrecht mitgenommenen Toiletten und Waschtische.

Der Mieter wies die Ansprüche zurück.

Entscheidung
Im Ergebnis blieb die Klage des Vermieters ohne Erfolg.

Das Oberlandesgericht gab dem Mieter Recht. Zunächst sei hinsichtlich der vom Mieter veranlassten Einbauten unbeachtlich, wer Eigentümer dieser Einbauten geworden ist (wenn die Einbauten wesentlicher Bestandteil des Mietobjekts werden, wird der Grundstückseigentümer kraft Gesetzes Eigentümer an den Einbauten, wenn der Einbau nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck vorgenommen wurde). Das Wegnahmerecht des Mieters nach § 539 Abs. 2 BGB sei ein sog. Aneignungsrecht; dieses beziehe sich nicht nur auf bewegliche Sachen, sondern auch auf Einbauten, also auch bauliche Veränderungen der Gebäudesubstanz. Schadensersatz könne der Vermieter deshalb nicht verlangen, weil er es versäumt habe, dem Mieter in Verzug zu setzen, bevor der Vermieter mit der Ersatzvornahme (= Rückbau) begonnen habe.

Fazit:
Wenn der Mieter vereinbarungsgemäß Umbauten vornehmen darf/soll, sollten sich die Mietvertragsparteien schon bei Vertragsschluss darüber konkret verständigen. Insbesondere sollten die Parteien regeln, was bei Beendigung des Mietverhältnisses gelten soll. Andernfalls ist Streit vorprogrammiert.

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Kaution nicht gezahlt — Außerordentliche Kündigung!!!

OLG Koblenz, Urteil vom 3.6.2011 — Aktenzeichen: 2 U 793/10

Leitsatz
1. Bei einem Gewerberaummietverhältnis ist der Vermieter zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, wenn der Mieter die Kaution nicht leistet.

2. Der Vermieter kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen. Nicht mehr angemessen ist ein Zuwarten von zehn Monaten.

Sachverhalt
Die Parteien verbindet ein Gewerberaummietverhältnis. Vereinbart war eine Kautionszahlung durch den Mieter. Trotz Abmahnung zahlte der Mieter die Kaution nicht. Deshalb kündigte der Vermieter fristlos. Die Kündigung ging dem Mieter erst nach zehn Monaten nach Fälligkeit der Kautionszahlung zu.
Entscheidung
Das OLG Koblenz hielt die Kündigung für unbegründet. Zwar stelle – so das Gericht — die Nichtzahlung der Kaution einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung dar; denn aufgrund des Sicherungsbedürfnisses des Vermieters sei die Nichtzahlung der Kaution eine schwerwiegende Störung des Mietverhältnisses. Allerdings dürfe ein Vermieter mit der Kündigungserklärung nicht zu lange zuwarten. Ein Zuwarten von zehn Monaten sei zu lang; es handele sich — so das Gericht — nicht mehr um eine angemessene Frist im Sinne von § 314 Abs. 3 BGB.

Praxishinweis
Aus Vermietersicht sollte kurzfristig nach Verzug des Mieters mit der Kautionszahlung gekündigt werden, um das Kündigungsrecht nicht zu verwirken. Allerdings dürfte ein Kündigungsrecht auch dann noch bestehen, wenn ein Mieter erst während des laufenden Mietverhältnisses mit der Miete in Verzug gerät; dann entsteht ja erst das konkrete Sicherungsbedürfnis. Aus diesem Grund hat etwa der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 21.03.2007 (XII ZR 36/05) entschieden, dass auf das aktuelle Sicherungsbedürfnis abzustellen sei; in jenem Fall geriet der Mieter mit der Mietzahlung erst nach Jahren in Verzug. Dies sei der maßgebende Zeitpunkt, von dem die angemessene Frist zu berechnen sei. Der Bundesgerichtshof hielt seinerzeit eine Frist von vier Monaten für noch angemessen.

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Zulässigkeit des Einbaus von funkbasierten Ablesesystemen in Mietwohnungen

BGH, Urteil vom 29.9.2011 — Aktenzeichen: VIII ZR 326/10

Leitsatz
1. § 4 Abs. 2 S. 1 Halbsatz 2 der Heizkostenverordnung umfasst nicht nur die Erstausstattung der Mieträume mit Heizkostenerfassungsgeräten und den Austausch unbrauchbar gewordener Geräte, sondern begründet auch eine Duldungspflicht des Mieters für den Austausch noch funktionstüchtiger Messgeräte durch moderne Systeme.

2. Die Duldungspflicht des Mieters zum Einbau von modernen Kaltwasserzählern ergibt sich aus § 554 Abs. 2 BGB.

Sachverhalt
Die Klägerin ist Eigentümer eines Mehrfamilienhauses. Die Beklagte hat in dem Mehrfamilienhaus eine Wohnung angemietet. Das Objekt ist mit einer Zentralheizung ausgestattet. Der Verbrauch von Brennstoffen sowie Warm- und Kaltwasser wird über entsprechende Verbrauchserfassungsgeräte erfasst.

Im Mai 2009 wollte die Klägerin im Rahmen eines Regelaustauschs die Heizkostenverteiler durch ein funkbasiertes Ablesesystem ersetzen. Die Beklagte verweigerte den Austausch mit der Begründung, dass sie in der von ihr angemieteten Wohnung kein mit Funk arbeitendes System einsetzen wolle. In den Vorinstanzen wurde dem Anspruch der Klägerin auf Duldung des Austausches der vorhandenen Ablesegeräte für Wärme, Warmwasser und Kaltwasser gegen ein Funksystem stattgegeben.

Hiergegen richtete sich die Revision der Beklagten.

Entscheidung
Der BGH hat entschieden, dass die Mieterin den Einbau der funkbasierten Zähler zu dulden hat. Hinsichtlich des Austausches des Heiz-, Energie- und Warmwasserzählers ergibt sich dieser Anspruch aus § 4 Abs. 2 S. 1 Halbssatz 2 der Heizkostenverordnung. Nach Ansicht des BGH erfasst diese Norm nicht nur die Erstausstattung der Mieträume mit Heizkostenerfassungsgeräten und den Austausch unbrauchbar gewordener Geräte, sondern begründet auch eine Duldungspflicht des Mieters für den Austausch noch funktionstüchtiger Messgeräte durch moderne Systeme.

Der Anspruch auf Duldung des Austausches des Kaltwasserzählers ergibt sich zudem aus § 554 Abs. 2 BGB. Nach Auffassung des BGH handelt es sich hierbei um eine Wohnwertverbesserung, die revisionsrechtlich nicht zu beanstanden sei.

Insbesondere kann der Wert des Mietobjekts erhöht werden, wenn dieses zum Zweck der Ablesung nicht mehr vom Vermieter bzw. seinen Hilfspersonen betreten werden muss.

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Wasserversorgung nach Beendigung des Mietverhältnisses — Was schuldet der Vermieter?

Kammergericht Berlin, Urteil vom 16.5.2011 — Aktenzeichen: 8 U 2/11

Leitsatz
Mit Beendigung des Mietverhältnisses endet auch die Pflicht des Vermieters zur Gebrauchsüberlassung. Bei der Prüfung der Frage, ob der Vermieter gleichwohl nach Treu und Glauben zur Versorgungsleistung verpflichtet ist, ist das Interesse des Mieters an der Aufrechterhaltung des Mietgebrauchs gegenüber dem Interesse des Vermieters an der Einstellung der Versorgungsleistungen abzuwägen. Unerheblich ist dabei das Interesse des Vermieters an der Räumung.

Sachverhalt
Die Mieterin betreibt in den von ihr gemieteten Räumen einen Friseurladen. Nach Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter zieht die Mieterin aber nicht aus. Der Vermieter stellt daher kurzerhand das Wasser ab. Ohne Wasser kann die Mieterin das Friseurgeschäft nicht weiter betreiben. Sie verlangt daher im Wege eines gerichtlichen Eilverfahrens die Wiederherstellung der Wasserversorgung.

Entscheidung
Im Ergebnis gibt ihr das Gericht Recht. Trotz wirksamer Beendigung des Mietvertrages bestehe — so das Gericht — eine Verpflichtung des Vermieters, den Mieter bis zur Räumung weiterhin mit Wasser, Wärme und Strom zu versorgen. Hier hat das Gericht die Interessen sowohl des Vermieters als auch der Mieterin abgewogen und ist zum Ergebnis gelangt, dass die Interessen der Mieterin Vorrang haben, da die Einstellung der Wasserversorgung gleichbedeutend sei mit der sofortigen Einstellung des Geschäftsbetriebs. Dem gegenüber stehe das Risiko des Vermieters, durch das Aufrechterhalten der Versorgung einen weiteren Schaden zu erleiden; dieser Schaden sei aber im Hinblick darauf, dass die Mieterin die laufende Miete und die Vorauszahlungen auf die Nebenkosten zahle, eher gering; außerdem sei davon auszugehen, dass die Mieterin diese bis zur Räumung ordnungsgemäß zahle. Allein das Interesse des Vermieters an der schnellen Räumung reiche nicht.

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Mängelhaftung eines Vermieters bei Verstößen gegen öffentlich-rechtliche Bauvorschriften?

OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.10.2010 — Aktenzeichen: 24 U 28/10

Leitsatz
Verstößt die Mietsache gegen öffentliches Baurecht, so begründet dies eine Mangelhaftung des Vermieters erst, wenn ein ordnungsbehördliches Einschreiten ernstlich zu erwarten ist.

Sachverhalt
Vermietet war ein Reha-Zentraum. Weil Brandschutzmängel bestanden, minderte der Mieter die Miete. Die Baubehörde wusste um die Brandschutzmängel, hatte aber insoweit eine Nutzungsuntersagung weder angedroht noch erlassen.

Entscheidung
Das OLG Düsseldorf ließ den Vermieter gewinnen. Allein die Möglichkeit, dass eine Behörde einschreiten könnte, begründete — so das OLG — kein Minderungsrecht. Die Miete wäre erst gemindert, wenn der vertragsgemäße Gebrauch konkret beeinträchtigt wäre, also erst dann, wenn ein behördliches Einschreiten ernsthaft zu erwarten gewesen wäre oder bereits erfolgt wäre.

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Minderung bei Gewerbemietverträgen

Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.12.2010 — Aktenzeichen: XII ZR 132/09

Leitsatz
Wirkt sich in einem Gewerberaummietvertrag ein Mangel nur periodisch erheblich auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache aus, ist der Mietzins auch nur in diesem Zeitraum kraft Gesetzes herabgesetzt.

Sachverhalt
Der Beklagte mietete von der Klägerin Räume zum Betrieb einer Kinderarztpraxis. Nach dem Formularmietvertrag war die Aufrechnung und Zurückbehaltung der Miete nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen zulässig. Der Beklagte kürzte im September 2008 und danach auch in den Folgemonaten die Miete mit der Behauptung, die Räume seien im Sommer wegen zu hoher Temperaturen nicht nutzbar.

Mit der Klage verlangte die Klägerin Zahlung restlicher Miete für die Monate Oktober und November 2008.

Diese Klage hatte Erfolg.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof hat in der Revisionsinstanz den Anspruch der Klägerin bejaht. Eine Minderung der Miete in den Monaten Oktober und November sei schon deshalb nicht in Betracht gekommen, weil die Gebrauchstauglichkeit der Mieträume in diesem Zeitraum nicht durch Überhitzung beeinträchtigt war. Zwar könne auch dann von einer nicht nur unerheblichen Einschränkung des vertragsgemäßen Gebrauchs ausgegangen werden, wenn der Mangel sich auf die Gebrauchstauglichkeit noch nicht unmittelbar auswirkt, aber die konkrete Gefahr bestehe, dass er sie jederzeit erheblich beeinträchtigt. Wirke sich demgegenüber — wie hier — ein Mangel nur periodisch in einem vorhersehbaren Zeitraum erheblich auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache aus, ist die Miete nur in diesem Zeitraum gemindert. Während der Zeit, in der die Mietsache trotz Vorliegens eines Mangels uneingeschränkt vertragsgemäß nutzbar sei, scheide eine Herabsetzung der Miete aus. Auf ein Zurückbehaltungsrecht könne sich — so der Bundesgerichtshof — der Mieter nicht berufen; die Beschränkung des Zurückbehaltungsrechts im Formularmietvertrag sei wirksam.

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