Telefonische Aufklärung des Patienten vor einer Operation

BGH 6. Zivilsenat, Urteil vom 15.6.2010 — Aktenzeichen: VI ZR 204/09

Leitsatz
Ist der Patient, der sich einem einfachen Routineeingriff zu unterziehen hat, mit einer telefonischen Aufklärung über die Risiken der bevorstehenden Operation einverstanden, so ist diese Aufklärung nicht zu beanstanden.

Sachverhalt
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schmerzensgeld und Feststellung der Ersatzpflicht zukünftiger immaterieller und materieller Schäden in Anspruch aufgrund behaupteten Behandlungsfehlers während einer Leistenhernien-Operation. Die Klägerin ist minderjährig und wird durch ihre Eltern gesetzlich vertreten. Der behandelnde Arzt und spätere Operateur führte das Aufklärungsgespräch vor der Operation mit der Mutter im Behandlungszimmer. Der Vater hielt sich im Wartezimmer auf und war nicht bei dem Aufklärungsgespräch zugegen. Während die Mutter über die Risiken der Operation im Einzelnen aufgeklärt wurde, war dem Vater ein Aufklärungsbogen ausgehändigt worden, den er im Wartezimmer ausfüllte und der später von beiden Elternteilen unterschrieben wurde.

Zwei Tage später telefonierte der Vater mit dem zuständigen Anästhesisten. Der Inhalt dieses Telefonates ist streitig. Am Morgen vor der Operation unterzeichneten beide Elternteile das Einwilligungsformular.

Bei der Operation kam es zu Komplikationen. Die Patientin erlitt aufgrund einer atemwegsbezogenen Komplikation schwere zentralmotorische Störungen, die insbesondere die Fein- und Grobmotorik sowie die Koordinations- und Artikulationsfähigkeit beeinträchtigten.

Die Klägerin behauptet, die Aufklärung (sowohl chirurgisch als auch anästhesiologisch) sei unzureichend gewesen, da nicht beide Elternteile aufgeklärt worden seien.

Entscheidung
Das Berufungsgericht wies die Klage als unbegründet zurück. Ein Behandlungsfehler wurde verneint. Aber auch eine fehlerhafte Aufklärung wurde nicht festgestellt.

Das Berufungsgericht ließ aber die Revision zum BGH zu zu der Frage:

„Genügt eine telefonische Aufklärung über die Risiken einer Anästhesie bei einer ansonsten einfachen Operation zwei Tage vor dem Eingriff den Anforderungen der Rechtsprechung an ein „vertrauensvolles Aufklärungsgespräch zwischen Arzt und Patient“, insbesondere, wenn der Arzt unmittelbar von der Operation nochmals ausdrücklich nachfragt, ob noch Unklarheiten bestehen oder Fragen offen sind?“

Der BGH bestätigte das Berufungsurteil. Es hielt einer revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

Nach den Feststellungen des BGH sind die Eltern der Klägerin hinreichend über den geplanten Eingriff und dessen Risiken aufgeklärt worden und haben wirksam ihre Einwilligung erteilt.

1.
Dem stand nicht entgegen, dass das Aufklärungsgespräch mit dem Operateur nur mit der Mutter der Klägerin geführt worden war.

Insoweit bedarf es zwar bei einem minderjährigen Kind in den Fällen, in denen die elterliche Sorge beiden Eltern gemeinsam zusteht, vor einem ärztlichen Heileingriff der Einwilligung beider Elternteile.

Nach der Differenzierung des BGH ist aber bei Routinefällen davon auszugehen, dass der mit dem Kind bei dem Arzt erscheinende Elternteil die Einwilligung in die geplante Operation auch für den abwesenden Elternteil mit erteilen kann. Hierauf darf der Arzt vertrauen, sofern ihm keine entgegenstehenden Umstände bekannt werden.

Bei operativen Eingriffen, die schwererer Art sind und mit bedeutenderen Risiken verbunden sein können, kann sich der Arzt auf das Vorstehende aber nicht belassen und muss sich entsprechend vergewissern, ob der erschienene Elternteil auch die entsprechende Ermächtigung des abwesenden Elternteils hat.

2.
Auch die Aufklärung des Anästhesisten zwei Tage vor dem Eingriff während des Telefonats ist nicht zu beanstanden.

Nach der Beweisaufnahme stand zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass in diesem Telefonat der Vater vollständig über die Risiken der Anästhesie aufgeklärt wurde. Insoweit kann sich ein Arzt in einfach gelagerten Fällen auch bei einem telefonischen Aufklärungsgespräch davon überzeugen, dass der Patient die entsprechende Hinweise und Informationen verstanden hat. In dem vorliegenden Fall kam dem weiteren Umstand besondere Bedeutung zu, dass unstreitig der Anästhesist bei dem Telefongespräch darauf bestanden hatte, dass beide Elternteile zusammen am Morgen vor der Operation anwesend waren und somit nochmals Gelegenheit für Fragen hatten und so dann die Einwilligung zur Operation durch Unterzeichnung des Anästhesiebogens einschließlich der handschriftlichen Vermerke erteilten.

Dementsprechend verneinte der BGH einen Aufklärungsfehler, so dass die Klage insgesamt der Abweisung unterlag.

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Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zusatzkrankenhaustagegeld in der PKV

AG Hamm, Urteil vom 27.8.2010 — Aktenzeichen: 19 C 67/10

Leitsatz
1. Der Versicherungsnehmer (im Folgenden: VN) einer Privaten Krankenversicherung (im Folgenden: PKV) hat keinen Anspruch auf ein zusätzliches Krankenhaustagegeld, wenn nach der diesbezüglichen Regelung in den Versicherungsbedingungen das Krankenhaustagegeld gezahlt werden soll, wenn der VN auf die Unterbringung in einem Ein- bzw. Zweibettzimmer bei einem stationären Aufenthalt verzichtet, er tatsächlich aber ein Einbettzimmer — allerdings ohne eigenes separates Bad/WC — genutzt hat.

2. Selbst wenn die PKV bei früheren Krankenhausaufenthalten des VN in der gleichen Einrichtung bzw. in einem vergleichbaren Zimmer das entsprechende Krankenhaustagegeld gezahlt hat, begründet diese einfache, zurückliegende Leistungserbringung auf einen Antrag des VN hin keinen Vertrauenstatbestand zugunsten des VN, dass auch in Zukunft ein Anspruch auf Leistungen besteht, die der VR nach den Versicherungsbedingungen eindeutig nicht schuldet.

Sachverhalt
Dem Urteil des AG Hamm lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die klagende VN unterhielt bei der beklagten PKV eine private Krankenversicherung. In den Versicherungsbedingungen wurde u.a. bzgl. der Leistungen der PKV folgendes geregelt:

„1.2. Krankenhaustagegeldnebenkostenersatz

Wird vom Versicherungsnehmer nur auf eine der nachstehenden Leistungen
verzichtet, zahlt der Versicherer für jeden Tag einer vollstationären
Unterbringung im Krankenhaus

– (…)
– bei Verzicht auf Unterbringung im Ein- oder Zweibettzimmer 40,00 €
Krankenhaustagegeld.“

Die VN befand sich — wie schon in früheren Jahren — in den Jahren 2009 und 2010 jeweils in einer mehrwöchigen vollstationären Krankenhausbehandlung. Die dortige Unterbringung erfolgte jeweils in Ein- bzw. Zweibettzimmern, die allerdings — nach Behauptung der VN — nicht über ein eigenes Bad/WC verfügten. Während die PKV in den Jahren vor dem Aufenthalt 2009 an die VN jeweils für die stationären Aufenthalte im gleichen Krankenhaus ein tägliches Zusatzkrankenhaustagegeld von 40,00 € wegen „Verzicht auf Ein- bzw. Zweibettbettzimmer“ abgerechnet und gezahlt hatte, lehnte sie derartige Zahlungen für die Aufenthalte 2009 und 2010 ab unter Hinweis darauf, dass die VN tatsächlich in einem Ein- bzw. Zweibettzimmer untergebracht gewesen sei, also kein Verzicht vorläge.

Die VN machte geltend, ein entsprechender Verzicht sei gegeben, weil die von Ihr aufgesuchte Einrichtung nur Ein- bzw. Zweibettzimmer aufweise, allerdings diese nicht denjenigen vergleichbar seien, die als „Ein- bzw. Zweibettzimmer“ im Sinne der Versicherungsbedingugen anzusehen seien, da eben kein separates Bad/WC für jedes Zimmer existiere. Tatsächlich habe sie also auf ein Zimmer, wie es die Versicherungsbedingungen meinten, verzichtet. Im Übrigen habe die PKV auch in den Jahren vorher das Zusatzkrankentagegeld gezahlt, so dass ein Vertrauenstatbestand bestünde, der die PKV weiterhin zur Zahlung verpflichte.

Entscheidung
Das AG Hamm hat die auf das Zusatzkrankenhaustagegeld gerichtete Klage abgewiesen.

Die Versicherungsbedingungen seien mit der hier entscheidenden Regelung eindeutig und keiner Auslegung/Interpretation zugängig. Es komme ausschließlich auf die Frage an, ob ein Ein- bzw. Zweibettzimmer genutzt worden sei oder die VN hierauf verzichtet habe. Die sanitäre Ausstattung der Zimmer sei irrelevant und in den Versicherungsbedingungen entsprechend auch nicht als Kriterium angeführt.

Ein Vertrauenstatbestand zugunsten der VN bestehe ebenfalls nicht, unabhängig davon, dass die PKV in früheren Jahren bei stationären Aufenthalten mit Einbettzimmer-Unterbringung das Krankenhaustagegeld gezahlt habe. Die einfache Leistungserbringung auf einen Antrag der VN hin schaffe keinen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass auch in Zukunft ein Anspruch auf eine Leistung bestehe, die die Versicherung nach den Versicherungsbedingungen eindeutig nicht schulde.

Allenfalls könne eine Leistungspflicht der PKV aufgrund eines Vertrauenstatbestandes in Betracht kommen, wenn eindeutig feststehe, dass die PKV die früheren Zahlungen in Kenntnís der genauen Unterbringung der Klägerin in der Klinik und in dem Bewußtsein, zur Leistung nicht verpflichtet zu sein, erbracht hätte. Hierzu sei aber nichts vorgetragen und auch nichts ersichtlich.

Das Urteil ist rechtskräftig, nachdem die Berufung des Klägers durch das LG Dortmund zurückgewiesen worden ist (LG Dortmund, Beschluss vom 18.01.2011, LG Dortmund 2 S 47/10).

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Innenausgleich bei Behandlungsfehlern von Mitgliedern einer Gemeinschaftspraxis

BGH, Urteil vom 9.7.2008 — Aktenzeichen: II ZR 268/07

Leitsatz
Hat einer von mehreren Gesellschaftern einer BGB-Gesellschaft (…) schuldhaft verursacht, dass die Gesellschaft auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden konnte, kann dies im Rahmen des Gesamschuldner-Innenausgleichs unter Heranziehung des Gedankens des § 254 BGB zu einer Alleinhaftung des schuldhaft handelnden Gesellschafters im Verhältnis zu seinen Mitgesellschaftern führen.

Sachverhalt
Die Parteien des vom BGH zu beurteilenden Sachverhaltes betrieben eine ärztliche Gemeinschaftspraxis von Gynäkologen in der Form einer BGB-Gesellschaft. Die Gemeinschaftspraxis wurde von einem Patienten auf Schadensersatz in Anspruch genommen, weil einer der Mitgesellschafter schuldhaft einen Behandlungsfehler verursacht hatte. Zu entscheiden war die Frage, ob bzw. in welchem Umfang die Gemeinschaftspraxis als BGB-Gesellschaft im Innenverhältnis Ausgleich von dem schuldhaft handelnden Arzt verlangen kann.

Entscheidung
Der BGH hat hierzu erneut klar gestellt, dass die Grundsätze des Innenausgleichs unter BGB-Gesellschaftern in der Rechtsprechung auch des II. Zivilsenates hinreichend geklärt sei. Für eine ärztliche Gemeinschaftspraxis gelten keine Besonderheiten. Sind die Gesellschafter — wie auch in dem vom BGH zu beurteilenden Fall — zu gleichen Teilen an Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt, sei dieser Maßstab grundsätzlich für den Ausgleich im Innenverhältnis maßgeblich (so auch schon: BGH, Urteil vom 17.12.2001 — II ZR 382/99; BGHZ 103, 72, 76). Etwas anderes kann dann gelten, wenn die der gesamtschuldnerischen Haftung zugrundeliegende Verbindlichkeit der Gesellschaft auf dem schuldhaften Verhalten eines der Gesellschafter beruht. Wie auch sonst im Gesamtschuldner-Innenausgleich kann dies unter Heranziehung des Gedankens des § 254 BGB im Innenverhältnis zu einer Alleinhaftung des schuldhaft handelnden Gesellschafters im Verhältnis zu seinen Mitgesellschaftern führen (so bereits BGH, Urteil vom 15.10.2007 — II ZR 136/06). Dies sei in jedem Fall Einzelfall zu überprüfen.

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7-jährige Gewährleistung auf Zahnersatz

OLG Oldenburg, Urteil vom 10.3.2010 — Aktenzeichen: 5 U 141/09

Sachverhalt
Die Beklagte betreibt eine zahnärztliche Belegklinik. In deren Werbebroschüre ist unter der Überschrift „Besser leben mit Biss“ darauf hingewiesen, dass das hauseigene RecallSystem den Patienten an seine Kontrolltermine erinnert, die zum Erhalt der 7-jährigen Gewährleistung auf den Zahnersatz wichtig sei. Der Kläger wurde mit vier Implantaten versorgt. Die halbjährlichen Kontrolltermine nahm der Kläger war. Zwei Jahre später mussten drei Implantate entfernt werden. Der Kläger verlangt den kostenfreien Ersatz sowie ein angemessenes Schmerzensgeld mit der Begründung, dass die Angabe in der Werbebroschüre ein selbständiges Garantieversprechen darstelle.

Entscheidung
Das OlG Oldenburg stellt mit Urteil vom 10.03.2010 fest, dass durch die Werbeaussage kein selbständiges Garantieversprechen abgegeben wurde. Hierbei handele es sich vielmehr um eine schlichte Werbeaussage, die der späteren vertraglichen Umsetzung bedarf, um Ansprüche auslösen zu können. Die Vorschriften für Kaufverträge – insbesondere § 443 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 6 VerbrGKRL — seien nicht anwendbar, da es sich ersichtlich um einen Dienstvertrag handele. Aus dem Wortlaut und der systematischen Stellung der Regelung für Kaufverträge ergebe sich kein allgemeiner Rechtsgedanke, dass diese auch darüber hinaus für alle schuldrechtlichen Verträge, mithin auch für den Behandlungsvertrag, gelten solle. Ein selbständiges Garantieversprechen hätte daher später vertraglich vereinbart werden müssen. Dies konnte der Kläger nicht beweisen.

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Zum Beginn der Verjährungsfrist wegen grob fahrlässiger Unkenntnis beim ärztlichen Behandlungsfehler.

BGH, Urteil vom 10.11.2009 — Aktenzeichen: VI ZR 247/08

Der BGH hatte sich unlängst mit der Frage zu beschäftigen, ob die den Beginn der Verjährungsfrist von Schadensersatzansprüchen aufgrund eines ärztlichen Behandlungsfehlers in Gang setzende grob fahrlässige Unkenntnis eines Patienten bereits dann zu bejahen ist, wenn dieser Kenntnis über Verletzungen nach einer ärztlichen Behandlung hat.

Dies verneinte der BGH mit Urteil vom 10.11.2009 — VI ZR 247/08.

Sachverhalt
Der Klägerin wurden bei der Entbindung ihres Kindes in der Klinik der Beklagten im Jahr 1998 in Folge des Einsatzes einer Geburtszange Verletzungen am Unterleib zugefügt, die genäht wurden. Die Klägerin litt unter Folgebeschwerden, die auch ärztlich behandelt wurden, u.a. im Jahr 2001. Im Jahr 2006 wurde der Klägerin durch ihre Gynäkologin mitgeteilt, dass diese Beschwerden möglicherweise auf eine fehlerhafte medizinische Behandlung bei der Entbindung im Jahr 1998 zurückzuführen seien.

Der BGH hatte zu prüfen, ob etwaige Schadensersatzansprüche bereits verjährt waren, da die Klägerin unmittelbar nach der Entbindung Kenntnis von den Verletzungen hatte und diese auch behandeln ließ, u.a. im Jahr 2001.

Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluß des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen mußte.

Die Schadensersatzansprüche der Klägerin sind nicht verjährt. Nach den Feststellungen des BGH musste die Klägerin nicht ohne weitere Anhaltspunkte nur aufgrund der Verletzungen auf einen schuldhaften Behandlungs- oder Aufklärungsfehler schließen. Allein der negative Ausgang einer Behandlung ohne sich weitere aufdrängende Anhaltspunkte für ein behandlungsfehlerhaftes Verhalten setzt nicht die Verjährung. Erst nach dem Gespräch mit der Gynäkologin im Jahr 2006 musste sich der Klägerin aufdrängen, dass ein behandlungsfehlerhaftes Verhalten vorgelegen haben könnte. Die Verletzung selbst begründete noch keine grob fahrlässige Unkenntnis eines ärztlichen Behandlungsfehlern, da die dem Rechtsstreit zu Grunde liegenden Verletzungen auch bei einer behandlungsfehlerfreien Versorgung eintreten können und damit schicksalhaft wären.

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Deliktische Haftung des zum Notfalldienst verpflichteten niedergelassenen Arztes für den für ihn tätigen Arzt?

BGH, Urteil vom 10.3.2009 — Aktenzeichen: VI ZR 39/08

Der BGH hat in einer jüngeren Entscheidung klargestellt, unter welchen Voraussetzugnen ein zum Notfalldienst verpflichteter niedergelassener Arzt für den für ihn tätig gewordenen Notfallarzt haftet (BGH VersR 2009, 784-785).

In dem zu entscheidenden Fall verlangten die Kläger von den drei beklagten Ärzten A, B und C Schadenersatz wegen einer fehlerhaften ärztlichen Behandlung, die zum Tode des Ehemanns bzw. Vaters der Kläger geführt hatte.

Am Morgen des 06.08.2000 gegen 3.13 Uhr rief die Klägerin zu 1.) in der Gemeinschaftspraxis der Beklagten B und C an, weil ihr Ehemann an starken Schmerzen litt. Der Anrufbeantworter verwies sie an den ärztlichen Notfalldienst. Der A, der für B und C den Notfalldienst übernommen hatte, suchte um 3.50 Uhr den Patienten zu Hause auf. Er diagnostizierte eine Gastroenteritis (Magen-Darm-Grippe)und verordnete entsprechende Medikamente. Das Rezeptformular und der „Notfall-/Vertretungsschein“ wiesen den Praxisstempel der Praxis von B und C auf. A übermittelte der Praxis auch die Unterlagen zur vorgenommenen Behandlung. Diese rechnete die ärztlichen Leistungen bei der kassenärztlichen Vereinigung als Praxisleistungen ab und entrichteet an A ein entsprechendes Honorar. Am 07.08.2000 nachmittags erlitt der Patient einen Herzinfarkt, an dessen Folgen er später im November 2000 verstarb.

Im gerichtlichen Verfahren wurde festgesetllt, dass dem A ein Behandlugnsfehler bei der Notfalldienstbehandlung anzulasten sei. Das Berugfgunsgericht hatte die auch gegen B und C gerichtete Klage abgwiesen mit der Begründung, ein Behandlungsvertrag sei nur mit A zustande gekommen, eine deliktische Haftung nach § 831 BGB scheide bei B und C aus, weil A nicht deren Verrichtungsgehilfe gewesen sei.

Hierzu stellt der BGH in seinem Urteil nun klar, dass eine „Haftung für einen Verrichtungsgehilfen nach § 831 BGB“ in einer solchen Konstellation auf Seiten von B und C jedenfalls nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist, sondern von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Diese seien durch das Berufungsgericht noch weiter aufzuklären, so dass der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung an das OLG zurückverwiesen wurde.

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein selbstständiger Arzt, der vertretungsweise den Notfalldienst für andere Ärzte ausübt, Verrichtunggehilfe sein kann, führt der BGH aus, dass Verrichtungsgehilfe derjenige ist, der von den Weisungen seines Geschäftsherrn abhängig ist. Ihm muss von einem anderen, in dessen Einflussbereich er allgemein oder im konkreten Fall ist und zu dem er in einer gewissen Abhängigkeit steht, eine Tätigkeit übertragen worden sein. Das dabei vorausgesetzte Weisungsrecht brauche nicht ins Einzelne zu gehen. Verrichtungsgehilfe könne vielmehr auch derjenige sein, der aufgrund eigener Sachkunde und Erfahrung zu handlen habe. Entscheidend sei nur, dass die Tätigkeit in einer organisatorisch abhängigen Stellung vorgenommen werde. Hierfür genüge, dass der Geschäftsherr dem Gehilfen die Arbeit entziehe bzw. diese beschränken sowie Zeit und Umfang seiner Tätigkeit bestimmen könne. Für die Frage der Abhängigkeit komme es auf die konkreten Bedingungen an — so der BGH -, unter denen die schadenstiftende Tätigkeit geleistet worden sei. Auch ein Selbstständiger könne derart in einen fremden Organisationsbereich eingebunden sein, dass er Verrichtungsgehilfe sei.

Nach diesen Grundsätzen sei z.B. bei einem Arzt, der mit der Verwaltung der Praxis eines anderen Arztes während dessen vorübergehender Abwesenheit beauftragt sei, eine Stellung als Verrichtungsgehilfe des vertretenen Arztes anzunehmen. Daran ändere es nichts, dass im Einzelfall der Patient nach eigener Entschließung und ärztlicher Erkenntnis des vor Ort tätigen Arztes zu behandeln sei.

Entscheidend käme es daher im konkreten Fall darauf an, ob die Stellung von A derjenigen eines solchen Praxisvertreters vergleichbar sei. Hierzu sei eine abschließende Beurteilung aufgrund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des OLG nicht möglich, so dass der Rec

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