Der Geschäftsführer einer eingetragenen Gesellschaft haftet nicht persönlich für die aufgrund der Beurkundung von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung und deren Eintragung anfallenden Notargebühren

OLG Köln, Beschluss vom 18.09.2017 — Aktenzeichen: WX 204/17

Leitsatz
Der alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer einer eingetragenen Gesellschaft haftet nicht persönlich als Kostenschuldner nach §§ 29, 30 GNotKG für die aufgrund der Beurkundung von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung und deren Eintragung anfallenden Notargebühren. Eine Haftung wegen etwaiger Durchgriffsansprüche oder verspäteter Insolvenzantragsstellung muss der Notar vor dem Prozessgericht geltend machen.

Sachverhalt
Der Beteiligte zu 1) war Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter einer Immobilienservice-GmbH. Der Beteiligte zu 2) beurkundete einen Beschluss der Gesellschafterversammlung der Immobilienservice-GmbH betreffend die Änderung der Firma und die Verlegung des Geschäftssitzes. In der Urkunde ist bestimmt worden, dass die durch die Urkunde und deren Durchführung entstehenden Kosten seitens der Gesellschaft zu tragen seien. Nachdem der Notar und Beteiligte zu 2) die mittlerweile insolvente GmbH in Anspruch genommen hatte, berechnete er dem Beteiligten zu 1) die Kosten für die Beurkundung. Das Landgericht Köln hat die Kostenrechnung des Beteiligten zu 2) aufgehoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Beteiligte zu 1) sei nicht als Auftraggeber im Sinne des § 29 Nr. 1 GNotKG anzusehen. Kostenschuldner sei alleine die vertretene Gesellschaft gewesen. Dies gelte auch, wenn der Geschäftsführer einer GmbH gleichzeitig alleiniger Gesellschafter sei. Anders als im Fall der Neugründung einer GmbH habe der Beteiligte zu 1) keine eigenen Erklärungen abgegeben, sondern sei als Beschlussorgan tätig geworden. Schließlich könne der Beteiligte zu 1) auch nicht wegen verspäteter Insolvenzantragstellung oder aus den Erwägungen einer Durchgriffshaftung als Kostenschuldner in Anspruch genommen werden. Als Kostenschuldner nach § 29 Nr. 3 GNotKG komme nur in Betracht, wer allgemein kraft Gesetzes für die Kostenschuld eines anderen haftet. Diese Regelung betreffe allein solche Vorschriften, in denen ausdrücklich bestimmt sei, dass eine im Gesetz bezeichnete Person für Verschulden einzustehen hat, das in der Person eines anderen entstanden ist.

Entscheidung
Das OLG Köln bestätigt die Auffassung des Landgerichts Köln. Eine Entscheidung zu Lasten des Beteiligten zu 1) gemäß § 29 Nr. 1 GNotKG scheidet aus, da nach dieser Grundregel die Zahlung der Kosten einer Beurkundung derjenige schuldet, der dem Notar den Auftrag erteilt hat. Da der Beteiligte zu 1) als gesetzlicher Vertreter der Immobilienservice-GmbH gehandelt hatte, war er nicht als Auftraggeber anzusehen. Die weiteren Erwägungen des Landgerichts Köln hat das OLG Köln vollständig bestätigt.

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Der Geschäftsführer sollte bei Insolvenz der GmbH die Feststellung von Forderungen zur Tabelle überprüfen und notfalls widersprechen

FG Köln, Urteil vom 18.1.2017 — Aktenzeichen: 10 K 3671/14

Sachverhalt
Der Kläger war Mehrheitsgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer einer GmbH. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass einige in den Bilanzen ausgewiesene Verbindlichkeiten der GmbH nicht mehr passiviert werden durften, woraus Körperschaftssteuerforderungen resultierten. Hierüber wurde ein Verfahren vor dem Finanzgericht geführt. Während des finanzgerichtlichen Klageverfahrens wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Die Steuer-forderungen wurden zur Insolvenztabelle festgestellt. Der Rechtsstreit wurde über-einstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Geschäftsführer der GmbH hatte gegen die Feststellung der Steuerforderungen des Finanzamtes zur Tabelle im Zuge des Insolvenzverfahrens keinen Widerspruch erhoben. Da die Steuerforderungen nicht aus der Insolvenzmasse der GmbH zu realisieren waren, wurde der Kläger für die Steuerrückstände in Haftung genommen. Der Geschäftsführer trägt hierzu vor, dass der Insolvenzverwalter die ursprünglichen Einwendungen gegen die festgesetzten Steuerschulden zurückgenommen habe, ohne dass sich der Geschäftsführer als hiesiger Kläger hiergegen habe zur Wehr setzen können. Im Übrigen sei er als Vertreter der GmbH im Insolvenzverfahren seiner Verfügungsmöglichkeiten beraubt gewesen.

Entscheidung
Das Finanzgericht teilt die Auffassung des ehemaligen Geschäftsführers und Klägers nicht. Es ist der Auffassung, dass durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Organstellung des Geschäftsführers der GmbH unberührt geblieben ist. Der Kläger als Geschäftsführer der GmbH hätte nach § 178 Abs. 1 S. 2 InsO, § 184 InsO ein eigenes Widerspruchsrecht gehabt, welches er aber nicht genutzt habe. Infolgedessen waren wegen der widerspruchslosen Feststellung der Forderung zur Tabelle etwaige Einwendungen gegen die Steuerforderungen im Haftungsverfahren nunmehr nach § 166 AO abgeschnitten. Da diese Konstellation höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, wurde die Revision zugelassen.

Fazit
Einem Geschäftsführer im Insolvenzverfahren ist anzuraten, vorsorglich die Prüfung der Insolvenzforderungen vorzunehmen und ggf. unter Einholung von anwaltlichem Rat der Feststellung von Forderungen zu widersprechen.

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Darf ein Geschäftsführer sich trotz Wettbewerbsverbot an einer Konkurrenzgesellschaft beteiligen?

OLG Stuttgart, Urteil vom 15.3.2017 — Aktenzeichen: 14 U 3/14

Leitsatz
Rein kapitalistische Minderheitsbeteiligungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers an einer Konkurrenzgesellschaft ohne Einfluss auf deren Geschäftsführung, ohne Tätigkeit im Unternehmen und ohne Möglichkeit, dieses zu beherrschen oder Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen zu nehmen, sind im Regelfall unbedenklich und von der sachlichen Reichweite eines Wettbewerbsverbots des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht umfasst.

Sachverhalt
Die Kläger machen mit ihrer Klage Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche gegen den ehemaligen Geschäftsführer und Gesellschafter der Klägerin zu 1) insbesondere aus einem angeblichen Verstoß gegen ein im Gesellschaftsvertrag fixiertes Wettbewerbsverbot. Der Beklagte hatte über eine Treuhandkonstruktion eine Gesellschaftsbeteiligung i.H.v. 12 % an einer in Konkurrenz zu der Klägerin zu 1) stehenden Gesellschaft gekauft. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und den Wettbewerbsverstoß verneint, da das Wettbewerbsverbot nicht für Konstellationen gelten könne, bei denen bei einer Unternehmensbeteiligung kein beherrschender Einfluss auf das Unternehmen vorläge.

Entscheidung
Das Oberlandesgericht hat das Urteil des Landgerichtes im Wesentlichen bestätigt. Den angeblichen Verstoß des Beklagten gegen das Wettbewerbsverbot erkennt das Oberlandesgericht nicht. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts kann eine unternehmerische Tätigkeit im Wettbewerbsbereich einer anderen Gesellschaft gegeben sein, wenn der Gesellschafter eine Mehrheitsbeteiligung hält oder die Gesellschaft aufgrund anderer Umstände beherrscht; hinreichend ist, dass er aufgrund seines Einflusses einzelne unternehmerische Entscheidungen beeinflussen kann. Bei rein kapitalistischen Minderheitsbeteiligungen eines Geschäftsführers an einer Konkurrenzgesellschaft ohne Einfluss auf die Geschäftsführung, ohne Tätigkeit im Unternehmen und Möglichkeit, dieses zu beherrschen oder Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidung zu nehmen, ist die o.g. Voraussetzung aber nicht erfüllt. Eine solche Beteiligung ist im Regelfall unbedenklich und von der sachlichen Reichweite eines Wettbewerbsverbots nicht umfasst. Dies liegt darin begründet, dass unter solchen Umständen ein Wettbewerbsverbot seiner Ratio nach nicht eingreift.

Fazit: Ein Geschäftsführer macht sich grundsätzlich nicht gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig, wenn er an einer Konkurrenzgesellschaft rein kapitalistisch beteiligt ist und keine Möglichkeit hat, auf unternehmerische Entscheidungen Einfluss zu nehmen.

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Der Geschäftsführer sollte bei Insolvenz der GmbH die Feststellung von Forderungen zur Tabelle überprüfen und notfalls widersprechen

FG Köln, Urteil vom 18.1.2017 — Aktenzeichen: 10 K 3671/14

Sachverhalt
Der Kläger war Mehrheitsgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer einer GmbH. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass einige in den Bilanzen ausgewiesene Verbindlichkeiten der GmbH nicht mehr passiviert werden durften, woraus Körperschaftssteuerforderungen resultierten. Hierüber wurde ein Verfahren vor dem Finanzgericht geführt. Während des finanzgerichtlichen Klageverfahrens wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Die Steuerforderungen wurden zur Insolvenztabelle festgestellt. Der Rechtsstreit wurde übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Geschäftsführer der GmbH hatte gegen die Feststellung der Steuerforderungen des Finanzamtes zur Tabelle im Zuge des Insolvenzverfahrens keinen Widerspruch erhoben. Da die Steuerforderungen nicht aus der Insolvenzmasse der GmbH zu realisieren waren, wurde der Kläger für die Steuerrückstände in Haftung genommen. Der Geschäftsführer trägt hierzu vor, dass der Insolvenzverwalter die ursprünglichen Einwendungen gegen die festgesetzten Steuerschulden zurückgenommen habe, ohne dass sich der Geschäftsführer als hiesiger Kläger hiergegen habe zur Wehr setzen können. Im Übrigen sei er als Vertreter der GmbH im Insolvenzverfahren seiner Verfügungsmöglichkeiten beraubt gewesen.

Entscheidung
Das Finanzgericht teilt die Auffassung des ehemaligen Geschäftsführers und Klägers nicht. Es ist der Auffassung, dass durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Organstellung des Geschäftsführers der GmbH unberührt geblieben ist. Der Kläger als Geschäftsführer der GmbH hätte nach § 178 Abs. 1 S. 2 InsO, § 184 InsO ein eigenes Widerspruchsrecht gehabt, welches er aber nicht genutzt habe. Infolgedessen waren wegen der widerspruchslosen Feststellung der Forderung zur Tabelle etwaige Einwendungen gegen die Steuerforderungen im Haftungsverfahren nunmehr nach § 166 AO abgeschnitten. Da diese Konstellation höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, wurde die Revision zugelassen.

Fazit: Einem Geschäftsführer im Insolvenzverfahren ist anzuraten, vorsorglich die Prüfung der Insolvenzforderungen vorzunehmen und ggf. unter Einholung von anwaltlichem Rat der Feststellung von Forderungen zu widersprechen.

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Befugnisse des Geschäftsführers bei Insolvenz der Gesellschaft

OLG Frankfurt, Urteil vom 17.1.2018 — Aktenzeichen: 4 U 4/17

Sachverhalt
Die Klägerin macht als Insolvenzverwalter einer AG (Schuldnerin) gegen die Beklagte als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aus verschiedenen Beratungsverträgen Ansprüche geltend. Die Beratungsverträge wurden im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Sanierung der Schuldnerin geschlossen. Die Klägerin macht einen Anspruch auf Ersatz eines Schadens wegen Verzögerung der Insolvenzantragsstellung geltend. Insbesondere behauptet die Klägerin, die Beklagte habe im Rahmen der erteilten Aufträge die Insolvenzreife der Schuldnerin überprüfen müssen. Inhaltlich hätten sich die Beratungsverträge mit der Fortführungsfähigkeit der Schuldnerin und etwaigen notwendigen Neuausrichtungen beschäftigt. Die Umsetzung solcher Maßnahmen sei bei einem Vorliegen von Insolvenzgründen unmöglich und jede weitere Beratung zu einer etwaigen Sanierung obsolet. Nach Auffassung der Klägerin sei im Rahmen der Erstellung des Sanierungsgutachtens daher das Nichtvorliegen von Insolvenzgründen zu prüfen gewesen. Dies ergebe sich nach Auffassung der Klägerin auch aus den heranzuziehenden Vorschriften nach dem IDWS 6 — Standard. Bei einer ordnungsgemäßen Prüfung hätte die Beklagte zu dem Ergebnis einer Insolvenzreife kommen müssen, da Verlustausgleichsansprüche von Tochtergesellschaften der Schuldnerin eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin begründet hätten. Bei einer solchen Feststellung wären weitere Zahlungen in Höhe von ca. 82 Mio. Euro nicht mehr geleistet worden. Diesen Betrag begehrt die Klägerin nun von der Beklagten.

Entscheidung
Das Oberlandesgericht hat die Klage bis auf einen geringen Teil — hierbei ging es um eine Vergütung der Beklagten — abgewiesen. Zunächst führt das OLG aus, dass durch die Verlustausgleichsansprüche der Tochtergesellschaften keine Insolvenzreife der Schuldnerin eingetreten war, die eine Hinweispflicht der Beklagten hätte begründen können. Die Verlustausgleichsansprüche führten nach Auffassung des OLG bis zur Insolvenzantragsstellung nicht zu einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, da die Ansprüche bis zu diesem Zeitpunkt im insolvenzrechtlichen Sinne nicht fällig waren. Nach der Rechtsprechung des BGH führt die Fälligkeit einer Forderung nach § 271 Abs. 1 BGB nicht notwendig dazu, dass eine Forderung auch im insolvenzrechtlichen Sinne fällig und deshalb bei der Bestimmung der Zahlungsunfähigkeit i.S.d. § 17 InsO zu berücksichtigen ist. Sinn und Zweck des § 17 InsO verlangen vielmehr das Erfordernis des „ernsthaften Einforderns“ als Voraussetzung einer die Zahlungsunfähigkeit begründenden oder zu dieser beitragenden Forderung. Daher ist im Einzelfall zu prüfen, ob eine nach § 271 Abs. 1 BGB fällige Forderung den Schluss auf eine Zahlungsunfähigkeit zulässt. Eine Forderung ist in der Regel dann im Sinne von § 17 Abs. 2 InsO fällig, wenn eine Gläubigerhandlung feststeht, aus der sich der Wille, vom Schuldner Erfüllung zu verlangen, ergibt. Nach diesen Maßstäben war eine insolvenzrechtliche Fälligkeit der Verlustausgleichsansprüche nicht festzustellen. Es fehlte an einem „ernsthaften Einfordern“, weil die Ansprüche tatsächlich gestundet waren und die Stundung bis zur Stellung dieses Insolvenzantrages aufrechterhalten blieb. Dabei kann die insolvenzrechtliche Fälligkeit auch nicht daraus hergeleitet werden, dass eine Vereinbarung der Stundung von Verlustausgleichsansprüchen konzernrechtlich verbreitet für rechtlich unzulässig gehalten und eine Verpflichtung der abhängigen Gesellschaft angenommen wird, einen Verlustausgleichsanspruch bei Fälligkeit oder spätestens bei Jahresabschlusses geltend zu machen. Es kommt nämlich nicht auf die rechtliche Verbindlichkeit, sondern auf den tatsächlichen Willen des Gläubigers an, die Forderung nicht geltend zu machen. Nach Auffassung des OLG fehlte es daher bereits an der Insolvenzreife der Gesellschaft.

Des Weiteren lehnt das OLG generell eine Prüfungspflicht aus den bestehenden Verträgen ab. Für die Pflichten des Beraters aus einem im Zusammenhang mit einer Unternehmenssanierung geschlossenen Beratungsvertrag besteht keine gesetzliche Regelung. Daher ist für Art und Umfang der Pflichten des Sanierungsberaters ausschließlich das im Wege der Vertragsauslegung anhand der dienstvertraglichen Vereinbarung zu ermittelnde Pflichtenprogramm maßgebend. Im Rahmen der Verkehrssitte kommt zur Ermittlung der tatsächlichen Übung eine Heranziehung des zum Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsschlusses geltenden IDW-Standards in Betracht. Dem IDW-Standard kann aber keine verbindliche Vorgabe für eine geschuldete Sanierungsberatung entnommen werden; denn der IDW-Standard entfaltet keine einer gesetzlichen Regelung vergleichbare Bindungswirkung, sondern kann lediglich als Kriterium zur Konkretisierung der sich ohnehin aus der vertraglichen Vereinbarung ergebenden Pflichten dienen. Nach diesen Maßstäben war aus den Beratungsverträgen keine vertragliche Verpflichtung der Beklagten zu entnehmen, dass Bestehen von Insolvenzgründen zu prüfen, die sich aus einer konzernrechtlichen Unzulässigkeit der Stundung von Verlustausgleichsansprüchen ergeben könnten. Der von der Beklagten zu erfüllende Pflichtenkatalog enthielt nach dem Vertragstext keinen ausdrücklichen Hinweis auf eine Verpflichtung der Beklagten zur Prüfung der Insolvenzreife. Vielmehr war der Pflichtenkatalog klar formuliert. Zudem sprach für die Vertragsauslegung, nach der die Beklagte keine Prüfung einer Insolvenzreife schuldete, dass die Schuldnerin das Fehlen einer solchen Prüfung zu keinem Zeitpunkt beanstandet hat.

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Verlust der Amtsfähigkeit als Geschäftsführer einer GmbH bei vorangegangener strafrechtlicher Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung

OLG Celle, Beschluss vom 29.08.2013 — Aktenzeichen: 9 W 109/13

Leitsatz
Nicht nur die strafrechtliche Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung in Form des Unterlassens der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sondern auch die strafrechtliche Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung in Form der nicht rechtzeitigen Stellung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat die Amtsunfähigkeit des Verurteilten als Geschäftsführer einer GmbH zur Folge.

Sachverhalt
In dem der Entscheidung des OLG Celle zugrundelegenden Fall war der Geschäftsführer einer GmbH im Frühjahr 2013 rechtskräftig wegen Insolvenzverschleppung in Form der nicht rechtzeitigen Insolvenzantragsstellung verurteilt worden. Darauf hin beabsichtigte das Registergericht, die Eintragung des Geschäftsführers im Handelsregister zu löschen, da dieser gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 lit.a GmbHG nicht mehr Geschäftsführer der Gesellschaft sei, weil nämlich die Verurteilung automatisch zum Wegfall seiner Bestellung geführt habe. Hiergegen wendete sich die betroffene Gesellschaft.

Entscheidung
Das angerufene OLG Celle wies darauf hin, dass in Übereinstimmung mit der Auffassung des Registergerichts nicht nur die Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung in Form des Unterlassens der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern auch die Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung in Form der nicht rechtzeitigen Stellung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens trotz der missverständlichen Formulierung von § 6 Abs. 2 Nr. 3 lit.a GmbH zur Amtsunfähigkeit als Geschäftsführer einer GmbH führe. Zur Begründung verwies das OLG Celle auf die Begründung der Vorschrift im Gesetzgebungsverfahren sowie auf den Normzweck.

Persönliche Anmerkung
Dieser Entscheidung des OLG Celle vom 07.11.2012 ist beizupflichten, denn es ist kein Aspekt für eine gebotene Einschränkung ersichtlich, mit der ausgerechnet die verspätete Stellung eines Insolvenzantrags insoweit aus dem Begriff der Insolvenzverschleppung ausgenommen sein sollte.

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