Vermögensbeeinträchtigung beim Betreuten

Stefan KrappelStefan Krappel

OLG Frankfurt, Urteil vom 13.08.2019 — Aktenzeichen: 8 U 199/15

Sachverhalt

Der beklagte Betreuer hat den Betreuten im Pflegeheim aufgesucht. Dort wurde ihm mitgeteilt, dass trotz des drohenden Winters außer Schuhen fast keine Kleidung vorhanden sei. Der Beklagte konnte außer Schuhen und einem Schlafanzug keine weiteren Textilien auffinden. Der Beklagte erwarb deshalb aus dem Vermögen des Betreuten heraus neue Kleidungsstücke.

Im vorliegenden Verfahren wurde dem Betreuten gleichwohl die entsprechende Ausgabe vorgeworfen, weil es sich um eine sinnlose Ausgabe gehandelt haben soll; schon der Sohn habe sich um die Kleidung für den Betreuten gekümmert.

 

Entscheidung

Das OLG Frankfurt hat die Berufung des Klägers insoweit zurückgewiesen. Unabhängig von der Frage einer potentiellen Pflichtverletzung des Betreuers konnte das Berufungsgericht keinen Schaden feststellen.

Nach ständiger Rechtsprechung beurteilt sich die Frage, ob ein Vermögensschaden vorliegt, grundsätzlich nach der Differenzhypothese, also nach einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne jenes Ereignis ergeben hätte. Ein Schaden setzt voraus, dass sich die Vermögenslage des Geschädigten objektiv verschlechtert hat; eine bloße Vermögensgefährdung genügt noch nicht. Ein Schaden kann deshalb darin liegen, dass ein Kaufgegenstand seinen Kaufpreis gar nicht wert ist, was das OLG Frankfurt im vorliegenden Fall allerdings nicht feststellen konnte.

Ist der Kaufgegenstand den Kaufpreis wert, so kann ein Vermögensschaden dennoch darin liegen, dass der Betroffene in seinen Vermögensdispositionen beeinträchtigt ist. Nach Auffassung des OLG setzt die Annahme eines Vermögensschadens dann allerdings voraus, dass die erlangte Leistung nicht nur aus rein subjektiver willkürlicher Sicht als Schaden angesehen wird, sondern dass auch die Verkehrsanschauung bei Berücksichtigung der obwaltenden Umstände den Vertragsschluss als unvernünftig, den konkreten Vermögensinteressen nicht angemessen und damit als nachteilig ansieht. Auch nach diesen Kriterien konnte ein Schaden im vorliegenden Fall aber nicht festgestellt werden. Insbesondere handelte es sich nicht um für den Betreuten von Anfang an ungeeignete – wie etwas viel zu große oder zu kleine – Kleidungsstücke.

Hierzu hat das OLG auch ausgeführt, dass selbst der Erwerb von Kleidungsstücken, die sich möglicherweise bereits in ähnlicher Ausführung bereits im Kleiderschrank befunden haben mögen oder vom Sohn beschafft worden seien, den Erwerb für sich genommen noch nicht unvernünftig mache, da es durchaus legitim sei, eine Vielzahl ähnlicher Kleidungsstücke zu besitzen. Ob dies anders zu betrachten wäre, wenn der Beklagte für den Betreuten Kleidungsstücke gekauft hätte, die bereits in großer Menge vorrätig waren, ließ das OLG aufgrund der gegenteiligen Feststellungen im Sachverhalt offen.

Die getroffene Entscheidung lässt sich auf anderer Fallgestaltungen übertragen, in denen der Betreuer für den Betreuten Erwerbsgeschäfte tätigt.

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Pflicht zur mündelsicheren Anlage

Stefan KrappelStefan Krappel

LG Flensburg, Urteil vom 19.07.2019 — Aktenzeichen: 2 O 365/16

Sachverhalt

Am 26.12.2000 verstarb der Erblasser. Dieser hatte bereits vor seinem Tod mit der Beklagten darüber gesprochen, dass es sein Wunsch sei, dass seine Tochter nach seinem Tod in die Familie der Beklagten aufgenommen werde. Betroffen war die schwerstbehinderte Tochter, die eine 24-Stunden-Betreuung benötigte und testamentarisch vom Erblasser als befreite Vorerbin eingesetzt worden war. Noch im Dezember 2000 wurde die Beklagte vom Amtsgericht als Betreuerin bestellt, wobei die Betreuung auch die Vermögenssorge umfasste.

Im März 2001 war ein Vermögen von 4,7 Mio. DM vorhanden, zum 01.01.2002 etwa 2,2 Mio. Euro, wobei es sich bei etwa 1,7 Mio. Euro um liquides Vermögen handelte. Im Juni 2002 schloss die Beklagte eine Haftpflichtversicherung im Hinblick auf die Vermögensverwaltung ab und begann, Veränderungen im Anlagevermögen der Tochter vorzunehmen. Im Zeitpunkt des Todes der Tochter betrug das liquide Vermögen nur noch 157.788,21 Euro. Der Anteil mündelsicherer Anlagen im Vermögen der Tochter betrug zum 01.01.2002 1,32 %, im Jahr 2005 6,78 %, im Jahr 2008 31 %, im Jahr 2011 55,9 % und im Jahr 2013 70 %.

Der Kläger -nahm die Beklagte nach dem Versterben der Tochter als Nacherbe in Anspruch. Er behauptete, durch fehlerhafte Vermögensverwaltung sei ein Verlust in Höhe von mindestens 336.000,00 € entstanden. Dabei legte er zugrunde, dass schon seit dem 01.01.2002 70 % des liquiden Vermögens mündelsicher hätten angelegt werden können; bei Zugrundelegung eines Überlegungszeitraumes von etwa drei bis sechs Monaten hätte das Anlagevermögen insoweit besser abgesichert werden müssen.

Entscheidung

Das Landgericht hat die Klage, soweit sie auf Ersatz entsprechender Schäden gerichtet war, abgewiesen. Nach Auffassung des Landgerichts hat die Betreuerin keine Pflichten verletzt, auch wenn sie nicht nach einem Zeitraum von drei bis sechs Monaten das gesamte Anlagevermögen in eine mündelsichere Anlage überführt hat.

Nach Auffassung des Landgerichts führt die Pflicht zur mündelsicheren Anlage nicht dazu, dass ein Betreuer, der nicht mündelsicher angelegtes Vermögen vorfindet, dieses kurzfristig insgesamt in eine mündelsichere Anlage umzuwandeln hat. Vielmehr hat der Betreuer im Einzelfall und nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob er die vorhandene Anlage in eine mündelsichere Anlage umwandelt, was nach Ansicht des Landgerichts daraus folgt, dass grundsätzlich die Vermögensverwaltung im Interesse des Bertreuten fortgeführt werden soll und dessen eigene Entscheidung für bestimmte Anlagenformen respektiert werden sollen. Nach Auffassung des Landgerichts gilt vorliegend dasselbe für die vom Vater der Betreuten gewählten Anlageformen, die es zu respektieren galt.

Obwohl die Beklagte dann im Anschluss doch die Anlageentscheidungen geändert hatte, stellte dies im vorliegenden Fall keine Pflichtverletzung dar. Nach Auffassung des Landgerichts erforderte gerade die Verwaltung eines umfangreichen Vermögens Anlageentscheidungen, die nicht im Voraus für viele Jahre getroffen werden können, sondern regelmäßig aktualisiert werden müssen. Insofern kam das Landgericht zu dem Ergebnis, dass es weder eine feste Quote noch einen bestimmten Zeitraum gibt, innerhalb dessen das Vermögen mündelsicher angelegt werden müsste. Vielmehr handele es sich bei der Vermögensverwaltung um eine Vielzahl von Einzelfallentscheidungen, die jeweils lediglich nach pflichtgemäßem Ermessen zu erfolgen hätte. Wer deshalb Schadensersatzansprüche geltend machen will, muss sich mit sämtlichen im Depot vorhandenen Anlagen auseinandersetzen und für jede einzelne Anlage substantiiert darlegen, warum diese zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form hätte verändert werden müssen, bzw. für eine vorgenommene Veränderung darstellen, warum diese Veränderung nicht hätte vorgenommen werden müssen.

 

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Erbringung einer Betreuungsleistung für einen anderen ohne Vergütung: Abgrenzung eines Gefälligkeitsverhältnis von einem Auftragsverhältnis

OLG München, Urteil vom 21.12.2017 — Aktenzeichen: 23 U 3519/16

Leitsatz
Es besteht ein Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinne der §§ 662 f. BGB zwischen dem Leistungsempfänger und dem Leistenden, wenn der Leistungsempfänger dem Leistenden umfassende Vollmacht erteilt, ihn in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten zu vertreten, soweit gesetzlich zulässig, insbesondere sein Vermögen und seine Einkünfte zu verwalten. Aufgrund dessen stehen objektiv erkennbar für den Leistungsempfänger ganz wesentliche Interessen auf dem Spiel und er vertraut ersichtlich auf eine umfassende und ordnungsgemäße Verwaltung seiner Einkünfte und seines Vermögens durch den Leistenden.

Sachverhalt
Der Kläger macht Ansprüche gegen den Beklagten aus einer angeblich pflichtwidrigen Betreuung gelten. Dem Beklagten war eine Vorsorgevollmacht seitens der Betreuten erteilt worden. Der Beklagte tätigte im Rahmen dieser Vorsorgevollmacht mehrere Geschäfte, wie zum Beispiel einen Pflegevertrag mit dem Kläger. Zudem verwaltete der Beklagte das Vermögen der Betreuten. Eine Vergütung erhielt er hierfür nicht. Der Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, es läge lediglich ein Gefälligkeitsverhältnis zwischen ihm und der Betreuten vor, weshalb Ansprüche der Betreuten ihm gegenüber – diese macht der Kläger aus abgetretenem Recht geltend – nicht bestünden.

Entscheidung
Das Oberlandesgericht München kommt zu dem Ergebnis, dass zwischen dem Beklagten und der Betreuten nicht nur ein Gefälligkeitsverhältnis, sondern ein Auftragsverhältnis bestand. Allein der Umstand, dass keine Vergütung vereinbart war, führt nicht dazu, dass keine Geschäftsbesorgung mit den entsprechenden Pflichten vereinbart war. Für die Annahme eines bloßen Gefälligkeitsverhältnis war anhand objektiver Kriterien und auch für den Beklagten erkennbar, dass die Möglichkeit, auf die wesentlichen Interessen der Betreuten einzuwirken, nicht lediglich eine Gefälligkeit darstellt und somit eine vertragliche Bindung im Sinne eines Geschäftsbesorgungsvertrages nach den §§ 662 f. BGB zustande gekommen ist. Hiernach haftet der Beklagte dann als Beauftragter für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit. Dabei sind die Maßstäbe, die grundsätzlich an einen Betreuer zu stellen sind, auf das Geschäftsbesorgungsverhältnis anzuwenden.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist das OLG München gleichwohl zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beklagte nicht wegen nichtgezahlter Pflege- und Unterbringungskosten haftbar gemacht werden kann. Den Pflege- und Unterbringungskosten stand ein gleichwertiger Vermögenswert für die Betreute, nämlich die Nutzung der Pflegeeinrichtung, gegenüber, so dass der Betreuten kein Schaden entstanden ist.

Der Beklagte haftet der Betreuten aber in einem anderen Punkt, nämlich, weil er das Vermögen und die Einkünfte nicht ordnungsgemäß verwaltet hat. Über eine nicht unerhebliche Summe konnte der Beklagte den Nachweis nicht erbringen, dass diese zugunsten der Betreuten verwendet wurde. In diesem Umfang wurde der Beklagte zum Schadensersatz verurteilt.

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Haftung des Betreuers für die Rückforderung von Sozialleistungen

VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 20.6.2017 — Aktenzeichen: 6 K 1374/14

Sachverhalt
Eine Berufsbetreuerin hatte Einkünfte aus Kindergeld bei der Beantragung von Wohngeld nicht angegeben. Nachdem der Wohngeldbehörde dies aufgefallen war, forderte diese das überzahlte Wohngeld, auch rückwirkend, zurück. Das VG Frankfurt (Oder) ist der Auffassung, dass die Betreute grob fahrlässig gehandelt hat und somit eine Rückforderung auch für die Vergangenheit noch möglich war.

Entscheidung
Gibt ein Betreuer die Einkünfte aus Kindergeld bei der Beantragung von Wohngeld für den Betreuten nicht an, so ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Betreuer hinsichtlich der fehlerhaften Angabe grob fahrlässig gehandelt hat mit der Konsequenz, dass die Wohngeldbehörde das überzahlte Wohngeld, auch rückwirkend, zurückfordern kann. Insoweit ist das Verschulden des Betreuers dem Wohngeldempfänger regelmäßig zuzurechnen. Der Beklagte war berechtigt, die Bewilligungsbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, weil sich die Klägerin nicht auf Vertrauensschutz berufen kann, § 45 Abs. 4 S. 1 i. V. m. Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X. Die aufgehobenen Bewilligungsbescheide beruhten auf Angaben, die zumindest grob fahrlässig und in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, weil die Kindergeldzahlungen an die Klägerin nicht mitgeteilt wurden. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Hier handelte zunächst die frühere Betreuerin der Klägerin im vorgenannten Sinne grob fahrlässig, in dem sie bei den in dem Zeitraum von 2005 – 2010 gestellten Wohngeldanträgen das Kindergeld nicht angab. Das solche Geldzahlungen anzugeben waren, hätte sie bereits den Hinweisen in den Antragsformularen entnehmen können. Dort wurde darauf hingewiesen, dass sonstige Einkünfte im Sinne der §§ 22 EstG ff. auch Unterhaltszahlungen für wohngeldrechtlich Einkommen darstellen können und somit anzugeben sind. Unabhängig hiervon musste sie als Berufsbetreuerin wissen, dass die Kindergeldzahlungen den Wohngeldanspruch der Klägerin beeinflussen bzw. beeinflussen können.

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Zur Haftung des Betreuers gegenüber Rentenversicherungsträgern

BSG, Urteil vom 14.12.2016 — Aktenzeichen: B 13 R 9/16 R

Leitsatz
Ein gerichtlich bestellter Betreuer, der in Unkenntnis des Todes des Betreuten über die zu Unrecht gezahlte Rente zugunsten Dritter verfügt, kann vom Rentenversicherungsträger nicht auf Erstattung in Anspruch genommen werden.

Sachverhalt
Die Beteiligten streiten um die Erstattung einer zu Unrecht gezahlten Rentenleistung. Der Versicherte bezog von der Beklagten Altersrente. Die Klägerin war seit Juni 2010 gerichtlich bestellte Betreuerin des Versicherten mit dem Aufgabenkreis u.a. der Vermögenssorge. Am 28.10.2010 verstarb der Versicherte. Am 29.10.2010 ging die Rente für den Monat November 2010 auf dem Konto des Versicherten ein, das sich zuvor mit 2943,40 Euro im Soll befunden hatte. Noch am selben Tag überwies die Klägerin von diesem Konto Beträge an Dritte. Die Klägerin erfuhr am 1.11.2010 vom Tod des Versicherten und teilte dies der Beklagten mit Schreiben vom selben Tag mit. Nach Anhörung forderte die Beklagte von der Klägerin mit Bescheid die letzte Rentenzahlung zurück. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte zurück. Hiergegen geht die Klägerin nun vor. Der Klage der Betreuerin ist in den Vorinstanzen statt gegeben worden.

Entscheidung
Das BSG bestätigt die Entscheidung der Vorinstanzen. Diese haben im Ergebnis zu Recht den Rückforderungsbescheid der Beklagten aufgehoben. Grundsätzlich handelt es sich zwar bei der von der Beklagten gezahlten Altersrente für November 2010 um eine zu Unrecht erbrachte Geldleistung, da der bewilligende Verwaltungsakte sich durch den Tod des Berechtigten erledigt hat. Die Klägerin als Betreuerin kann aber nicht als Empfängerin der zu Unrecht gezahlten Rentenleistung in Anspruch genommen werden. Empfänger von Geldleistungen sind zum einen die Personen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten Geldleistungen unmittelbar in Empfang genommen haben also jene, die die zu Unrecht erbrachte Rentenleistung vom RV-Träger ohne Einschaltung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs erhalten haben. Daneben zählen zu den Geldleistungsempfängern auch Personen, an die der entsprechende Betrag durch Dauerauftrag, Lastschrifteinzug oder sonstiges bankübliches Zahlungsgeschäft auf ein Konto weitergeleitet wurde. Derartige Fallgestaltungen liegen hier in Bezug auf die Klägerin nicht vor, weil sie die Überweisungen zugunsten von Dritten getätigt hat. Die Klägerin kann von der Beklagten auch nicht als Verfügende über die zu Unrecht gezahlte Rentenleistung in Anspruch genommen werden. Die Klägerin war zwar eine Verfügende, die aber trotz der Beendigung der Betreuung durch den Tod aufgrund ihrer Gutgläubigkeit hinsichtlich des Fortbestandes der Betreuungsbefugnis im Zeitpunkt der Überweisungen noch Verfügungsberechtigte war. Die mit den Überweisungen vorgenommenen Verfügungen sind der Klägerin nicht persönlich zurechenbar; denn sie durfte gemäß § 1908i Abs. 1 S. 1, § 1893 Abs. 1 i.V.m. § 1698a Abs. 1 S. 1 BGB über den Tod des Betreuten hinaus gesetzlich berechtigt tätig werden mit der Folge einer „Haftungsfreistellung“. Diese spezielle „Haftungsfreistellung“ für gutgläubig handelnde Betreuer ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 1698a Abs. 1 S. 1 BGB, jedoch bezweckt die Vorschrift eine solche. Sie soll sicherstellen, dass der Betreuer die Geschäfte bei unverschuldeter Unkenntnis über die Beendigung der Betreuung fortführen darf. Der Betreuer wird als gesetzlicher Vertreter des Betreuten bis zum Zeitpunkt der Kenntnis oder des Kennenmüssens der Beendigung der Betreuung geschützt. Er soll keine Nachteile erleiden und insbesondere keine Haftung befürchten müssen, weil er von der Beendigung der Betreuung ohne Verschulden keine Kenntnis erlangt hat. Ohne diese Bestimmung würde der Betreuer — weil er objektiv betrachtet nicht mehr im Amt ist — gemäß § 179 BGB als sogenannter Vertreter ohne Vertretungsmacht für die noch getätigten Rechtsgeschäfte persönlich einstehen und haften müssen. Sachgründe, diese vom Gesetzgeber gewollte besondere „Haftungsfreistellung“ des gutgläubig und damit gesetzlich geschützten über das Konto des verstorbenen Betreuten verfügenden Betreuers nicht auch auf den Erstattungsanspruch des RV-Trägers nach § 118 Abs. 4 S. 1 SGB VI zu übertragen, bestehen nicht. Im Gegenteil: Es entstünde ein Wertungswiderspruch, wenn ein Betreuer, der in Unkenntnis vom Tod des Betreuten im Rahmen seiner gemäß § 1908i Abs. 1 S. 1, § 1893 Abs. 1 i.V.m .§ 1698a Abs. 1 S. 1 BGB fingierten Vertretungsmacht noch gesetzlich erlaubt Verfügungen über dessen Konto vornehmen darf, aber trotz dieser zu seinem Schutz bestehenden speziellen gesetzlichen Ermächtigung dennoch über § 118 Abs. 4 S. 1 SGB VI persönlich zur Erstattung der überzahlten Rentenleistung heranzuziehen wäre. Auch den Erben sind die Verfügungen nicht zuzurechnen, da der Betreuer nicht als gesetzlicher Vertreter der Erben handelt.

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Der BGH beschäftigt sich erneut mit der Hemmung von Schadensersatzansprüchen durch Güteanträge

Beschluss vom 23.01.2016, BGH — Aktenzeichen: Aktenzeichen: III ZR 116/15

Entscheidung
In dem vom BGH entschiedenen Verfahren ging es um die Frage, ob ein Güteantrag in Kapitalanlageverfahren hinreichend bestimmt war, um zu einer Hemmung der geltend gemachten Ansprüche zu führen. Der BGH hat dem Güteantrag die erforderliche Bestimmtheit versagt. Zwar müsse der Güteantrag seiner Funktion gemäß keine genaue Bezifferung der Forderung enthalten; allerdings müsse der Güteantrag zumindest den Namen des Beraters und den Zeitpunkt der Beratung und Zeichnung enthalten, damit ein sicherer Rückschluss auf Art und Umfang der geltend gemachten Forderung erfolgen könne. Zudem müsse nach Auffassung des BGH die Größenordnung des geltend gemachten Anspruchs für die Gütestelle und die Beklagte wenigstens im Groben einzuschätzen sein.

Da es dem Güteantrag an den hierfür erforderlichen Informationen fehlte, wurde die Klage in den Vorinstanzen wegen Eintritt der Verjährung abgewiesen. Die Entscheidung hat der BGH im vorliegenden Beschluss bestätigt. Der BGH bestätigt also die bisherige Auffassung, dass auch Güteanträge ein Mindestmaß an substantiierten Angaben enthalten müssen, um zu einer Hemmung der Verjährung der geltend gemachten Ansprüche zu führen. Es ist daher in der Praxis genauestens zu prüfen, ob Güteanträge diesen Erfordernissen gerecht werden.

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