Mängelbeseitigung – Gewährleistungszeit verdoppelt sich

Die werkvertraglichen Ansprüche des Auftraggebers wegen Mängeln eines Bauwerks verjähren gemäß § 634a Nr. 4 BGB bei einem BGB-Vertrag in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit der Abnahme.

Die Verjährung beginnt erneut, wenn der Auftragnehmer dem Auftraggeber gegenüber den Mängelanspruch anerkennt, § 212 BGB. Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein Anerkenntnis dann vor, wenn sich aus dem tatsächlichen Verhalten eines Schuldners klar ergibt, dass sich dieser seiner Verpflichtung bewusst ist und angesichts dessen der Gläubiger darauf vertrauen darf, dass sich der Schuldner nicht auf Verjährung berufen wird.

Häufig wird daher auch eine Nachbesserung ein Anerkenntnis darstellen (vgl. BGH, NJW 1999, 2961). Dabei reicht möglicherweise schon die Erklärung, die Mängel beseitigen zu wollen (BGH, BauR 2005, 710).

Erkennt also ein Werkunternehmer kurz vor Ablauf der Gewährleistungszeit — also möglicherweise nach 4 Jahren und 11 Monaten — die Mängelbeseitigungsverpflichtung in diesem Sinne an, läuft die Gewährleistungszeit neu. Er ist weitere fünf Jahre in der Gewährleistung, allerdings nur in Bezug auf den insoweit akzeptierten Mangel.

Spannend und für die Baupraxis wohl auch überraschend ist die Rechtsfrage, ob die Verjährung auch dann neu beginnt, wenn die Umstände, aus denen das Anerkenntnis gefolgert wird, erst n a c h Ablauf der Verjährungsfrist eintreten. Dies wird in der rechtswissenschaftlichen Literatur kontrovers diskutiert.

Was ist den Werkunternehmern zu raten?

Ein Werkunternehmer sollte, bevor er Nachbesserungsarbeiten durchführt, gegenüber seinem Auftraggeber stets zum Ausdruck bringen, die Nachbesserung nur „auf Kulanz“ oder „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ durchzuführen. In diesen Fällen wird man schwerlich ein Anerkenntnis konstruieren können (BGH, NJW 1988, 254; OLG Nürnberg, BauR 2008, 107).

Leitsatz
Die werkvertragliche Gewährleistungsfrist kann durch schlüssiges Verhalten, insbesondere durch Ausführung von Nachbesserungsarbeiten neu zu laufen beginnen.

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Architekt muss Kosten einer teuren Drainage tragen

OLG München, Urteil vom 28.10.2008 — Aktenzeichen: 28 U 3754/08

Leitsatz
Unterlaufen dem Architekten Planungs- und Überwachungsfehler, die zu Rissen im Keller führen, so haftet der Architekt in Höhe der Kosten, die bei Durchführung einer sicheren Sanierungsmethode entstehen. Gegebenenfalls sind gar die hohen Kosten einer ursprünglich nicht geplanten Drainage zu tragen.

Sachverhalt
Die Klägerin verlangt von dem beklagten Architekten Schadensersatz wegen Planungs- und Überwachungsfehler im Rahmen eines Bauvorhabens. Unstreitig ist es insoweit zu Rissen im Keller des errichteten Objektes gekommen. Die Klägerin begehrt die Zahlung der Kosten, die der Einbau eines Drainagesystems um ihr Anwesen verursachen wird. Der Beklagte hingegen meint, dass er allenfalls die Kosten für die preiswertere Reparaturmöglichkeit der Ertüchtigung der weißen Wanne zu tragen habe. Die Erstellung einer Drainage stehe in keinem Verhältnis zum gewünschten Erfolg.

Entscheidung
Das OLG München hat den Beklagten zur Zahlung von mehr als 100.000,00 € zzgl. Zinsen verurteilt.

Das OLG hat zunächst den Planungs- und Überwachungsfehler des Architekten festgestellt. Sodann hat das OLG diejenigen Kosten ausgeurteilt, die entstehen, wenn ein komplettes Drainagesystem um das Anwesen der Klägerin herum errichtet wird.

Das OLG hat sehr wohl erkannt, dass die Kosten der Errichtung eines Drainagesystems, bei weitem die Kosten der Verpressung der Kellerwände und der Bodenplatte übersteigen. Dennoch hat das OLG die höheren Kosten ausgeurteilt, da nach den Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen ein Verpressen der Risse nicht schon beim ersten Arbeitsgang erfolgversprechend sind. Berücksichtigt hat das Gericht dabei, dass der Sachverständige nicht zuverlässig hat feststellen können, in welchem Umfang Risse in der Bodenplatte vorhanden waren, weil Estrich auf der Bodenplatte liegt. folglich hätte der Estrich für eine Verpressung vollständig entfernt werden und nach Durchführung der Reparaturarbeiten eine zeitlang entfernt bleiben müssen. Hierzu hat das OLG ausgeführt, dass eine solche Vorgehensweise der Klägerin nicht zuzumuten sei. Darüber hinaus hat das OLG berücksichtigt, dass der Beklagte bereits bei geringer Aufmerksamkeit für einen trockenen Keller der Klägerin hätte Sorge tragen können. Aus vorgenannten Gründen hat das LG den beklagten Architekten zur Zahlung der erhöhten Kosten der sichereren Sanierung verurteilt.

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Optischer Mangel – Neuherstellung oder Minderung?

OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.2007 — Aktenzeichen: 23 U 164/05

Leitsatz
1. Optisch-gestalterische „Mängel“ sind unter Berücksichtigung der vertraglichen Absprachen unter gebrauchsüblichen Bedingungen zu beurteilen, also normaler Betrachtungsabstand, übliche Beleuchtungsverhältnisse. 2. Kleinflächige Störungen des Fliesenverbandes und Differenzen der Fugenbreiten, die nur bei äußerst genauem Hinsehen erkannt werden können, rechtfertigen nicht den Austausch des Fliesenbelags.

Sachverhalt
Der Fliesenleger sollte in einem Einfamilienhaus Fliesenarbeiten ausführen. Vertraglich waren konkrete Fugenbreiten vorgesehen. Ferner war vereinbart, dass der Brand der Fliesen im Erdgeschoss und Kellergeschoss identisch sein muss. Nach Fertigstellung verlangten die Bauherren wegen optischer Mängel die komplette Neuherstellung der Flächen.

Entscheidung
Das Oberlandesgericht hat entschieden, dass wegen der optischen Mängel die komplette Neuherstellung nicht in Betracht komme; der Fliesenleger habe den Einwand der Unverhältnismäßigkeit erheben können. Der unterschiedliche Fliesenbrand in den jeweiligen Geschossen sei nicht aufgefallen, es sei denn, man habe konkret darauf aufmerksam gemacht. Das Oberlandesgericht hat gemeint, dass zwar abweichend vom Verlegeplan verlegt worden und deshalb der Fliesenverband gestört gewesen sei; allerdings seien davon lediglich Nebenräume betroffen gewesen und die Abweichungen lediglich in bestimmter Position zu sehen gewesen. Andere Abweichungen seien — so das Gericht — von Möbeln verdeckt gewesen. Die Bauherren könnten daher nur eine Minderung verlangen.

Diese Entscheidung hat der Bundesgerichtshof durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde gebilligt.

Verlassen kann man sich auf eine solche Rechtsprechung nicht. Wenn nämlich explizit vereinbart ist, dass ein Fliesenbrand identisch sein muss und wenn in einem Fugenplan konkrete Abstände vorgesehen sind, darf ein Unternehmer solche vertraglichen Vorgaben nicht ohne weiteres missachten. Denn der Auftraggeber hat nicht das erhalten, was vertraglich vereinbart war.

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Das Forderungssicherungsgesetz – Die wichtigsten Neuerungen und praktische Auswirkungen

RA Felix Reeh | Anwalt bei Schlünder bis 2011

Im Rahmen des Forderungssicherungsgesetz wurden insbesondere die §§ 204, 310, 632 a, 641, 648 a und 649 BGB geändert. §§ 632 a, 641, 648 a und 649 BGB werden bereits ab dem 01.01.2009 auf Schuldverhältnisse, die nach diesem Tag entstanden sind, Anwendung finden (§ 18 EGBGB n.F.). Darüber hinaus werden die Änderungen in den §§ 308, 309 und 310 BGB auch Altverträge betreffen.
Nachfolgend werden die Änderungen kurz dargestellt.

Die Privilegierung der VOB/B in den Regelungen der §§ 308 Nr. 5 und 309 Nr. 8 b ff BGB wird bei Verwendung gegenüber Verbrauchern entfallen. Damit werden eine Reihe von Regelungen zu Lasten des Verbrauchers als Auftraggeber (AG) unwirksam. Verbrauchergünstige Regelungen hingegen bleiben nach wie vor wirksam.

Durch die Änderung des § 310 Abs. 1 BGB wird allerdings die VOB/B bei Verwendung gegenüber Unternehmern privilegiert: Wenn in solchen Verträgen die VOB/B in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen wird, findet eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen nicht statt.

In der Konsequenz sollten – auch bestehende – Bauverträge so gestaltet werden, dass auch nach einer Inhaltskontrolle die Kernregelungen erhalten bleiben, die den eigenen Interessen entsprechen. Hier sind möglicherweise Individualvereinbarungen unumgänglich.

Mit dem neugefassten § 632 a BGB wird der Anspruch des Auftragnehmers (AN) auf Abschlagszahlungen verbessert. Er kann nun Abschlagszahlungen in der Höhe verlangen, in der der AG durch die Leistungen einen Wertzuwachs erlangt hat.

Wegen unwesentlicher Mängel kann der AG die Abschlagzahlung nicht verweigern. Bei wesentlichen Mängeln hingegen besteht ein Anspruch auf Abschlagszahlungen nicht. In der Praxis könnte sich dieser Passus noch als problematisch herausstellen, nämlich immer dann, wenn der AG schlicht behauptet, die Mängel seien wesentlich. Diese Fragen wird dann wohl nur ein Sachverständiger klären können mit der Folge, dass der AN seinen Anspruch nicht zeitnah durchsetzen kann.

Zu beachten ist ferner, dass der AN dem AG dann, wenn dieser Verbraucher ist, mit der ersten Abschlagszahlung eine Sicherheit für den Erfüllungsanspruch des AG leisten muss. Diese beträgt 5 % des Vergütungsanspruchs.

§ 641 BGB wurde ebenfalls geändert. Mit der Neufassung des Abs. 2 wurde die Position des Nachunternehmers (NU) gegenüber dem Generalunternehmer (GU) verbessert. Der NU kann in Zukunft seine Vergütung dann verlangen, wenn

– der AG vom Dritten seine Vergütung (teilweise) erhalten hat,
– das Werk von Dritten abgenommen worden ist, oder
– der NU dem AG erfolglos eine Frist zur Auskunft hierüber gesetzt hat.

Mit Neufassung des § 641 Abs. 3 wurde die Höhe des sog. Druckzuschlages, vom „Dreifachen“ der Mängelbeseitigungskosten auf das „Doppelte“ gesenkt. Für den AN wird die Durchsetzung etwaiger Forderungen insofern erleichtert, als sich das Leistungsverweigerungsrecht verringert. Gleichwohl wird der AG behaupten können, die Mängelbeseitigungskosten seien zu niedrig angesetzt und damit den Betrag des Leistungsverweigerungsrechts erhöhen können. Ob die Änderung des Druckzuschlages letztlich zu einer Verbesserung der Auftragnehmersituation führen wird, bleibt also abzuwarten.

§ 641 a BGB wird ersatzlos gestrichen. Die Praxisrelevanz von Fertigstellungsbescheinigungen war ohnehin nur sehr begrenzt.

§ 648 a BGB (Bauhandwerkersicherung) beinhaltet wichtige Neuerungen:
Die Neufassung berücksichtigt nun, dass ein Anspruch auf die Leistung der Sicherheit (keine bloße Obliegenheit mehr) sowohl vor als auch nach Abnahme besteht.

Wenn der AG den geltend gemachten Anspruch auf Sicherheitsleistung nicht erfüllt, hat der AN in Zukunft folgende Möglichkeiten:

– Weiterarbeit und Einklagen der Sicherheit.
– Verweigerung der Weiterarbeit.
– Kündigung des Bauvertrag.

Diese Möglichkeiten stehen dem AN nach Ablauf einer angemessen Frist offen. Vorsorglich sollte der AN die entsprechenden Maßnahmen aber ankündigen.

Die Änderung des § 649 BGB verbessert die Situation des AN. Er kann nun im Falle der Kündigung durch den AG seinen Vergütungsanspruch für den noch nicht erbrachten Teil seiner Leistung einfacher durchsetzen. Denn das Gesetz enthält zukünftig eine widerlegbare Vermutung für eine Pauschale von 5 % aus der Vergütung, die auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfällt.

Schließlich wird das Gesetz über die Sicherung von Bauforderungen (GSB) geändert werden. Es heißt in Zukunft Bauforderungssicherungsgesetz (BauFordSiG) und beabsichtigt, die Durchgriffshaftung zugunsten des AN zu erleichtern. Die Verpflichtung zur Führung eines Baubuches (§ 2 GSB a.F.) entfällt.

In Zukunft steht dem AN bei zweckwidriger Verwendung von Baugeld ein Schadensersatzanspruch zu. Dabei enthält § 1 Abs. 4 BauFordSiG zugunsten des AN die Vermutung, dass Baugeld vorliegt und dieses zweckwidrig verwendet wurde. Der AG wird daher gut daran tun, über die Verwendung des Baugeldes genauestens Buch zu führen. Andernfalls kann im Rahmen der Durchgriffshaftung eine persönliche Haftung der hinter den Kapitalgesellschaften stehenden Personen leicht begründet werden.

Praxishinweise:
Bauverträge sollten im Hinblick auf das Forderungssicherungsgesetz und dem Entfallen der Privilegierung der VOB/B überprüft und ggf. angepasst werden, um die eigenen vertraglichen Interessen absichern zu können.
Wegen der Schwierigkeiten im Rahmen § 632 a BGB n.F. empfiehlt es sich, eine Abrechnung nach Leistungsstand zu vereinbaren.
AN und NU sind gut beraten, wenn sie den ihnen nach § 641 BGB n.F. zukünftig zustehenden Auskunftsanspruch auch nutzen, um die Fälligkeit der eigenen Forderung herbeizuführen.
Schließlich sollte der AN immer im Blick behalten, dass ihm nun ein gesetzlicher Sicherungsanspruch nach § 648 a BGB zusteht und der Anspruch bei Nichterfüllung klageweise durchgesetzt oder aber der Bauvertrag gekündigt werden kann.

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Architekt muss Auflagerkonstruktion eines Flachdachs überprüfen

OLG Oldenburg, Urteil vom 3.7.2007 — Aktenzeichen: 2 U 137/05

Leitsatz
1. Wird bei der Errichtung eines Flachdachs dessen Stahlkonstruktion auf Betonsäulen montiert, so muss der bauüberwachende Architekt die Verbindungen zwischen der Dachkonstruktion und den Betonsäulen überprüfen. 2. Bei den durch den Wassereinbruch nach dem Einstürzen eines Flachdachs entstandenen Wasserschäden handelt es sich um entfernte Mangelfolgeschäden.

Sachverhalt
Im Jahre 2001 stürzte das Flachdach eines Hauses nach starken Regenfällen ein. Grund war die nicht ausreichende Verbindung der Stahlkonstruktion des Dachs mit den darunter liegenden Stahlbetonsäulen. Der Mieter nimmt wegen des entstandenen Wasserschadens die Haus- und Grundbesitzer-Haftpflichtversicherung des Vermieters erfolgreich in Anspruch. Der Versicherer geht gemäß § 67 VVG gegen den bauüberwachenden Architekten vor. Dieser meint, einer Überwachung der Verbindung der Stahlbetonsäulen habe es nicht bedurft. Im Übrigen seien eventuelle Ansprüche verjährt.

Entscheidung
Die Klage hat Erfolg. Das OLG Oldenburg hat festgestellt, dass der Architekt seine Pflichten aus der Bauüberwachung verletzt habe, da er das Auflager des Dachs nicht überprüft habe. Im besonderen Fall gab es zudem Bauablaufstörungen, so dass – so das OLG Oldenburg – die Überwachungspflicht erhöht war. Ursprünglich war nämlich geplant, zunächst die Betonsäulen und dann das Dach zu errichten. Nach Herstellung der Säulen und des Dachs mussten die Säulen aber wieder abgebrochen und das Dach zwischenzeitlich auf provisorische Stützen gestellt werden. Insbesondere in einem solchen Fall der Bauablaufstörung hätte der Architekt die neu herzustellenden Verbindungen nochmals prüfen müssen.

Die Ansprüche gegen den Planer sind nach Auffassung des OLG auch noch durchsetzbar gewesen, da es sich bei den eingetretenen Schäden um entfernte Mangelfolgeschäden handele, für die nach der alten Fassung des § 195 BGB eine Verjährung von 30 Jahren gelte.

Praxishinweis
Störungen im Bauablauf führen regelmäßig zu Abweichungen der ursprünglichen Planung. Derartige planerische „Lücken“ muss der Architekt durch eine erhöhte Bauüberwachung kompensieren, um so Fehler in der Bauausführung rechtzeitig aufzudecken. Bei Beurteilung nach neuem Schuldrecht hätte die Klage wegen des Eintritts der Verjährung abgewiesen werden müssen, da unter § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB auch entfernte Mangelschäden unter die fünfjährige Verjährungsfrist fallen.

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Angaben zum Bautenstand

OLG Saarbrücken, Urteil vom 15.5.2008 — Aktenzeichen: 8 U 119/07

Auf den Architekten kommen im Zuge des Bauvorhabens vielfältige Aufgaben zu. Oftmals geben Architekten gegenüber den Finanzierungsinstituten Erklärungen über den Stand der Bauwerkserrichtung ab. Teilweise werden solche Erklärungen auch dem Bauherrn zur Weitergabe an das Finanzierungsinstitut überlassen. Die Angaben in diesen Baufortschrittsanzeigen müssen stimmen. Tun sie dies nicht, haftet der Architekt dem Finanzierungsinstitut aus einem stillschweigend zustande gekommenen Auskunftsvertrag. Ein Schaden ist dem Finanzierungsinstitut dann entstanden, wenn das Finanzierungsinstitut durch die Baufortschrittsanzeige zur Auszahlung von Darlehen veranlasst wird, die bei richtiger Darstellung des Baufortschritts zurückgehalten worden wären.

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Mängel im Parkett: Schuldet der Verkäufer Nachlieferung oder auch die Kosten des Einbaus?

RA Felix Reeh | Anwalt bei Schlünder bis 2011

Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.7.2008 — Aktenzeichen: VIII ZR 211/07

Leitsatz
1. Der Verkäufer mangelhafter Parkettstäbe schuldet im Zuge der Nacherfüllung durch Ersatzlieferung (§ 439 Abs. 1 BGB) nur die Lieferung mangelfreier Parkettstäbe, das heißt die Verschaffung von Besitz und Eigentum an einer mangelfreien Kaufsache (§ 433 Abs. 1 BGB); zur Verlegung ersatzweise gelieferter Parkettstäbe ist der Verkäufer im Wege der Nacherfüllung auch dann nicht verpflichtet, wenn der Käufer die mangelhaften Parkettstäbe bereits verlegt hatte. 2. Eine Haftung des Verkäufers mangelhafter Parkettstäbe, die der Käufer vor der Entdeckung des Mangels auf seine Kosten hat verlegen lassen, für die Kosten der Neuverlegung mangelfreier Parkettstäbe kommt nur unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes statt der Leistung (§ 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, §§ 281 ff. BGB) in Betracht. Der Verkäufer haftet nicht, wenn er die in der mangelhaften Lieferung liegende Pflichtverletzung (§ 280 Abs. 1 Satz 1, § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB) nicht zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB)
Sachverhalt
Der Holzhändler V verkauft an K Parkettstäbe. K lässt die Parkettstäbe auf eigene Kosten im Wohn- und Esszimmer seines Hauses verlegen. Danach stellt sich heraus, dass die Parkettstäbe aufgrund eines Produktionsfehlers mangelhaft sind. Dieser Mangel war für V aber bei Übergabe der Parkettstäbe nicht erkennbar.
K verlangt von V den Parkettboden auszutauschen. V weigert sich. Sodann begehrt K die Erstattung der Kosten für die Neuverlegung unter Abzug des Kaufpreises.
Zu Recht?

Entscheidung
Der BGH hat einen Anspruch des K gegen V verneint.
Der BGH hatte hier die lang umstrittene Frage zu entscheiden, ob der Nacherfüllungsanspruch auf Lieferung einer mangelfreien Sache auch die Kosten für deren Einbau in eine andere Sache umfasst.
Mit der hier besprochenen Entscheidung hat der BGH klargestellt, dass ein Nacherfüllungsanspruch aus § 439 Abs. 1 BGB nur so weit gehen kann, wie dies durch die Mangelhaftigkeit der Kaufsache bedingt ist. Der Verkäufer muss anstelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache eine mangelfreie — im Übrigen aber gleichartige und gleichwertige — Sache liefern. Die Ersatzlieferung erfordert daher eine vollständige Wiederholung der Leistungen; V schuldet nochmals die Übergabe des Besitzes und die Verschaffung des Eigentums an einer mangelfreien Sache — nicht weniger, aber auch nicht mehr. Denn mit der Nacherfüllung soll nach der gesetzgeberischen Konzeption lediglich eine nachträgliche Erfüllung der Verkäuferpflichten aus § 433 Abs. 1 BGB durchgesetzt werden; der Käufer soll mit der Nacherfüllung das erhalten, was er vertraglich zu beanspruchen hat.
Ein Anspruch auf Kostenerstattung für die Neuverlegung ergibt sich auch nicht unmittelbar aus der Regelung des § 439 Abs. 2 BGB über die vom Verkäufer zu tragenden Kosten der Nacherfüllung. Diese Vorschrift, nach welcher der Käufer Anspruch auf Übernahme der „zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen“ durch den Verkäufer hat, setzt voraus, dass sich der Vollzug des Kaufvertrags (noch) im Stadium der Nacherfüllung befindet. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
Der von K geltend gemachte Anspruch stellt keinen Nacherfüllungsanspruch dar, sondern entspricht einem Anspruch auf Schadensersatz bzw. einem Aufwendungsersatzanspruch. Dies ergibt sich daraus, dass K in seiner Berechnung des Zahlungsanspruches davon ausgeht, den bislang nicht gezahlten Kaufpreis für die von V gelieferten Parkettstäbe auch zukünftig nicht mehr zahlen zu müssen. K hält an dem Kaufvertrag nicht mehr fest und verlangt nicht mehr die Neulieferung mangelfreier Parkettstäbe, sondern nur noch die Kosten für eine erneute Verlegung anderweitig zu beschaffender Parkettstäbe.
K kann daher ebenso wenig wie bei der ersten Lieferung die Verlegung der Parkettstäbe verlangen.

Praxishinweis
Wenn ein Verkäufer mangelhafte Baustoffe liefert, muss nach deren Einbau wegen folgender Kosten differenziert werden:
– Kosten, die durch den Einbau der mangelhaften Baustoffe entstehen, können nur über § 284 BGB beansprucht werden. Soweit sich der Verkäufer nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB entlasten kann, hat er diese nicht zu erstatten.
– Kosten für den Einbau neuer mangelfreier Baustoffe. Hierfür haftet der Verkäufer nur gemäß §§ 437 Nr.3, 280 Abs.1 und 3, 281 BGB, es besteht daher die Entlastungsmöglichkeit nach § 280 Abs.1 Satz 2 BGB.
Mit dem Institut der Nacherfüllung soll dem Verkäufer eine „letzte“ Chance eingeräumt werden, seine Pflichten durch Beseitigung des Mangels oder Lieferung einer mangelfreien Sache — wenn auch erst im zweiten Anlauf — noch zu erfüllen, um den mit einer Rückabwicklung des Vertrages verbundenen wirtschaftlichen Nachteil abzuwenden. Vermögensschäden oder Aufwendungen, die dem Käufer dadurch entstehen, dass der Verkäufer seine Pflicht aus § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB, dem Käufer eine mangelfreie Sache zu verschaffen, nicht schon beim ersten Erfüllungsversuch, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt, sind nicht im Zuge der Nacherfüllung zu beseitigen oder auszugleichen, sondern nur im Rahmen eines Schadensersatz- oder Aufwendungsersatzanspruchs nach §§ 280 ff. BGB.
Auch aus der Regelung des § 439 Abs. 2 BGB folgt kein anderes Ergebnis. Die Norm enthält nur eine Regelung der Aufwendungen (Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten), die erforderlich sind, um die Nacherfüllung durchzuführen. Sie erweitert aber nicht den Leistungsumfang der Nacherfüllung über den in § 439 Abs. 1 BGB bestimmten Umfang hinaus.
Ein anderes Ergebnis hätte K daher nur erreichen können, wenn V den Mangel der Parkettstäbe hätte vertreten müssen oder wenn sich V im Wege eines Werkvertrages verpflichtet hätte, den Parkettboden bei K selbst zu verlegen.

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Baufortschrittanzeigen der Architekten müssen richtig sein

OLG Saarbrücken, Urteil vom 15.5.2008 — Aktenzeichen: 8 U 119/07

Auf den Architekten kommen im Zuge des Bauvorhabens vielfältige Aufgaben zu. Oftmals geben Architekten gegenüber den Finanzierungsinstituten Erklärungen über den Stand der Bauwerkserrichtung ab. Teilweise werden solche Erklärungen auch dem Bauherrn zur Weitergabe an das Finanzierungsinstitut überlassen. Die Angaben in diesen Baufortschrittsanzeigen müssen stimmen. Tun sie dies nicht, haftet der Architekt dem Finanzierungsinstitut aus einem stillschweigend zustande gekommenen Auskunftsvertrag. Ein Schaden ist dem Finanzierungsinstitut dann entstanden, wenn das Finanzierungsinstitut durch die Baufortschrittsanzeige zur Auszahlung von Darlehen veranlasst wird, die bei richtiger Darstellung des Baufortschritts zurückgehalten worden wären.

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Funktionalpositionen und die Grenzen der Pauschale

BGH, Urteil vom 13.3.2008 — Aktenzeichen: VII ZR 194/06

Leitsatz
Mit dem Ausschreibungstext „je nach Erfordernis“ wird zum Ausdruck gebracht, dass der Auftragnehmer die notwendige Planung für ein funktionsfähiges Gewerk machen muss und auf sein Risiko kalkuliert.

Mehrkosten sind möglich, wenn der Auftragnehmer durch Planungsänderungen des Bauherrn gezwungen ist, die Anlage aufwendiger herzustellen, als das nach den Gegebenheiten bei Vertragsschluss erforderlich war.

Sachverhalt
In einem Hallen-Neubau entsteht ein Bistrobereich mit Küche.

In Position 75 wird eine mechanische Be- und Entlüftungsanlage je nach Erfordernis verlangt. Der Auftragnehmer bietet diese zu einem Pauschalpreis mit den sonstigen Geräten und Installationen an.

Später ändern sich die Pläne des Bauherren. Statt einer Küche von 16 qm und einem Bistrobereich von 30 qm wird ein offener Küchen-Bistro-Bereich eingerichtet und mit vielen in den Vertragsplänen zunächst nicht vorgesehenen Geräten (Toaster, Lavagrill, Doppelfriteuse) bestückt. Darum muss die Lüftungsanlage bedeutend größer dimensioniert werden.

Die Parteien streiten über die Frage, ob es einen Mehrvergütungsanspruch gibt.

Entscheidung
Bei der Positionsbeschreibung handelt es sich um ein funktionales Element. In dieser Position muss der Auftragnehmer selbst planen und kalkulieren. Insbesondere kann er nicht einfach mit der einfachsten Lösung rechnen und alles andere später zusätzlich abrechnen, wenn er dies nicht ausdrücklich so vereinbart. Sondern er muss für seinen Preis das liefern, was nach dem Planungsstand bei Vertragsschluss als mögliche Leistung erkennbar ist.

Kann er aber seine Planungs nicht durchführen, nur weil der Bauherr nach Vertragsschluss kostentreibende Änderungen vornimmt, dann besteht ein Anspruch auf Mehrkosten. Die Klausel „je nach Erfordernis“ bedeutet nicht, dass man für den vereinbarten Preis auch bei wechselnder Planung „das jeweils Erforderliche“ liefern muss. Das könnte man zwar vereinbaren, aber dieser Wortlaut hat die Bedeutung nicht.

Die größere Anlage ist zwar auf Weisung des Bauherren auszuführen (§ 1 Nr.3 VOB/B), führt aber trotz der pauschal kalkulierten und funktional ausgeschriebenen Position zu Mehrforderungen (§ 2 Nr. 5 VOB/B).

Anmerkung
Bei Pauschalpreise und Funktionalausschreibung wird oft jede Mehrforderung vom Bauherrn abgelehnt („Wir hatten doch ausdrücklich einen Festpreis ausgemacht“!)

Auftragnehmer nehmen das oft hin — oder wehren sich an den falschen Punkten.

Dazu ein paar Leitlinien:

1. Natürlich ist ein pauschaler Festpreis unveränderlich — solange sich die vereinbarte Leistung nicht ändert! Kommt der Auftraggeber mit Sonderwünschen, die bis dahin nicht im Paket waren oder mit neuen Plänen, hat das natürlich Konsequenzen. Die Antwort ist dann: „Wir hatten auch ausdrücklich gesagt, wofür der Festpreis sein sollte.“

2. Funktionale Leistungsbeschreibungen sind möglich. Eine Position kann so ausgeschrieben sein, dass der Auftragnehmer sich überlegen muss, welche Leistungsschritte erforderlich sein werden (und zwar schlimmstenfalls, auf Basis der Vertragsunterlagen). Das reicht von „in fix und fertiger Arbeit“, „komplett funktionsfähig“ bis zu „je nach Erfordernis“. Das gilt durchaus.

Da hilft auch kein Hinweis darauf, dass die Leistungsbeschreibung „unklar“ wäre oder Risiken aufbürdet oder dass nach der VOB/C bestimmte Punkte angeblich zwingend als Besondere Leistungen einzeln auszuschreiben wären.

Mahnung an alle Zweifler: 1996 hat der BGH einen Fall entschieden, bei dem eine Position so ausgeschrieben war: „Bewehrung nach späterer Statik. Die Statik liegt noch nicht vor.“ Der Auftragnehmer hatte das pauschal angeboten und musste das für den Preis machen, auch wenn er gemeint hatte, mit viel weniger Eisen auszukommen als nachher in der Statik stand (Kammerschleusen-Fall).

3. Aber wenn sich der Bauentwurf nach Vertragsschluss so ändert, dass nachweislich Mehrleistungen erforderlich werden, dann gibt es auch in solchen Fällen Geld. Wäre z.B. die Schleuse nach Vertragsschluss vergrößert worden, hätte es auch für die Bewehrung eine Zusatzleistung nach § 2 Nr.5 VOB/B gegeben.

Dr. Harald Scholz
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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Prüfungs- und Hinweispflicht bei fehlender Abdichtung?

OLG Bremen, Urteil vom 12.9.2007 — Aktenzeichen: 5 U 71/06

Leitsatz
Schuldet der Estrichleger nach dem Vertrag eine Bodenbeschichtung ohne Abdichtung des Bodenbelages, so ist dieser dennoch verpflichtet, diese Bodenbeschichtung ohne Abdichtung zu überprüfen hinsichtlich der konkreten Verwendbarkeit. Ggf. muss der Estrichleger den Besteller auf die Ungeeignetheit hinweisen.

Sachverhalt
Der Estrichleger schloss mit einem Getränkehersteller auf der Grundlage der VOB/B einen Vertrag zur Neuherstellung der Bodenbeschichtung im Sirupraum des Getränkeherstellers. In diesem Sirupraum befanden sich Tanks mit jeweils mehreren tausend Litern. Eine Abdichtung war im Vertrag nicht vorgesehen. Bei den Arbeiten zeigte sich sodann, dass der alte bisherige Boden keine Abdichtung hatte. Entsprechend dem Vertrag baute der Estrichleger den neuen Boden auch ohne Abdichtung ein. Unterhalb des Sirupraumes kam es später zu Durchfeuchtungsschäden. Der Getränkehersteller verlangt Minderung des Werklohns. Der Estrichleger verneint seine Verantwortlichkeit, da sein Vertrag mit dem Getränkehersteller eine Abdichtung nicht vorgesehen habe.
Entscheidung
Das OLG bejaht den Minderungsanspruch des Getränkeherstellers. Das Gericht legt dem Estrichleger die Verletzung seiner Prüfungs- und Hinweispflicht gemäß § 4 Nr. 3 VOB/B zur Last. Auch ohne gesonderte Vereinbarung durfte der Estrichleger nicht den neuen Boden entsprechend dem alten Boden ohne Abdichtung fertigen. Die Kenntnisse über Abdichtungen und deren Existenz gehören zum Berufsbild des Estrichlegers. Allein die Existenz der Siruptanks hätten den Estrichleger veranlassen müssen, bei dem Getränkehersteller die Frage nach einer Abdichtung zu stellen.

Praxishinweis
Regelmäßig entspricht es dem Willen der Vertragsparteien, eine bestmögliche Funktionstauglichkeit zu erreichen. Der Handwerker – im obigen Fall der Estrichleger – verkennt den Umfang seiner Pflichten, wenn er sich lediglich verlässt auf den Wortlaut des Vertrages. Wenn also der Handwerker erkennt, dass möglicherweise seine Leistungen gemäß dem geschlossenen Vertrag nicht die gewünschte Optimierung der Funktionstauglichkeit erreichen, so sollte der Handwerker im eigenen Interesse den Besteller auf diesen Umstand hinweisen.

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