Im Grundsatz keine drittschützende Wirkung des Anwaltsvertrages

Landgericht Stuttgart , Urteil vom 24.2.2015 — Aktenzeichen: 9 O 108/14

Sachverhalt
Die beklagte Rechtsanwaltskanzlei war in diesem medienwirksamen Fall für ein Bundesland beratend tätig. Der Kläger behauptete, als Ministerpräsident des Bundeslandes in den Schutzbereich des Anwaltsvertrages mit einbezogen zu sein und klagte auf Feststellung, dass ihm etwaige Schäden aus einem Beratungsfehler der Beklagten ersetzt werden sollen.

Entscheidung
Das Landgericht wies die Klage als unbegründet ab.

Ob überhaupt eine Pflichtverletzung und Kausalität gegeben waren, ließ es dahinstehen, da jedenfalls keine wirksame Einbeziehung des Klägers in den Anwaltsvertrag stattgefunden habe.

Da zwischen dem Kläger und der Beklagten kein eigenes Vertragsverhältnis vorlag, kam nur ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter als Anspruchsgrundlage in Betracht.

Nach zutreffender Auffassung des Landgerichts erlaubt der Anwaltsvertrag von seinem Wesen und seiner Struktur her allerdings nur in seltenen Fällen eine solche, unmittelbar Schadenersatzansprüche auslösende Einbeziehung Dritter in die aus dem Vertrag entstehenden Pflichten. Denn er ist auf einem Vertrauensverhältnis zwischen Mandant und Anwalt aufgebaut und daher vom Inhalt her streng zweiseitig und ohne Außenwirkung angelegt. Interessen Dritter am Ergebnis der anwaltlichen Tätigkeit können daher im Allgemeinen nicht zu einer Haftungserweiterung führen, selbst wenn diese dritten Person dem Rechtsanwalt benannt oder gar bekannt sind.

Im vorliegenden Fall scheiterte die Annahme eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritte insbesondere am Merkmal der sogenannten Leistungsnähe. Die Beratungstätigkeit der Beklagten für das Land sollte nach dem Inhalt des Rechtsanwaltsvertrages nicht dem Interesse des Klägers dienen, der mit der Hauptleistung der Beklagten bestimmungsgemäß nicht in hinreichendem Maß in Berührung kam. Für dieses Merkmal sei nämlich nicht zu prüfen, ob sich später aufgrund eines Verhaltens der Beklagten ein Schaden realisiert habe; dies sei eine Kausalitätsfrage. Entscheidend sei vielmehr, welchen Risiken der Kläger bei Vertragsschluss aus ex-ante-Sicht durch die vertragliche Leistung der Beklagten ausgesetzt sei.

In Abgrenzung zu anderen Entscheidungen, vor allem mit erbrechtlichem Bezug ging es im vorliegenden Fall jedoch nicht darum, ein Geschäft beratend zu begleiten, aus welchem dem Kläger ein unmittelbarer Vermögensvorteil erwachsen sollte; es ging allein um die Beratung des betroffenen Landes.

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