Haftung von Kindern bei Beschädigungen parkender Fahrzeuge

BGH, Urteil vom 30.11.2004 — Aktenzeichen: AZ: VI ZR 335/03 und VI ZR 365/03

Der Bundesgerichtshof hat in zwei Urteilen vom 30.11.2004 klargestellt, dass auch Minderjährige in der Altersstufe zwischen 7 und 10 Jahren haften können, wenn sie parkende Fahrzeuge beschädigen, und dass insoweit der Haftungsausschluss in § 828 II S. 1 BGB nicht durchgreift.

Für schädigende Ereignisse, die nach dem 31.07.2002 eingetreten sind, ist in § 828 II S. 1 BGB die Verantwortlichkeit Minderjähriger neu geregelt worden. Demnach ist ein Minderjähriger, der das 7. aber nicht das 10. Lebensjahr vollendet hat, für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen fahrlässig zufügt, nicht verantwortlich.

In den jetzigen Urteilen hat der BGH hierzu klargestellt, dass der Gesetzgeber mit der Einführung dieser Ausnahmeregelung dem Umstand Rechnung getragen hat, dass Kinder regelmäßig frühestens ab Vollendung des 10. Lebensjahres imstande sind, die besonderen Gefahren des motorisierten (= in Bewegung befindlichen) Straßenverkehrs zu erkennen und sich den Gefahren entsprechend zu verhalten. Die durch § 828 II BGB erfolgte Heraufsetzung des deliktsfähigen Alters ist demnach – so der BGH – auf Schadensereignisse im motorisierten Straßen- oder Bahnverkehr begrenzt, da hierbei die altersbedingten Defizite eines Kindes, z. B. Entfernung und Geschwindigkeiten richtig einschätzen zu können, zum Tragen kommen, weil sich Kinder im motorisierten Verkehr u. a. durch die Schnelligkeit, Komplexität und die Unübersichtlichkeit der Abläufe in einer besondere Überforderungssituation befinden. Diese Überforderungssituation ist nach dem BGH der Grund dafür, dass Kinder bis zum 10. Lebensjahr von einer Haftung freigestellt werden.

Eine solche Überforderungssituation war indes in den vom BGH entschiedenen beiden Fällen nicht gegeben, weil sich hier nicht die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs ausgewirkt hatten.

Dem BGH lag einerseits ein Sachverhalt zugrunde, bei dem ein damals 9 Jahre alter Beklagter bei einem Wettrennen mit einem Kickboard gegen einen ordnungsgemäß am rechten Straßenrand geparkten Pkw geprallt war, und andererseits ein Fall, in dem eine damals 9jährige Beklagte und ihre Spielkameraden mit Fahrrädern auf einem Parkplatz zwischen parkenden Fahrzeugen hindurchfuhren, wobei die Beklagte das Gleichgewicht verlor, mit ihrem Fahrrad umkippte und gegen einen dort geparkten Pkw stieß.

Beide Fälle betrafen nach Einschätzung des BGH — der die entsprechenden Berufungsurteile bestätigte – gerade nicht der Konstellation, dass der Unfall sich im motorisierten Straßen- bzw. Bahnverkehr ereignete, mit der Folge, dass das Haftungsprivileg des § 828 II BGB nicht zugunsten der beklagten Kinder griff.

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