Haftet Inhaber eines Internetanschlusses für das Verhalten eines erwachsenen Familienangehörigen?

BGH, Urteil vom 8.1.2014 — Aktenzeichen: I-ZR 169/12 – BearShare

Leitsatz
Der BGH hat entschieden, dass der Inhaber eines Internetanschlusses für das Verhalten eines volljährigen Familienangehörigen nicht haftet, wenn er keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass dieser den Internetanschluss für illegales Filesharing missbraucht.

Sachverhalt
Die Klägerinnen sind Tonträgerhersteller. Der Beklagte ist Inhaber eines Internetzuganges, in dessen Haushalt auch sein volljähriger Sohn lebt. Die Klägerinnen mahnten den Beklagten ab mit der Behauptung, dass über seinen Internetanschluss fast 4000 Musikaufnahmen, an denen sie Urheberrechtsschutz besäßen, in einer Internettauschbörse zum Herunterladen verfügbar gemacht worden seien. Der Beklagte weigert sich, die geltend gemachten Abmahnkosten zu zahlen. Die Klägerinnen nehmen den Beklagten auf Erstattung der Abmahnkosten in Anspruch. Der Beklagte macht geltend, dass sein bereits damals erwachsener Sohn die Dateien über den Internetanschluss zugänglich gemacht habe. Das Landgericht Köln hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht zum weit überwiegenden Teil ebenso.

Entscheidung
Der BGH hebt das Urteil des OLG Köln auf. Der BGH weist die Klage vollständig ab. Der BGH weist darauf hin, dass die Überlassung durch den Anschlussinhaber an volljährige Familienangehörige auf familiärer Verbundenheit beruhe und Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich seien. Gerade im Hinblick auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und dem eigenverantwortlichen Erwachsenen darf der Anschlussinhaber dem Erwachsenen seinen Internetanschluss überlassen, ohne diesen belehren oder aber überwachen zu müssen. Erst wenn der Anschlussinhaber Anhaltspunkte habe für einen Missbrauch des Internetanschlusses, so müsse der Anschlussinhaber entsprechende zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderliche Maßnahmen ergreifen.

Praxistipp
Die oben angeführte Entscheidung des BGH hat Bedeutung über den konkreten Fall hinaus. Dem Abgemahnten wird in Zukunft die Entscheidung des BGH eine Argumentationshilfe sein, sofern im Privathaushalt des Abgemahnten weitere Personen leben. Auch steht anzunehmen, dass die Rechtsprechung sich fortentwickeln wird im Hinblick auf das Alter des tatsächlich Handelnden. Als zwingende tatbestandliche Voraussetzung hat auch der BGH die Volljährigkeit des tatsächlich Handelnden nicht genommen. Insoweit ist anzunehmen, dass auch in Zukunft einerseits auf das familiäre Vertrauensverhältnis, andererseits auf die schlichte Einsichtsfähigkeit auch des noch nicht Volljährigen abzustellen sein wird.

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