Grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls kann zur Leistungsfreiheit führen

BGH, Urteil vom 22.6.2011 — Aktenzeichen: IV ZR 225/10

Der Bundesgerichtshof hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem der Versicherungsnehmer(VN) einer Vollkaskoversicherung den Versicherungsfall im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit herbeigeführt hatte.

Der BGH hat mit Urteil vom 22.06.2011 entschieden, dass eine Vollkakso-Versicherung nicht eintrittspflichtig ist, wenn der VN grob fahrlässig im Vollrausch — im konkreten Fall hatte der Kläger zum Unfallzeitpunkt eine BAK von 2,70 Promille — einen Unfall herbeiführt.

Zur Begründung führt der BGH aus, dass gem. § 81 Abs.2 VVG in Fällen einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Versicherungsnehmer der Versicherer zur Leistungskürzung berechtigt ist in einem der Schwere der Schuld entsprechenden Verhältnis. Dies rechtfertige in besonders krassen Fällen grober Fahrlässsigekit auch eine „Kürzung der Leistung auf Null“.

Bei absoluter Fahruntüchtigkeit, also ab 1,1 Promille, komme in der Vollkaskoversicherung eine solche „Kürzung auf Null“ in Betracht, wobei es immer auf eine Abwägung der Umstände im Einzelfall ankomme.

Über den konkreten Fall der Kaskoversicherung hinaus hat damit der BGH die in den Instanzgerichten wie auch in der Literatur umstrittene Frage beantwortet, ob im Rahmen des § 81 Abs.2 VVG überhaupt eine Kürzung auf Null denkbar ist oder ob — in Abgrenzung zum früheren „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ des § 61 VVG a.F — immer eine Restregulierung bei grober Fahrlässigkeit geschuldet wird: Eine Kürzung auf Null ist keineswegs von vorneherein ausgeschlossen.

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